Elizabeth - Tochter der Rosen
meinem neunzehnten Geburtstag durch ebendiesen Garten denken. Auch heute war der elfte Februar, mein Geburtstag, und ich wurde einundzwanzig. Wie viel sich in nur zwei Jahren verändert hatte! Heute Abend würde es kein Bankett zu meinen Ehren geben, dennoch war ich nicht sicher, ob ich Zeit allein mit Henry bekommen würde, um über meine finanzielle Not zu sprechen. Daher musste ich ihn aufsuchen. Mir blieb keine andere Wahl, als ihn um Geld zu bitten.
Henrys Kammerherr begrüßte uns am Eingang zu den königlichen Gemächern und verneigte sich höflich. »Seine Gnaden sind mit Mylady und Erzbischof Morton in der Ratskammer. Darf ich Euch melden, meine Königin?«
»Nein, bitte, ich möchte sie nicht stören. Ich warte im Vorzimmer.«
Alle erhoben sich, als ich eintrat, und ein lautes Rascheln von Seide und Klimpern von Goldketten erfüllten den Raum, während sie sich zurückzogen. Nachdem ein Diener die Tür geschlossen hatte, ging ich zum Fenstersitz, von wo aus ich hören konnte, was in der Ratskammer gesprochen wurde. Die Verbindungstür stand offen.
Mortons Stimme erklang. »Euer königlicher Dichter, Bernard Andre, machte eine interessante Anmerkung beim Bankett des französischen Botschafters, Sire.«
»Erinnern Sie mich noch einmal, welche das war!«, bat Henry.
Margaret Beaufort antwortete anstelle von Morton: »Er wiederholte, was man bei Hof bereits weiß. Margaret of York verbringt ihre Tage damit, neue Ungeheuerlichkeiten zu ersinnen,mit denen sie dir schaden kann. Sie ist wie Juno, die Aeneas mit Seestürmen traktiert.«
»Alter Groll stirbt nie; der Zorn einer Frau währt ewig«, zitierte Morton.
»Du weißt, dass sie im ganzen Land fortwährend über deine Herkunft reden, nicht wahr, mein Sohn? Morton schlug vor einiger Zeit bereits vor, wie wir sie dazu bringen, die zu vergessen, und ich stimme ihm zu.«
Nach dieser Eröffnung redete Morton weiter: »Sire, wir haben kürzlich schon darüber gesprochen: Ihr müsst eine königliche Abstammung vorweisen, die sich nicht nur bis zu dem großen König Artus zurückverfolgen lässt, sondern bis zu Brutus von Troja, der Britannien in der Frühgeschichte regierte. Und von dort, wenn ich Euch noch einmal erinnern darf, könnt Ihr den Bogen spannen bis hin zu seinem Vorfahren, Aeneas.«
»Ihr wisst, die Idee gefällt mir, Morton, doch lässt sich solch eine Geschichte wirklich glaubwürdig unters breite Volk streuen? Die Leute wissen noch, dass mein ...«
Er beendete den Satz nicht, doch ich wusste, was er sagen wollte: Die Leute wissen noch, dass mein Großvater ein Kammerdiener und sein Vater ein gesuchter Schuldner und Mörder war.
»Die Leute haben ein kurzes Gedächtnis, Sire, wie Kinder. Was man ihnen gegenüber oft genug wiederholt, das glauben sie, besonders wenn es vom Rohrstock begleitet wird. Darf ich offen sprechen, mein Gebieter?«
»Nur zu, Morton!«
»Jagt dem Volk endlich Angst ein, und es wird nicht wagen, Euch zu widersprechen, so haarsträubend die Lüge auch sein mag.«
Im Geiste sah ich Morton, wie er Henry sein schiefes Lächeln präsentierte.
Henry lachte leise. »Fürwahr, das ist eine glänzende Idee,höchst verlockend.« Dann ging er durch den Raum zu seinem Schreibtisch, und ich sah ihn.
»Mylady, welcher Fügung verdanke ich dieses Vergnügen?«, fragte er.
»Ich fürchte, du wirst nicht vergnüglich finden, worum ich dich zu bitten gekommen bin.«
Er stieß einen langen Seufzer aus.
~
Bald danach berief Henry einen Rat in Sheen ein und entließ den wahren Warwick aus dem Tower. Der süße Edward war nun zwölf Jahre alt und hatte seit Bosworth keinen Tag mehr in Freiheit erlebt. Henry zog mit ihm durch die Londoner Straßen, um zu beweisen, dass Lincolns Behauptung falsch war. Und er befahl John de Vere, Earl of Oxford, und Jasper Tudor, Duke of Bedford, alles für die Invasion vorzubereiten. Anschließend begab er sich auf einen Ritt durch Essex, Suffolk und Norwich, um das Land zu sichern, und in Begleitung von Morton nach Coventry. Auf dem Weg verlas Morton eine päpstliche Bulle, der zufolge den Rebellen ein Kirchenbann und Exkommunikation drohten. Hierfür hatte Henry dem Papst eine große Geldsumme gezahlt. Wieder einmal war es Mortons Idee gewesen, die er im Sonnenzimmer gesponnen hatte, während ich Harfe spielte und sie sich bei einem Kartenspiel unterhielten. Es war der Abend meines Geburtstags gewesen.
»Was wir brauchen, ist eine päpstliche Bulle, die Euer Recht auf die Krone bestätigt und
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