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Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
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Nächstes?
    Meine Mutter streckte einen Arm aus und stupste sanft an mein Kinn, denn vor Schrecken stand mir der Mund offen.
    »Die Welt hat sich verändert, mein Kind«, sagte sie leise, »und wir müssen uns mit ihr verändern. Jetzt ruh dich ein wenig aus! Ich erwarte die Mutter des Königs in Bälde, und ich möchte nicht, dass sie dich sieht, ehe ich dich aufgepäppelt habe.«
    Lady Margaret Beaufort erwies sich als häufiger Gast in unseren Gemächern. Ich wollte ihr nicht begegnen, deshalb versteckte ich mich jedes Mal, bevor sie kam. Sie verbrachte viel Zeit im Gespräch mit meiner Mutter, die sich nach ihrer so herzlichen Begrüßung wieder auf ihr wahres, krittelndes Naturell besann. Ich wäre nicht fröhlich genug für den König, fürchtete sie, nicht fett genug, und hätte nicht die erforderlichen rosigen Wangen. Ihr Geplapper mit Margaret Beaufort und dieVersprechungen, die sie ihr machte, bildeten den murmelnden Hintergrund meiner Tage, während ich viel Zeit auf meinem Betstuhl kniete und für Richard und all jene lieben Menschen betete, die nun verloren waren.
    Die Tage gingen dahin, und ich erfuhr durch das Palastgetuschel, dass sich die Leute auf den Straßen fragten, wo ich wäre, denn sie sahen mich ja nicht. Und ich hörte, dass sie liebevoll von mir sprachen. Sie schätzten mich um meines Vaters und um der Erinnerungen an bessere Tage willen. Manche behaupteten, ich wäre bereits in London, wohingegen andere sagten, ich würde mich auf meine Hochzeit vorbereiten, und viele waren skeptisch, dass es zu einer Hochzeit kommen würde.
    Ich hörte schweigend zu, wie meine Schwestern über König Henry redeten.
    »Man sagt, er ist geheimniskrämerisch und verschlossen«, sagte Cecily, um mich zu quälen.
    Ich quittierte es von der Fensterbank aus mit einem Schulterzucken. Dort saß ich mit einem von Richards Büchern, Boethius’ De Consolatione . Boethius war im Jahr 800 in den Kerker geworfen worden, und weil er anderen helfen wollte, die eine Zeit schwerer Prüfungen durchlebten, hatte er das Buch geschrieben, um zu erklären, warum Gott guten Menschen Böses widerfahren ließ. Wohl wissend, wie viel dieses Buch Richard bedeutet hatte, studierte ich die Seiten aufmerksam. Ganz besonders achtsam las ich über die Strapazen Herkules’; bei diesen Absätzen machte ich mir Notizen am Seitenrand. Eines Tages, als mich meine Erinnerungen besonders bewegten, schrieb ich Richards Motto auf das Umschlagblatt hinten im Buch, wo es niemandem auffallen würde. Loyaulte me Lie. In Treue verbunden. Ich unterzeichnete das Zitat mit meinem Namen. Richard hatte mir nie Tristan oder das Porträt geschickt, um die ich ihn gebeten hatte, doch ich besaß das Buch, das ihm geholfen hatte,sein Schicksal zu ertragen. Nun würde es mir helfen, meines hinzunehmen, was es auch bringen mochte.
    »Wie fühlst du dich bei dem Gedanken, Tudor zu heiraten?«, fragte Cecily.
    »Ich fühle gar nichts«, antwortete ich, »und es ist auch besser so. Wir dienen lediglich den Ambitionen unserer Familie.«
    »Ich nicht. Ich habe ausschließlich den Ambitionen Ralph Scropes gedient«, konterte Cecily in einem verbitterten Ton. Nach einer Weile fügte sie hinzu: »Glaubst du, dass du ihn lieben lernst?«
    »So sehr, wie du Scrope lieben lerntest«, antwortete ich.
    »Was ist Lieben?«, fragte Kate.
    »Weiß ich nicht genau«, antwortete die neunjährige Anne. Sie drehte sich zu der jungen Amme um, die ihr das Haar bürstete. »Was ist Lieben?«
    Das Mädchen unterbrach die Arbeit und bekam einen verträumten Blick. »Man sagt, die Liebe macht uns glauben, dass Asche Mehl ist und altes Eisen Glas. Dass ein Filzhut ein juwelenverziertes Barett ist und Lauch honigsüß.«
    Ich sah hinunter in den grauen Hof. Die Liebe entfacht ein Feuer, in dessen Schein trübes Grau zu funkelndem Silber wird, ergänzte ich in Gedanken.
    »Was für ein Unfug!«, rief Cecily. »Wenn das Liebe sein soll, ist sie eine Art von Wahn, und den brauche ich nicht.«
    »Aber man sagt, wenn man liebt, ist man mit dem Leben zufrieden, ganz gleich, wie wenig man besitzt.«
    »Pah!«, entgegnete Cecily. »Nur ein Wahnsinniger ist zufrieden damit, wahnsinnig zu sein und Not zu leiden.«
    Mutter hörte Cecilys Worte, als sie hereinkam. »Euer Onkel Anthony hatte einen Lieblingsausspruch, den er oft zitierte   – weiß der Himmel, warum. ›Aber Venus, die das Wirtshaus der Liebe betreibt, schenkt Weinpunsch aus, der mit Galle versetztist. Halb trunken von Liebe, werden

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