Elixir
noch besser, er könnte sich selbst etwas Hübsches leisten– Kleider, wie Sage sie trug. Etwas, das ihn wie einen echten Edelmann aussehen ließe.
» Im Inneren des Schreins«, fuhr Sage fort, » befinden sich drei Phiolen, jede so lang wie mein Unterarm, es ist eine Schande. Noch mehr Edelsteine, noch mehr Gold, kristallene Stopfen… und wofür das alles?«
» Das Elixir des Lebens«, sagte Giovanni ehrfürchtig. » Verleiht es wirklich ewiges Leben?«
» Ach, Gi, natürlich nicht! Das geht doch gar nicht. So etwas gibt es nicht. Es ist nur ein Vorwand für diese Leute, um sich wichtig zu machen– die › Hüter des Elixirs ‹ . Es raubt mir den letzten Nerv, dass ich meine Zeit mit diesen aufgeblasenen Trotteln verplempern muss.«
Sage lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und rief dem Wirt zu, er solle ihnen eine weitere Runde bringen. Er hatte über die Gesellschaft Dampf abgelassen und damit war das Thema für ihn erledigt. Doch ich konnte sehen, wie es in Giovanni arbeitete.
Wieder wechselte die Szene. Jetzt stand Giovanni mit drei jungen Männern, keiner älter als neunzehn, auf einer ungepflasterten Straße in einem düsteren Stadtteil. Ich wusste auf unerklärliche Weise, dass diese drei mit Giovanni zusammen aufgewachsen waren. Und dass sie üble Gesellen waren. Wie ich sie so vor meinem inneren Auge sah, war die Vorahnung des Bösen so deutlich spürbar, dass ich die Augen aufreißen und fliehen wollte. Ich versuchte es, erschauderte aber, als ich merkte, dass das nicht ging. Solange ich ein Teil von Magdas Handkreis war, hatte sie die Kontrolle über mich.
Giovanni war blind für den schlechten Charakter seiner Freunde. Diese drei waren die tollen Jungs aus seiner Nachbarschaft und er sehnte sich danach zu beweisen, dass er es genauso draufhatte wie sie. Er erzählte ihnen von Sages Geschichte über die Gesellschaft und deren Reichtümer, dann reckte er die Brust heraus und sagte: » Ich überlege mir, ob ich da nicht mal bei Gelegenheit vorbeischauen und ein paar nette Dinge für mich abzwacken sollte.« Er meinte es nicht ernst, sondern wollte die anderen damit nur beeindrucken. » Vielleicht stehle ich das Elixir des Lebens. Ich wette, dann wäre ich ein gemachter Mann.«
» Elixir des Lebens?«, fragte der Anführer der drei. » Was ist das?«
Giovanni erklärte es ihm und machte sich genauso darüber lustig wie Sage zuvor, doch er ahnte nicht, welchen Funken er damit entfachte. Unermesslicher Reichtum und das ewige Leben? Giovanni brachte die Kerle damit auf den größten Coup ihres Lebens. Sie quetschten ihn nach Einzelheiten aus und Giovanni blühte bei so viel Aufmerksamkeit auf– nicht im Traum erriet er ihre wahren Motive. Als sie sich trennten, ging er mit dem guten Gefühl, dass sie ihn nun richtig für voll nahmen. Die drei jungen Männer jedoch beschlossen noch an jenem Abend, die Gesellschaft zu überfallen.
Plötzlich änderte sich die Szenerie abermals und ich sah mich selbst. Olivia und Sage liefen Arm in Arm im Mondschein die Straße entlang. Als Ben aufkeuchte, wusste ich, er hatte verstanden, dass Olivia ich war, obwohl sie mir nicht so ähnlich sah wie in den Träumen. Sie sah aus wie sie selbst– so, wie Sage sie auf den Boden der Höhle gezeichnet hatte. So wie auf seinen Gemälden.
» Ist das eine große Sache, heute Abend der Gesellschaft deine zukünftige Braut vorzustellen?«, zog Olivia ihn auf.
» Mit dir zusammen zu sein ist eine große Sache.« Sage grinste. » Du weißt, was ich von der Gesellschaft halte. Ihr Segen ist eine notwendige Voraussetzung, dass ich meinen Anteil am Familienvermögen erhalte.«
» Was macht dich so sicher, dass wir ihren Segen bekommen? Deine ehemalige Freundin hasst mich und sie ist das Oberhaupt.«
» Magda hasst dich nicht.«
» Machst zu Scherze? Hast du gesehen, wie sie mich anschaut?«
» Sie ist vielleicht ein bisschen eifersüchtig«, gab Sage zu.
» Natürlich! Sie ist so wunderschön! Eine Frau wie sie verliert nicht oft einen Mann. Ich bin sicher, sie wartet nur darauf, dass du deinen Fehler erkennst und zu ihr zurückkehrst.«
» Sag jetzt nicht, dass du so etwas ernsthaft für möglich hältst!«
» Ich weiß nicht…« Olivia wich seinem Blick aus. » Sie ist reich und schön und in der Gesellschaft… Ich bin sicher, dein Vater würde sich wünschen, dass du sie heiratest.«
» Bist du eifersüchtig?«, zog Sage sie auf.
» Ich habe nicht gesagt, dass ich e ifersüchtig bin, ich sage nur, dass–«
Sage
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