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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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Ort. Die Kirche war aus braunem Granit auf einem kahlen Felsplateau erbaut worden und so gut wie verlassen. Die Aussicht auf nichts als grauen Himmel war beklemmend, und es hieß, dass die Kirche die düsterste in ganz England war. Das konnte gut sein, denn allein die Chorschranken lehrten den Betrachter das Fürchten: Da verschlangen Dämonen blaue und goldene Vögel; Hirsche mit goldenem Geweih wurden von wilden Hunden gerissen, und   – das wohl schrecklichste Bild von allen   – ein geflügelter Drache stürzte sich auf die Kehle eines Einhorns. Inmitten dieser furchterregenden Szenen wartete dieEhefrau und junge Mutter mit einigen Dienern und wenigen Priestern auf Nachricht von dem Mann, den sie liebte.
    Er hat keine Chance, weil niemand mehr da ist, der für ihn sprechen kann, dachte ich traurig. Alle, die seine Sache unterstützen konnten, waren entweder tot oder darbten im Tower. Und andere wagten es nicht. Mein Bruder Dorset etwa würde Henry mit Freuden den Rücken kehren, doch war er nach seiner Freilassung mit einer enormen Geldstrafe belegt worden und drohte, das Erbe seines Sohnes zu verlieren. Folglich hatte er viel zu große Angst, als dass er aufbegehren würde. Erschöpft begab ich mich zu meinem Betstuhl, öffnete das Triptychon »Jungfrau mit dem gekrönten Kind«, das mein Onkel Anthony mir aus Florenz mitgebracht hatte, und neigte den Kopf zum Gebet für Lady Catherine Gordon und ihren kleinen Sohn.
    ~
    Kates Schwiegervater, Edward Courtenay, Earl of Devon, schloss am siebten September, dem St. Lambert’s Day, die Tore von Exeter und wies den Prätendenten ab.
    In der folgenden Woche war Perkin Warbecks Armee drauf und dran aufzugeben. Fünfhundert Rebellen waren seit der Rebellion in Cornwall auf dem Schlachtfeld gestorben und noch viele mehr an Krankheit, weil sie verdorbenen Weizen genommen hatten, um ihr Bier zu brauen und ihr Brot zu backen. Es hieß, sie seien dahingerafft worden, als hätte man sie vergiftet. Und nicht wenige führten es auf den päpstlichen Fluch zurück, sie zu exkommunizieren. Ich hingegen vermutete Henry hinter diesen Gerüchten und Margaret Beaufort hinter den Todesfällen. Sie und Morton überließen nichts dem Zufall. Und wie konnte man den Feind wirksamer schwächen als durch vergiftetes Brot und Bier? Nun war Henry mit zehntausend Männern auf dem Marsch von Woodstock, ausgerüstet mit Rittern und zahlreichen Waffen, und Lord Daubeny mit der bestens disziplinierten königlichen Armee von Woodstock aus. Beide würden den Prätendenten von Nordosten angreifen. Unterdessen hatte Perkin Warbeck keine Adligen an seiner Seite, die ihn verteidigten, und keine Generäle, die ihn berieten. Er besaß kein Geld, keine Rüstungen, keine Waffen, abgesehen von wenigen Schwertern, Heugabeln und Bögen. Sowohl was seine Mannstärke als auch die Ausrüstung anging, war er hoffnungslos unterlegen, und während Henrys Säckel mit sechs Millionen in Gold überquoll, brachte der Prätendent nicht einmal genug Geld auf, um Essen für seine Armee zu kaufen.
    Ich dachte an Buryan und den geflügelten Drachen mit dem offenen Maul, der im Begriff stand, dem weißen Einhorn die Kehle aufzureißen. Die Nachricht von der Niederlage des Prätendenten überraschte mich nicht.
    Ein Bote kniete sich vor mich. »Nachdem die königliche Armee ihn in die Enge getrieben hat, ist der Prätendent ostwärts zur Abtei Beaulieu geflohen, wo er, als Mönch verkleidet, Zuflucht suchte. Feige hat er seine Armee mitten in der Nacht verlassen«, berichtete er.
    Harry hatte sich an meine Röcke geschmiegt und blickte nun mit einem triumphierenden Grinsen zu mir auf. Ich jedoch dachte an meinen Onkel Anthony Woodville. Er war ein überaus mutiger Mann gewesen und trotzdem aus der Gefolgschaft Karls des Kühnen geflohen, bevor es zur Schlacht gegen die Schweizer gekommen war. Und ich dachte an Henry selbst, der seine Truppen am Abend vor Bosworth aus lauter Furcht vor Richards großer Armee im Stich gelassen hatte. Wie der Prätendent hatte auch Henry die Nerven verloren. Doch er war zurückgekommen und hatte zur Entschuldigung behauptet, sich in der Dunkelheit verirrt zu haben. Seit er in Bosworthgewonnen hatte, traute sich niemand mehr, ihn einen Feigling zu nennen.
    Kurz nach dem Boten kam de Puebla mich besuchen.
    »Doktor de Puebla, bitte, nehmt Platz!«, sagte ich erfreut. Ich freute mich stets, sein freundliches Gesicht zu sehen. Wir setzten uns auf zwei mit Gobelins gepolsterte Stühle am Kamin.

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