Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Elizabeth - Tochter der Rosen

Elizabeth - Tochter der Rosen

Titel: Elizabeth - Tochter der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Worth
Vom Netzwerk:
mehr, sondern wirst als Königstochter anerkannt.«
    »Ich war immer die Tochter meines Vaters«, murmelte ich gedankenverloren, denn ich erinnerte mich an die Rückkehr meines Vaters aus dem französischen Krieg. Ich sah ihn vor mir, wie er sich herunterbeugte, um mich mit seinen starken Armen aufzufangen, als ich auf ihn zulief.
    Die Stimme meiner Mutter riss mich aus meinem Tagtraum. »Ja, selbstverständlich warst du immer die Tochter deines Vaters«, raunte sie mürrisch.
    Cecily, die sich die Augenbrauen zupfte, wandte sich vom Spiegel ab und ging zu meiner Mutter. Sie legte ihr einen Arm um die Schultern, woraufhin Mutter sie näher zu sich zog und sie küsste. Cecily lächelte mir spöttisch zu.
    Ach, Mary, wie sehr du mir fehlst, liebe Schwester!, dachte ich.
    Ich stand auf, holte meine Leier und begab mich wieder auf die Fensterbank. Es wurde Abend. Mit gesenktem Kopf spielte ich einige Akkorde und versuchte, nicht an Mary zu denken, denn ich wollte nicht weinen. Also holte ich tief Luft und sang.Sir Humphrey Stafford war enteignet worden, hatte Mutter gesagt. Diese Nachricht gab mir neuen Mut, denn sie bedeutete, dass er die Schlacht überlebt hatte. Und vielleicht bedeutete sie auch, dass Thomas nichts geschehen war. Ich berührte meine Saphirbrosche. Oh, Thomas, es waren schöne Tage im Kloster, nicht wahr?
    Ich beendete mein Lied, als ich hörte, wie Mutter von ihren Ländereien sprach, die König Richard konfisziert hatte.
    »Ich hoffe sehr, dass König Henry sie mir zurückgibt. Besonders vermisse ich meine Londoner Residenz Cold Harbour.«
    »Falls er das tut, Mutter, können wir dann Westminster verlassen?«, fragte ich.
    »Warum sollten wir das wollen?«, mischte Cecily sich ein. »Hier ist es sehr komfortabel. Wir haben hübsche Kleider, gutes Essen und werden weniger streng bewacht.«
    »Ich rede von Freiheit, Cecily, nicht von Kleidern. Wir dürfen uns im Palast frei bewegen, doch wir nehmen unsere Mahlzeiten in unseren Gemächern ein, und es ist uns nicht gestattet, in den Garten oder auf die Straße zu gehen. Wir sind immer noch Gefangene.«
    Cecily runzelte die Stirn. »Nichts ist dir jemals genug!«, schrie sie mich an. »Nicht mal, Königin zu sein!«
    »Ich möchte gar nicht Königin sein. Mir wäre es lieber, ich könnte frei sein. Dann würde ich einen einfachen Mann heiraten und ein zufriedenes Leben fernab vom Hof führen.«
    »Einen einfachen Mann?«, sagte Cecily entsetzt.
    »Du Närrin!«, fuhr meine Mutter mich an und sprang auf. »Was redest du nun wieder für einen Unsinn? Begreifst du nicht, in welcher Lage wir sind? Was auf dem Spiel steht? Es ist noch lange nicht gewiss, dass du Königin wirst! Ich arbeite mir die Finger wund, um es zu arrangieren, und anstatt mir zu helfen, jammerst du bloß von Freiheit   – was immer das sein soll.«
    »Ich bin neunzehn Jahre alt«, sagte ich mehr zu mir selbst, wohl wissend, dass sie es nie verstehen würden, »und mein Leben versickert in Gefangenschaft.«
    ~
    Der Nebel umwaberte mich wie eine Wolke, verbarg die Welt vor mir, und ich wusste nicht, wo ich war. Mir war einzig klar, dass es Nacht war. Ich wagte einen Schritt vorwärts. Die weiße Masse verschob sich ein wenig und gab den Blick auf etwas frei   – aber auf was? Da war es wieder! Ein Silberschein, wie ein Schimmern in der Ferne. Vorsichtig machte ich noch einen Schritt und sah geradeaus. Auf einmal teilte sich der Dunst, und ein Ritter in weißer Rüstung auf einem leuchtenden Schimmel kam mir entgegengaloppiert. Er tauchte aus dem Nebelschleier auf, und ich sah einen Goldkranz auf seinem Helm. Mir stockte der Atem, ehe ich einen Freudenschrei ausstieß. Ich streckte beide Arme nach ihm aus. »Richard!«
    Dann erwachte ich in der Dunkelheit.
    Den Rest der Nacht konnte ich nicht mehr schlafen. Ich lag wach im Bett, betrachtete den sternenfunkelnden Himmel durchs Fenster und lauschte dem Echo seines Namens in der schwarzen Stille meines Geistes.
    ~
    Die Parlamentssitzungen zogen sich durch den November hin, aber bei allem Gerede über die Krönung wurde eine Heirat mit keinem Wort erwähnt. Mutter war verzweifelt.
    »Der König hat geschworen, dich zu heiraten«, schimpfte sie, als sie wieder einmal hin und her lief. »Er scheint diese Heirat nicht mehr zu wollen, und ich fürchte, er findet noch einenWeg, sich davor zu drücken. Lady Beaufort sagt, er will lieber Lord Herberts Schwester heiraten, die er schon als Kind kannte. Es steckt sicherlich mehr dahinter.«
    Die Tage

Weitere Kostenlose Bücher