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Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Titel: Elizabeth II.: Das Leben der Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kielinger
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gegenüber ehemaligen Kolonialvölkern. Alle diese linksgewirkten halbsozialistischen neuen Staaten – was taten sie, um sich verdient zu machen, außer England Schuldgefühle wegen seiner kolonialen Vergangenheit einflößen zu wollen und es von seinem Kurs strenger Meritokratie abzulenken? Proteste wurden in Regierungskreisen hörbar, als die Queen in ihrer Weihnachtsansprache 1983 eine quasi-politischeStellungnahme abgab, indem sie für eine gerechtere Verteilung der Güter zwischen den reicheren und den ärmeren Ländern plädierte. In einem Gespräch mit dem Historiker Ben Pimlott für dessen Biografie über Elizabeth II. griff das
enfant terrible
der Konservativen, Enoch Powell, zu starken Worten. Die Doppelrolle der Queen als Staatsoberhaupt in Großbritannien und Head des Commonwealth sei nur noch hochzuhalten «durch den andauernden Mumpitz Commonwealth, womit die Briten sich selber in den Glauben hinein ‹mumpitzierten›, sie seien noch immer groß». Powell nannte das «die Mentalität eines Ochsenfrosches».

    Die Monarchin und die Premierministerin: Ein Land, zwei Denkschulen. Elizabeth II. und Margaret Thatcher auf der Commonwealth-Konferenz in Lusaka, Juli 1979 (Foto: Popperfoto/Getty Images)
    Man sieht, die Rechte suchte sich zunehmend von der Dominanz von Commonwealth-Ländern aus der Dritten Welt zu distanzieren. In der Sicht dieser Denkschule gehörten auch diese Staaten zu den «wets», den «Feuchten», womit Margaret Thatcher und ihr Zirkel jeden abqualifizierten, der noch Spuren jenes von ihr so verachteten «gequälten sozialen Gewissens» an den Tag legte. Das reichte von gewissen Kabinettsmitgliedern bis zu führenden Beraternder Queen – wenn nicht zu ihr selber – und schloss natürlich die linken Apostel im Commonwealth mit ein, die Anklage gegen den Westen führten, aber nur ihre Privilegien verwalteten, wie man in Thatchers Umkreis sagte. Damit war die Bühne bereitet für eine Generalabrechnung mit mehr als nur irregeleiteten kolonialen Sentimentalitäten. Jetzt, unter der Devise der neuen Meritokratie und des gesellschaftlichen Egalitarismus der Thatcher-Ära, durfte man sich auch den Buckingham Palast etwas näher anschauen als bisher.
    Die Essayistin Julie Burchill tat es 1984 mit einer
fortissimo
Attacke in der «Sunday Times», in der sie Verwünschungen auf Verwünschungen häufte. Die Monarchie nannte sie «ein Beruhigungsmittel, phlegmatisch, fatalistisch, undynamisch und der Meritokratie abhold», den «kiss of death» für Großbritannien, mit einer Gruppe von Leuten an der Spitze, die, «mit zu wenig Bildung ausgestattet und durch Inzucht entstanden, weder Intelligenz noch Schönheit besitzen, aber über allem thronen». Nur Länder, die in der Welt nicht mehr zählten, hätten noch Monarchien, schrieb diese erregte Feder, überhaupt seien Monarchien «kein Zeichen hoher Klasse, sondern ein Markenzeichen mangelnden Selbstvertrauens». Interessant, dass dieser letzte Gedanke bei vielen Antimonarchisten zum Standard zu gehören scheint. In dem Kapitel über die Medien wurde bereits erwähnt, wie der Medienzar Rupert Murdoch seinen Biografen William Shawcross einmal belehrte: «Ich bezweifle, ob Großbritannien soviel Selbstbewusstsein aufbringt, auch ohne Monarchie zu leben.»
    Burchills Breitseite war die Einzelattacke einer bekannten Polemikerin, aber Thatchers Denken wirkte auch in weniger affrontbereiten Kreisen ansteckend. Das trübte das Wetter zwischen der Downing Street und dem Palast spürbar ein. Die regelmäßigen Dienstagsaudienzen fielen steif und eher betreten aus, da war keine Wärme wie zwischen der Monarchin und manchen Vorgängern von Madame Thatcher. Es waren kürzere Konversationen, formell abgehandelt. «Warum sitzt sie immer auf dem Rand ihres Sessels?», gab ein Tory-Lord nach einem Gespräch im Buckingham Palast indiskreterweise als Aperçu der Queen über Margaret Thatcher preis. In dem Kalender dieser rastlos beschäftigten Politikerin galtenTermine im Palast fast als Verschwendung, Reisen nach Balmoral, wie in jedem September üblich, als «Fegefeuer» (Ben Pimlott). Thatcher pflegte jeweils am letzten Tag ihres Aufenthalts in Schottland um Punkt sechs Uhr früh die Heimreise anzutreten – das war spät für eine Frau, die, wie man wusste, mit vier, fünf Stunden Schlaf pro Nacht auskam. Auch entwickelte die Premierministerin manchmal geradezu königliche Attitüden. «Wir sind jetzt Großmutter», kommentierte sie die Ankunft ihres ersten

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