Elizabeth II.: Das Leben der Queen
Pamela Mountbatten, als die Maschine ausrollt. Bei der Queen muss man auf die Zwischentöne achten, sie drückt sich gerne indirekt aus. So enthielt der Satz über die Leichenwagen nicht nur ein Lamento über ihren mit 56 Jahren allzu früh verstorbenen Vater, es war auch ein Begleitkommentar zum Ende ihrer eigenen unbeschwerten Jugend. 25 Jahre alt, musste sie Abschied nehmen von mehr als nur dem Vorgänger auf dem Thron.
«Gottlob, dass wir noch Churchill haben», lautete die landläufige Meinung nach dem unerwartet plötzlichen Tod des Monarchen; Winston Churchill war nach der verlorenen Unterhauswahl von 1945 sechs Jahre später wieder in die Downing Street zurückgekehrt. Die Macht seiner Worte, das Elixier des Widerstandes im Krieg, wurde nun zur Quelle tröstender Zuversicht für eine trauernde Nation. An die wendete er sich übers Radio noch am Abend des 6. Februar in warmherzig-realistischen Worten: «Der König wandelte mit dem Tod an seiner Seite, als sei der Tod ein Gefährte. Am Ende kam der Tod als Freund, nach einem glücklichen Tag mit Sonne und Jagdsport.» George VI. war, was inzwischen jedermann wusste, am Nachmittag des 5. Februar noch auf Hasenjagd gewesen, ehe er, offenbar zufrieden mit dem Ergebnis, zu Bett gegangen war; in den frühen Morgenstunden ereilte ihn eine Embolie – dass er an Lungenkrebs litt, hatte man der Bevölkerung vorenthalten. Churchill schloss in seiner Radio-Botschaft mit einem Blick nach vorn und zurück, Vergangenes und Zukünftiges in den Blick nehmend, wie es seine Art war: «Ich, dessen Jugend noch der illustren, unangefochtenen und friedlichen Größe der viktorianischen Ära angehörte, fühle einen Schauder, wenn ich erneut das Gebet und die Hymne aufrufe: ‹God save the Queen›.»
Am Tag danach legte der große Redner im Unterhaus nach: «Sie kommt auf den Thron in einem Moment, da eine gemarterte Menschheit unsicher zwischen Weltkatastrophen und einem goldenen Zeitalter balanciert [...] Lasst uns hoffen und dafür beten, dass das Nachrücken Königin Elizabeths II. auf unseren alten Thron ein Signal sein wird, das wie ein glückhaftes Licht die menschliche Szene erhellt.» Hintergrund dieser gewaltigen Worte waren die ersten Erfahrungen mit Atomwaffen und dem Wettrüsten zwischen den Siegermächten des Zweiten Weltkrieges um den Besitz dieser neuen Machtinstrumente. Großbritannien zündete noch im August 1952 in Westaustralien seinen ersten atomaren Sprengkopf, die Sowjetunion folgte 1953 mit dem ersten Test einer Wasserstoffbombe, die USA 1954 mit dem ihren. Auch der Koreakrieg warf seine Schatten – die erste Amtshandlung der neuen Königin bestand darin, einem ihrer 12.000 in Korea kämpfenden Soldaten den höchsten Tapferkeitsorden, das Victoria Cross, zu verleihen.
Die junge Queen wird sich ihren Teil gedacht haben bei solchen Redewendungen, wie Churchill sie gebrauchte, als sei er mit ihnen geboren. Es entsprach nicht ihrem eigenen, eher simplen Stil. Aber sie empfand gerade deshalb besondere Zuneigung zu ihrem ersten Premier – es sollten elf weitere folgen –, der ihr, aus alter Zeit kommend, eine lebende Brücke zu den Geheimnissen der englischen Geschichte bauen konnte, ein Anschauungsunterricht, der hervorragend ergänzte, was Sir Henry Marten ihr vor dem Krieg in der Theorie beigebracht hatte. Churchill liebte es, mit Geschichte und seinem eigenen Lebensweg darin zu jonglieren; schließlich hatte er noch 1898 an der letzten Reiterattacke der englischen Armee gegen den aufständischen Mahdi im Sudan teilgenommen und unter allen Monarchen seit Königin Victoria militärisch gedient, was hervorzuheben er nicht müde wurde. «Ich diente unter der Ururgroßmutter der Queen, unter ihrem Urgroßvater, ihrem Großvater, Vater und jetzt ihr», brachte er im Mai 1953, zwei Wochen vor der Krönung, stolz in Erinnerung. Er verkörperte Kontinuität, die er in einer früheren autobiografischen Skizze «den eigentümlichsten Vorzug und die vornehmste Eigenschaft des englischen nationalen Lebens» genannt hatte.
Der alte Mann und die junge Königin begegneten sich fast in Ehrfurcht voreinander, er wegen ihrer Ausstrahlung und ihres Lerneifers, sie wegen seiner illustren Vita. «Ich kenne sie doch gar nicht, und sie ist doch nur ein Kind»: der Satz war vergessen. Jugend und Unschuld waren auf Alter und Erfahrung gestoßen, das ergänzte sich gut. Die regelmäßigen Treffen mit ihrem Premier waren für Elizabeth II. «always such fun», wie sie später
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