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Elke, der Schlingel

Elke, der Schlingel

Titel: Elke, der Schlingel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Gündel
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sie Gutes über sich hört!“
    Elke sah wirklich geradezu brummig
aus, sie wäre anscheinend am liebsten aus dem Zimmer gelaufen.
    Der Direktor trat neben ihren Platz
und sah lachend über die Klasse weg. „Elke hat mir vorhin unten in meinem
Amtszimmer von dem Bild an der Wandtafel dort erzählt. Ich muß sagen, es ist
ein schauderhaftes Bild, aber ich glaube, wer einer Kameradin so tapfer
beisteht, wie Elke das getan hat, der darf auch ruhig mal ein schauderhaftes
Bild an die Tafel malen. Nicht wahr, Fräulein Samtleben?“
    Die Lehrerin stand am Fenster und
nickte ernst. Sie hätte viel darum gegeben, wenn sie vorhin nicht gar so
schlimm mit Elke gescholten hätte. Elke war eine der ihr liebsten Schülerinnen,
aber gerade deshalb hatte es sie so sehr geärgert, daß Elke das scheußliche
Bild gemalt hatte.
    Schon während der ganzen letzten fünf
Minuten hatte es in den Heizungsröhren stark geknackt und gebrodelt. Jetzt gab
es mit einemmal einen lauten Knall.
    „Was ist denn das!“ rief der Direktor
und verließ im selben Augenblick das Klassenzimmer.
    Einige Minuten später klingelte es
laut und anhaltend durch die ganze Schule. Es klingelte wie im Sommer, wenn es
hitzefrei gab. Was hatte das Klingeln zu bedeuten?
    Es bedeutete für die Kinder etwas ganz
Wunderbares: Die Schule wurde für drei Tage geschlossen, weil eines der
Hauptrohre der Dampfheizung geplatzt war.
    Hurra! Hurra!
    Drei Tage unerwartet schulfrei! Gab es
etwas Herrlicheres? Die ganze Schule war in einem Freudenrausch. Und die Sexta natürlich
auch. Mochte es noch so spannend und aufregend und großartig gewesen sein, was
sie eben in der Schule alles erlebt hatte — jetzt hatte es „schulfrei“
geläutet, und dagegen verblaßte alles andere.
    Fräulein Samtleben hätte gerne noch
ein paar Worte mit Elke gesprochen, aber Elke und ihre Freundin Katje waren so
aufgeregt vor Freude über die unerwarteten Ferientage, daß es kaum angebracht
war, jetzt auf die Geschichte mit dem Bild zurückzukommen.
    Elke machte einen artigen Knicks, als
sie sich von der Lehrerin verabschiedete, und ihre Augen sagten: Ich hab’s
nicht so gemeint. Ich hab’ Sie nicht verhöhnen wollen, ich hab’ nur einen Spaß
machen wollen. Aber nur ihre Augen sagten das. Dann wandte sie sich wieder
lachend Katje zu.
    „Was haben denn die beiden vor?“
fragte die Lehrerin hinter Elke und Katje her eine andere Schülerin.
    „Elke darf Katje vielleicht drei Tage
besuchen!“ lautete die Antwort.
     
     
     
    Drittes Kapitel

BEI DER FREUNDIN KATJE
     
    Elke stand in ihrem Schlafzimmer über
die oberste Schieblade ihrer Wäschekommode gebeugt und hatte zwei nachdenkliche
Falten über der Nase. Sie überlegte, welchen Schlafanzug sie auf ihren
dreitägigen Besuch bei Katje und ihrer Mutter am besten mitnahm. Den hellgrünen
mit dem großen weißen Kragen mochte sie am liebsten, aber der rosa mit den
aufgenähten Seidenschnüren war auch hübsch, außerdem hielt er besser warm, es
war heute so kalt geworden.
    Nein, das richtigste war wohl, sie
nahm alle beide mit. Fertig, ‘rein in den Koffer! Nun kamen die Strümpfe an die
Reihe!
    Rechts neben der Kommode lag auf einem
Stuhl ein ziemlich großer offenstehender Koffer, der schon bis zur Hälfte
gefüllt war und der genügt hätte, wenn Elke nicht drei Tage, sondern drei
Wochen, und nicht in einen anderen Stadtteil, sondern wer weiß wohin hätte
verreisen wollen.
    Die Freundin Katje stand mit dem
Rücken gegen die warme Heizung gelehnt und sah Elke bei ihrem Packen zu. Hin
und wieder sagte sie ein paar Worte, meistens hatte Elke sie dann etwas
gefragt.
    Katje stand und bewunderte in ihrem
Herzen das hübsche Zimmer, das Elke hatte. Sie mußte es immer wieder bewundern,
sooft sie es sah. So gut gefielen ihr darin die elfenbeinfarbenen
Schleiflackmöbel, das breite Fenster mit den rosageblümten Vorhängen und die
hellblaue Tapete, die eine richtige Vergißmeinnichtfarbe hatte.
    Ach, wenn sie damit verglich, wie bei
ihnen zu Hause alles war! Es war alles lange, lange nicht so hübsch, und ihre
ganze Wohnung war sicher nicht größer als bei Tad-sens das Eßzimmer und das
Wohnzimmer zusammen.
    Aber die Mutter konnte eben keine
größere Wohnung bezahlen. Ja, wenn Vater nicht im Krieg gefallen wäre, dann
wäre heute alles anders! Aber so war die Mutter froh, daß sie überhaupt „ein
Dach überm Kopf“ hatten, wie sie oft sagte. Und es war ein Glück, daß Mutter
gute Stellen hatte, wo sie als Hausschneiderin arbeiten konnte,

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