Elke im Seewind
Mädel in der Diele der „Windmühle“. „Warum kommst du so spät?“ wird sie bestürmt.
Sie zuckt gleichmütig die Achseln. „Ich hatte keine Lust eher. Außerdem kommt mein Tanz ja doch erst ziemlich am Schluß dran.“
Lotti entdeckt jetzt Taps, den Eisbären. Wo kommt Tapsel denn plötzlich wieder her? Er hat die ganze letzte Zeit doch immer bloß angekettet gelegen und durfte nicht fort, hat Elke gesagt.
Ja, das ist nun fast ein kleiner Roman, den Lotti da zu hören bekommt. Taps gehört dem „lächelnden Mond“ jetzt gar nicht mehr. Er gehört jetzt dem Milchmann und trinkt sich jetzt jeden Tag dick und dumm an Milch, er mag so furchtbar gerne Milch. Die Milchmannsleute verwöhnen ihn sehr. Sie haben ihn schon lange gern haben wollen, als ihr alter Hund gestorben war, aber Frau Meier wollte ihn nicht weggeben, Taps sollte ihr Haus bewachen. Aber nun braucht sie keinen Hund mehr, sie hat ihr Haus verkauft.
„Nein, nun erzähl du weiter, Fietje“, sagt Elke, die bisher diesen Bericht gegeben hat.
Fietje stellt sich breitspurig hin, steckt die Hände in die Hosentasche und macht ein großartiges Gesicht: „Pech muß der Mensch haben“, sagt er grinsend. „Mein Vater ist doch Hausmakler, und als er neulich übers Wochenende hier war, kriegte er Wind davon, daß Frau Meier ihre Säulenvilla verkaufen will. Mein Vater will natürlich gleich hingehen und sich die Bude ansehen, und ich sag, ich geh mit. Also die Besichtigung geht los, und der lächelnde Mond führt uns überall rum. ,Na, wie gefällt dir denn das Haus?’ sagt mein Vater da zum Schluß zu mir, und ich denk: der lächelnde Mond ist gemein zu uns gewesen und hat Taps angekettet, daß er nicht mehr mit uns spielen kann, da bin ich auch gemein. Frech wie immer sag ich: ‚Bloß nicht so’n Haus! Die Zimmer alle so klein, und dann die verrückten Säulen am Eingang und bei den Fenstern!’ Mein Vater will sich totlachen, und die Meiersche wird krebsrot vor Wut. Als wir wieder weg sind, sagt mein Vater zu mir: ,Du, dich nehm ich immer mit, wenn ich Häuser beseh. Kindermund tut Wahrheit kund’, denken die Leute und werden bange, daß ihr Haus wirklich nichts taugt und machen viel weniger Schwierigkeiten.’ Mein Vater hat das Haus gekauft, und ich trau dem Alten zu, daß er es mindestens tausend Mark billiger gekriegt hat, als er eigentlich gedacht hat.“
„Das könnte dem lächelnden Mond durchaus nichts schaden“, sagt Elke höchst zufrieden und streichelt Tapsel seinen wuscheligen Nacken, Wie er das so gern hat. Ganz still steht das Tier und hält die Augen geschlossen.
Das unsichere, kühle, mit Regenschauern durchmischte Wetter hält an, und unseren Freunden wird klar, daß es mit dem Norddorfer Strandfest wohl eine Enttäuschung geben wird — wenigstens für sie, die Robinsonspieler. Das Chorsingen, das auf der Spielfolge steht, und die Volkstänze, die Begrüßungsreden und das Kaspertheater, das alles soll bei ungünstigem Wetter im Saal stattfinden, aber zu ihrem Robinson gehört ja unbedingt der Strand.
Trotzdem gibt Herr Knesebeck am Vortage des Strandfestes Bescheid an Elke, ihre Spielschar solle sich auf jeden Fall bereithalten. Der Wetterbericht für morgen sehe gar nicht schlecht aus.
Tatsächlich ist das Wetter des folgenden Tages — es ist ein Sonnabend, der letzte Feriensonnabend der Kinder — viel freundlicher, als es die ganze letzte Woche war, und mit zwei hochvoll beladenen Handwagen ziehen die Robinsonleute los nach Norddorf. An der damals bereits besichtigten Stelle des Strandes finden sie alles mit Fahnen und bunten Wimpeln geschmückt, ein Musikzelt ist aufgebaut, und Bänke werden herangeschleppt, damit wenigstens ein Teil der Zuschauer sitzen kann. Als die Robinsonkinder nun sofort anfangen möchten, die von Herrn Knesebeck vorgeschlagenen Berge und Wälle und Kuhlen für ihre Robinsonburg und für das Lager der Wilden herzustellen, wird ihnen gesagt, daß der Sand fürs erste noch eben bleiben muß, sonst stolpern die Kinder, die die Volkstänze aufführen sollen.
Wir wollen das Strandfest nicht ausführlich beschreiben. Es sind viele Leute gekommen, und sie haben alle eine Mark Eintritt bezahlt, die Kinder fünfzig Pfennig. Wenn Elke Zeit dazu hätte, würde sie sich wahrscheinlich schon schnell mal durchrechnen, wieviel Geld das im ganzen macht, aber sie hat keine Zeit dazu. Sie flitzt hierhin und dorthin, und es ist nur gut, daß Fräulein Brunkhorst überall mit einspringt, sonst wüßte Elke
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