Elizabeth II.: Das Leben der Queen
September 1940: George VI. und Queen Elizabeth im Buckingham Palast nach einem Angriff der deutschen Luftwaffe (Foto: ILN)
In der Einfachheit dieser Sätze lag ihre große Wirkung – auch wegen des Mutes, den Elizabeth und ihr Mann mit dem Entschluss zu bleiben demonstrierten. Am 7. September 1940 begann die Luftschlacht über England, die «Battle of Britain», auch die ersten Bombenabwürfe, mit 400 Toten und 4357 Verletzten gleich am ersten Tag in London. Der Buckingham Palast wurde im weiteren Verlauf insgesamt neun Mal getroffen. Churchill schrieb an den König: «Dieser Krieg hat den Thron und das Volk enger zusammengeschlossenals jemals zuvor.» Das Schicksal hätte dies leicht durchkreuzen können: Am 13. September 1940 verpasste eine Bombe das Königspaar im Buckingham Palast nur knapp. Der Pilot hielt im Tiefflug Kurs auf sein Ziel, der Einschlag zerstörte einen Teil der Gartenseite und die Kapelle im Hof des Gebäudes total. Nur weil bei einem früheren Angriff schon mehrere Fenster zu Bruch gegangen waren, kam die Bombe nicht zu ihrer vollen Wirkung, als sie in der Nähe der Tagesräume des Ehepaars einschlug.
Die Majestäten begaben sich sofort ins East End von London, um das Ausmaß noch weit größerer Zerstörungen an Ort und Stelle zu inspizieren. Wieder fällt ein Satz, der geradezu ikonische Bedeutung entfalten sollte, und wieder ist es die Königin, die ihn spricht: «Ich habe das Gefühl, jetzt kann ich dem East End ins Auge schauen.» Während sie mit dem König über die Trümmer steigt, fügt sie hinzu: «Mir geht diese Zerstörung viel näher als die Bombe, die bei uns fiel.» Auf Augenhöhe mit den Menschen ihre bitteren Erfahrungen teilen – das war es, was die Windsors in den Kriegsjahren so populär machte.
Der Buckingham Palast war in dieser Zeit eine traurige Adresse. Eleanor Roosevelt, die Gattin des US-Präsidenten, kam Ende 1942 auf Besuch und schrieb erschüttert an ihren Mann über die Restriktionen bei Wasser, Heizung und Lebensmitteln. Die Königin hatte dem distinguierten Gast ihr eigenes Schlafzimmer überlassen, dessen zerborstene Fenster mit Brettern vernagelt waren, ein primitiver Heizkörper hatte nur eine funktionierende Röhre, die Wärme abgab. In der Badewanne markierte ein schwarzer Strich, bis wie weit man Wasser einlaufen lassen durfte – 12,5 Zentimeter. «Das Essen war sehr dürftig», resümierte Eleanor, «der Palast ist riesig und ohne Heizung. Der König und die Königin sind erkältet.» Was Wunder.
Nicht überall übrigens konnten George VI. und seine Frau nur Popularität ernten. Es gab auch Kritik, wenn das Ehepaar bombardierte Gegenden in London oder anderen Städten besuchte, sie in Hut und Pumps mit hohen Absätzen. Laute Zwischenrufe ließen sich gelegentlich hören. «Die Königin kann überhaupt nicht verstehen, wie es uns geht», meldete sich eine Frau in Lewisham, im SüdostenLondons, «sie hat andere Häuser zu ihrer Zuflucht.» Jemand in Kensington sekundierte: «Sechs Adressen, und zu Hause wartet ein prasselndes Kaminfeuer auf sie.» Wir wissen um diese und andere öffentliche Kommentare, weil Anfang 1937 drei pfiffige Unternehmer eine eigene Form der Meinungsforschung gegründet hatten, «Mass Observation», wo Konversationen in Schulen, auf der Straße, in Pubs und Kirchen aufgefangen wurden, gesammelt von Hunderten von freiwilligen Helfern, die dem Volk aufs Maul schauten und daraus Stimmungen destillierten zum besseren Verständnis des jeweiligen Augenblicks. «Mass Observation» stellte erst in den 60er Jahren seine Arbeit ein, verdrängt von professionelleren Methoden der Meinungsforschung.
Der König wollte aber nicht nur während der Luftschlacht über England als Vater der Nation seinen Platz an der Seite Churchills behaupten. Von 1943 an besuchte er britische Truppen in Nordafrika, immer unter größter Geheimhaltung. Als Churchill sich bereit zu machen schien, am 6. Juni 1944 auf einem der Schiffe an der Landung der Alliierten in der Normandie teilzunehmen, erpresste ihn George VI. mit der Drohung, dann fahre auch er mit. «Haben Sie auch sichergestellt, dass Ihre Tochter die Prozedur der Thronnachfolge gut gelernt hat?», fragte ihn daraufhin sein Privatsekretär pointiert. Das war der Moment, in dem Churchill die Fragwürdigkeit seiner Idee einsah und sie aufgab. Am 15. Juni gelangte der König dann aber doch nach Frankreich, wo er sich von General Montgomery, dem britischen Oberkommandeur der alliierten Truppen, briefen
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