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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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wieder preiszugeben. ›Ich habe es vorher auch keinem gesagt, Euer Gnaden‹«, äffte sie den Bischof nach, »›und werde es nie wieder! Glaubt mir, Sire, es war nichts als ein Moment der Schwäche, herbeigeführt von zu viel Wein und Mitgefühl mit dem armen Clarence .‹« Die letzten zwei Worte stieß sie voller Widerwillen aus. »›Dem armen, trauernden Clarence, dessen Elend an mein Herz rührte. Es wird nie wieder geschehen, Sire. Ich schwöre es bei meiner Seele, Sire.‹ Und dein Jämmerling von einem Vater fiel auf seine Schwüre herein! Jetzt siehst du, was es uns eingebracht hat. Wir sind hier!« Sie knallte ein Silbertablett von seinem Platz auf einem Stapel gefalteter Sarazener-Teppiche und riss einen Gobelin von der Wand. »Hier in diesem Loch! Alles dank deinem Vater. Er hatte nicht den Mumm, König zu sein. Regiert habe in Wahrheit ich! Und er hat mich verraten. Möge Gott ihn in die Hölle verdammen!«
    Mein Entsetzen wich fürchterlicher Wut ob ihrer Vorwürfe, und ich packte sie beim Arm.
    »Wie kannst du es wagen, meines Vaters Andenken zu verfluchen? Papa mag seine Fehler gehabt haben, aber du bist schuld an allem, was uns widerfahren ist   – an dem Hass der Leute, an dem Neid der Adligen, an den Kriegen, dem Blutvergießen. All das danken wir dir, Mutter, dir und deinem Ehrgeiz! Du schreckst vor nichts zurück, das zu bekommen, was die Welt dir deiner Ansicht nach schuldig ist.«
    Sie ohrfeigte mich. Ohne nachzudenken, schlug ich zurück. Zunächst war sie so überrascht, dass sie mich sprachlos ansah, dann hieb sie mir abermals ins Gesicht, so fest, dass mir ihr Ring in die Wange schnitt. Ich spürte den brennenden Schmerz und berührte die Stelle. Als ich die Hand wieder wegnahm, war sie blutig. Mein Hass und mein Zorn auf die Gefangenschaft unddie Entbehrungen, die ich seit Monaten im Kloster ausstand, machten mich blind. Mit einem Aufschrei stürzte ich mich auf meine Mutter, riss mit aller Kraft an ihrem Haar, schlug und trat sie. Wir fielen zu Boden, rollten über die Binsen, zerrten uns gegenseitig an den Haaren und Kleidern und beschimpften einander wüst.
    »Wie kannst du es wagen   – nach allem, was Papa für dich getan hat? Wage es nie wieder, Papas Namen zu beleidigen! Wir sind deinetwegen hier!«, kreischte ich heiser vor Wut. »Allein deinetwegen!«
    ~
    Die Waschfrau, die Kaufleute, die uns ihre Waren brachten, die Soldaten und die Bediensteten, die kleine Gänge für uns erledigten, behandelten uns nach wie vor mit Respekt. Dennoch spürte man eine subtile Veränderung in ihrem Betragen, was eindeutig unserem Abstieg in den Adelskreisen geschuldet war.
    »Dame Grey«, sagte der Freisasse, »ich bringe Ihnen feine Pflaumen, die ich heute in meinem kleinen Obstgarten pflückte. Sehen Sie   ...«
    Meine Mutter nahm ihm eine ab, blickte ihm jedoch starr ins Gesicht. Keiner sprach sie mehr mit »Euer Gnaden« an, denn anstelle der verwitweten Königin war sie nun die Witwe von Sir John Grey, hingemetzelt in der Schlacht von Northampton. Was uns anging, waren wir die unehelichen Kinder, ohne Land oder sonstigen Besitz, abgesehen von dem, was meine Mutter ins Kloster geschafft hatte.
    Meine Laute rührte ich nicht mehr an, weil mir das Herz zu schwer war, als dass ich musizieren konnte. Gleichwohl ging ich gern nach der Matutin in den Garten, um allein zu sein, die von Kräutern aromatisierte Luft zu kosten und dem Seufzen der raschelnden Binsen zu lauschen. Über mir funkelte das Sternenzelt auf dieselbe Weise wie seit Tausenden von Jahren. Sie haben sämtliche Schreie der Menschheit gehört, dachte ich, Schreie der Freude wie Schreie des Kummers; meine sind für sie nicht neu.
    Sir Thomas Stafford kehrte endlich zurück. Er kam eines Nachts zu mir, als ich am Teichufer stand, und ich bemerkte es erst, als seine Stimme hinter meiner Schulter erklang. »Meine Prinzessin.«
    Sein dunkles Haar wehte in der Nachtbrise, und er sah so hübsch, so rein aus. Ich lächelte vor Freude, und dann fiel es mir ein. »Haben Sie gehört, was sich während Ihrer Abwesenheit zutrug?«
    Er nickte.
    »Dann wissen Sie, dass ich keine Prinzessin mehr bin.«
    »Ihr seid die Tochter Eures Vaters und für mich mithin immer eine Prinzessin.«
    Stumm standen wir Seite an Seite. Seine Nähe linderte die Wut und Verzweiflung in mir ob unserer Lage. Er nahm meine Hand, und ich drehte mich zu ihm.
    »Elizabeth   ...«
    Verwundert begegneten meine blauen Augen seinen braunen, war es doch das erste Mal,

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