Elizabeth - Tochter der Rosen
wieder hatten wir Anlass zu feiern. Meine Verlobung mit dem Dauphin hingegen trieb einen neuen Keil zwischen meine Schwester Cecily und mich. Sie tratmir nun noch häufiger als zuvor auf den Kleidersaum, wenn sie hinter mir ging.
Jedes Mal, wenn Mutter sie dabei ertappte, dass sie mich nicht mit »meine Dauphiness« ansprach, schimpfte sie mächtig mit Cecily. Die wiederum zahlte es mir heim, indem sie, während ich Französisch übte, hinter meinem Stuhl hockte, meine Hündin streichelte und ihr leise zuflüsterte: »Ma dauphin-ess, notre dauphin-ess, votre dauphin-ess ...«
»Sei still, Cecily! Ich kann mich nicht konzentrieren.«
»Ich habe nichts gemacht«, erwiderte sie, »außer mein Französisch an deinem Hund zu üben.«
Eines Tages widersprach ich schließlich, als meine Mutter Cecily mal wieder energisch zurechtwies. »Mutter, lass sie, bitte! Es kümmert mich nicht, wenn sie mich nicht Dauphiness nennt.«
Meine Mutter versetzte mir eine schallende Ohrfeige. »Dich kümmert es vielleicht nicht, aber mich sehr wohl. Lass dir das eine Lehre sein! Wir müssen von jedem Respekt fordern, sonst achtet man uns nicht. Und da wir gerade dabei sind, ich möchte, dass ihr euren Bruder Tom mit seinem neuen Titel ansprecht: Marquess of Dorset. Habt ihr das verstanden?«
Ich verbeugte mich stumm und hielt mir die brennende Wange. Es war sinnlos. Mutter liebte Titel viel zu sehr, weil ihr Vater nie einen gehabt hatte, bevor er meine Großmutter Jacquetta, Duchess of Bedford, heiratete. Deshalb beschloss ich, mich an meinen Vater zu wenden.
»Papa, ich bitte dich, sag Mutter, dass Mary und Cecily mich nicht mit ›Dauphiness‹ ansprechen müssen. Es gefällt ihnen nicht, und Cecily macht mir deswegen das Leben schwer.«
»Liebes Kind«, seufzte Papa, »du musst lernen, deine Mutter nicht zu verstimmen, genau wie ich es gelernt habe. Sie ist sehr willensstark und verlangt nun einmal, dass alles so gehandhabtwird, wie sie es wünscht. Sich gegen sie zu wehren ist zwecklos.«
Er sah wieder so traurig aus, dass ich zu ihm an seinen Schreibtisch tat, wo er über Papieren saß, und ihn umarmte.
~
Das Jahr 1477 begann mit viel Jubel. Im Februar feierte ich meinen elften Geburtstag, und bald darauf, im März, wurde ein weiterer Bruder geboren. Wir feierten Bankette und Maskenbälle, auf denen ich mit Papa tanzte und viel lachte.
Meine Eltern tauften meinen neuen Bruder nach unserem Onkel George und verliehen ihm den Titel des Duke of Bedford, den Papa meinem früheren Verlobten, George Neville, weggenommen hatte. Onkel George of Clarence, der sehr gekränkt gewesen war, als mein zweiter Bruder nach Richard of Gloucester genannt wurde, schien die Ehre gar nicht wahrzunehmen, die meine Eltern ihm damit erwiesen. Jedes Mal, wenn er an den Hof kam, brachte er seinen eigenen Koch und seine Vorkoster mit. Er veranstaltete einen furchtbaren Lärm, brüllte herum, schrie meine Eltern an und behauptete, meine Mutter hätte ihn bei einem seiner vorherigen Besuche vergiften wollen.
»Warum ist Onkel George so wütend?«, fragte ich eines Morgens die Amme, als sie mir mein Kleid zuband.
»Seine Frau starb bei der Niederkunft und sein Kind wenige Tage später. Er trauert und gibt Eurer Mutter die Schuld an ihrem Tod.«
»Warum?«
Anfangs zögerte sie, doch dann sagte sie: »Ich nehme an, er muss jemandem die Schuld geben, der arme Mann.«
Obwohl ich schöne Zeiten mit Mary und meinem dreieinhalbjährigen Bruder Dickon erlebte, war mir wohlbewusst, dassim Königreich meines Vaters nicht alles zum Besten stand. Bei jedem Wetter eilten Männer mit ernsten Mienen über die Rasenflächen und Wege von Tower, Westminster Palace und Windsor und brachten Nachrichten für meinen Vater. Diesmal war es nicht der Königsmacher, sondern mein Onkel George, der Papa Schwierigkeiten bereitete. Als mein Vater ihm untersagte, Mary von Burgund den Hof zu machen, es meinem Onkel Anthony indes erlaubte, wurde Onkel George schrecklich böse. Ich tröstete meinen Vater in seiner Kammer, spielte ihm mal auf meiner Leier, mal auf meiner Laute vor. Oft sang ich für ihn, weil er sagte, ich hätte eine Engelsstimme; doch ihn gramgebeugt auf seinem Stuhl sitzen zu sehen schmerzte mich. Eines Tages massierte ich ihm die breiten Schultern, als er plötzlich nach meiner Hand griff.
»Warum ist Onkel George so böse auf dich, Papa?«, fragte ich ihn leise.
Er zog mich auf seinen Schoß. »George hat sich stets für den rechtmäßigen König von England
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