Elizabeth - Tochter der Rosen
Kapitelsaals.
»Ich bitte dich, Mutter!«, rief ich und trat vor. »Können wir König Richards Angebot nicht zumindest in Betracht ziehen?«
»Wie bitte? Bist du von Sinnen? Willst du irgendeinen niederen Junker heiraten, du, die mit dem Dauphin verlobt war?« Sie wandte sich wieder dem Gesandten zu. »Sagen Sie Ihrem Herrn, dass ich ablehne.«
Der Gesandte verneigte sich. Ich blickte ihm nach, als er ging, und wünschte mir verzweifelt, ich könnte ihn zurückholen.
In den darauffolgenden Tagen durfte ich zwar noch in denGarten und zum Teich gehen, doch es wurde uns untersagt, die Kaufleute zu empfangen, die uns das Nötigste brachten. Stattdessen mussten wir den Wachen unsere Listen und das Silber geben, sodass sie unsere Bestellungen herausgaben und annahmen. Wir sahen nicht einmal unsere Waschfrau. Es wurde angeordnet, dass wir unsere schmutzigen Unterkleider in einen Kissenbezug steckten und den Waffenknechten übergaben, von denen wir die sauberen Sachen später wieder ausgehändigt bekamen. Unsere Kammerdienerin war eine der wenigen Leute, die noch zu uns gelassen wurden, und von ihr erfuhren wir die schreckliche Neuigkeit.
»Was ist?«, fragte meine Mutter sie, als sie mit geröteten Augen hereinkam. Sie hatte offensichtlich geweint.
»Furchtbar, furchtbar ist es!«, rief sie und wischte sich die Augen. »Es widerspricht allem Menschlichen wie Göttlichen. Mylady, es geht ein Gerücht über die Prinzen, das zu entsetzlich ist, als dass man es glauben will, und doch scheint es wahr zu sein. Mylady, die Prinzen ... Man sagt, die Prinzen, die lieben Kleinen, sind tot! Ermordet!«
Auf dem Betstuhl beschwor meine Mutter Gott, Rache zu üben.
»Heilige Maria, Mutter Gottes«, rief sie heiser und von Schluchzern unterbrochen. »Du weißt, was es bedeutet, ein Kind zu verlieren. Erhöre mein Flehen! Bestrafe das Monstrum Richard III ., der mir alle nahm, die ich liebte! Nimm ihm alle, die er liebt! Lass ihn allein und voller Kummer sein! Zerstöre ihn mit Seelenqualen und mach, dass er sich den Tod mit der gleichen Inbrunst wünscht wie ich!« Sie senkte die Stimme. »Heilige Mutter, falls Du meinem Wunsch nicht entsprechen kannst oder willst, wende ich mich an jene, die es können, auch wenn sie Sünder sein mögen. O höre mein Flehen, erhöre mein Flehen! Ich rufe nach Rache an ihm, der meine Kinder hinmetzelte, der meine Kleinen ermordete ...« Erschöpft sank sie auf dem Betstuhl zusammen und weinte bitterlich.
Ich erschauderte unter dem Kummer, den ihre Worte in mir weckten.
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»Euer Gnaden, ich komme zu Euch, um Euch neue Hoffnung zu geben, auf dass Ihr bald genesen mögt.« Es war nicht Dr. Sergio, der dies sagte, sondern ein anderer Mann. Er war angeblich gekommen, um sich meiner leidenden Mutter anzunehmen. Doch ich traute ihm nicht, weil ich ihn für einen von Lady Margarets Spionen hielt.
Meine Mutter machte eine Handbewegung. »Welchen Anlass zur Hoffnung bringt Ihr mir?«
»Ich bin Lady Margarets Leibarzt, Dr. Lewis«, flüsterte er. »Sie schickt mich mit dringender Botschaft zu Euch.«
Meine Mutter nickte.
»Lady Margaret möchte Euch von einer neuen, unerwarteten und höchst willkommenen Entwicklung wissen lassen. Henry Stafford, Duke of Buckingham, König Richards Cousin und sein engster Vertrauter, hat sich auf unsere Seite geschlagen!«
Gleichzeitig stießen meine Mutter und ich einen stummen Schrei aus: sie vor Freude, ich vor Entsetzen. Buckingham war ein enger Verwandter von Sir Thomas Stafford. War Thomas an der Verschwörung beteiligt? Er hatte mir nichts gesagt, bevor er mit dem königlichen Tross nach Norden gezogen war, was nur bedeuten konnte, dass er von nichts wusste. So oder so war er nun in großer Gefahr. Ob er bei Buckinghams Verrat mitwirkte oder nicht, war gleich, denn seine familiären Bande allein würden ihn zum Mitschuldigen machen. Die Sorge um ihn, dawar ich gewiss, würde mich um den Schlaf bringen, solange ich nichts von ihm hörte.
»Lady Beaufort erbittet Eure Zustimmung, Eure Töchter außer Landes zu bringen, damit sie Prinzen heiraten und den Kampf gegen König Richard fortsetzen können.«
Es wurde vereinbart, dass Buckingham die Revolte anführen würde.
»Jetzt ist die Zeit der Rache gekommen!«, rief meine Mutter. »Auf die Knie, ihr alle. Betet, bis eure Knie wund sind! So Gott will, werden wir diesen verfluchten Thronräuber bald dorthin schicken, wo er hingehört!«
Dann warteten wir.
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Es war Thomas, der mir die Nachricht
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