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Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Elizabeth II.: Das Leben der Queen

Titel: Elizabeth II.: Das Leben der Queen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Kielinger
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angemahnt hätte: Benehmt Euch! Prinz Philip hat die Queen einmal «die Psychotherapeutin des Commonwealth» genannt. Sie konnte keine Wunder bewirken, wenn politische Interessen aufeinanderprallten, zumal sie sich in den harten Fragen der Politik nie einschalten durfte, wollte sie zwischen den streitenden Parteien nicht ihre Neutralitätspflicht verletzen. Aber ihre Anwesenheit konnte helfen, Wogen zu glätten und die Augen für Kompromisse zu öffnen.
    1979, es war Margaret Thatchers erstes Jahr an der Macht, spitzten sich die Beziehungen zwischen London und dem Commonwealth erneut zu, diesmal über der Frage, wie mit dem abtrünnigen Rhodesien umzugehen sei, wo eine weiße Minderheitsregierung unter der Führung von Ian Smith das Land 1965 einseitig für unabhängig erklärt hatte und allen gegen sie verhängten Sanktionen trotzte – wohl wegen der gar nicht so heimlichen Unterstützung durch das angrenzende Südafrika. Die Commonwealth-Konferenz im August in Lusaka, der Hauptstadt von Sambia, verhieß nichts Gutes, die Zeichen standen auf Sturm. Smith hatte Reformen angekündigt, ein Nachgeben gegenüber dem internationalen Druck, und Thatcher war bereit, auf seine Vorschläge einzugehen. Es sollte ein Parlament mit hundert Sitzen gebildet werden, von denen 28 für die weiße Minderheit reserviert sein sollten, weit mehr, als ihre demografische Stärke erlaubte. Das war keine Grundlage für eine dringend nötige neue Verfassung, und entsprechend lehnten die Regierungschefs des Commonwealth den Vorschlag strikt ab.
    Thatcher hatte das schwarze Afrika noch nie besucht, ihr machte Lusaka große Sorgen, und aus diesen Sorgen heraus wollte sie Elizabeth nicht reisen lassen, wie Heath es schon acht Jahre zuvor für Singapur durchgesetzt hatte. Dabei brachte sie die alten Gründe in Anschlag – die Sicherheit der Königin sei nicht gewährleistet, und ein offener Streit vertrage sich nicht mit der Würde der Krone. Doch diesmal weigerte sich die Queen, dem Rat zu folgen – sie setzte ihr Prärogativ gegen das der Regierung, und Thatcher lenkte ein, um keinen Verfassungskonflikt zu riskieren. Elizabeth, in den Beziehungen zu Afrika weitaus erfahrener als die Premierministerin, versprach sich von ihrer Anwesenheit eine heilsame Wirkung auf die Gemüter der Beteiligten – sie hatte inzwischen 27 Jahre lang geherrscht, wenn auch nicht regiert («reigned, not governed»), und war Kenneth Kaunda, dem Staatschef von Sambia und Gastgeber der Konferenz, freundschaftlich verbunden. Mit diesem Pfund wollte sie wuchern.
    Ihre Technik bei diesen Zusammenkünften, die einen rein politischen Inhalt haben, aber umrahmt sind von hoheitlichem Protokoll, ist eine denkbar einfache. In Lusaka hatte jeder Teilnehmerseine Hütte, die Queen die größte, einen Bungalow. Dort hielt sie Hof, alle bekamen sie ihre 20-minütige Audienz. Aber anstatt über Rhodesien zu sprechen, was ihr als nicht-politischem Staatsoberhaupt nicht zustand, redete sie mit jedem Regierungs- oder Staatschef über die Nöte seines Landes, die sie entweder seit langem kannte oder eigens für diese Konferenz genau studiert hatte. Damals war Sir Sonny Ramphal, der frühere Außenminister von Guyana, Generalsekretär des Commonwealth und als solcher bei den Gipfeltreffen dabei. Ihm berichteten die afrikanischen Politiker einhellig, wie beeindruckt sie von den Kenntnissen der Queen über ihr jeweiliges Land waren, und man sagte Elizabeth Empathie mit den Hoffnungen jeden Landes nach, dessen Anführer ihr gerade gegenüber saß.
    William Shawcross beleuchtet in «Queen and Country» dieses Kapitel aus dem Wirken der Königin auf eindringliche Weise. Er berichtet unter anderem von einem Erlebnis John Majors, dem es als Premierminister einmal einfach nicht gelingen wollte, einen Commonwealth-Kollegen in einer bestimmten Frage zu überzeugen. Die Queen gab ihrem Regierungschef einen Tipp: «Der Mann ist ein begeisterter Angler. Versuchen Sie es doch über diesen Weg.» Es ist eine Technik, die in Deutschland Helmut Kohl bis zur Perfektion beherrschte – ein gutes Personengedächtnis ist ein großer Vorteil im politischen Spiel, die Fähigkeit also, auch persönliche Details aus dem Leben seines jeweiligen Gegenübers aufrufen zu können. Das Wort «Herrschaftswissen» wertet diese Kunst zu sehr ab, es handelt sich eher um ein wichtiges Instrument zur Vertrauensbildung: Jeder fühlt sich als Freund angesprochen.
    Von der Außenlinie aus den Spielern auf dem Feld ein gutes

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