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Elke im Seewind

Elke im Seewind

Titel: Elke im Seewind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Gündel
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bald überhaupt nicht mehr, wo ihr der Kopf steht. Fietje tut das seine, um die ganze Spielschar noch zappeliger zu machen, als sie sowieso schon ist. Ihn scheint das Ungewohnte sehr zu beeindrucken: die Fahnen und Wimpel, die anrückenden Musikanten, die Festordner, der heute feierlich in einen langen schwarzen Rock gekleidete Herr Knesebeck, die vielen Menschen — — „Kinnings, das sag’ ich euch!“ deklamiert Fietje. „Wir fallen rein mit Pauken und Trompeten. Wir hätten unsere Rollen ganz richtig auswendig lernen müssen, dann vielleicht, aber so —“ Der einzige, der sich Fietjes Unkereien zu einem Ohr hinein und zum anderen hinausgehen läßt, ist Michael. Er ist noch zu klein, um die tatsächlich vorhandenen Schwierigkeiten ermessen zu können, und außerdem ist er sehr begeistert von dem Robinsonstück.
    Die Kinder kleiden sich im Schutz des nahen Dünengeländes um. Das trockene Wetter gestattet das. Es ist auch gar nicht kalt heute.
    Das Robinsonspiel ist — von einem gemeinsamen Schlußlied abgesehen — die letzte Nummer der Spielfolge, und Fietje behält mit seiner Unkerei erfreulicherweise nicht recht. Nein, er behält durchaus nicht recht. Alle Beteiligten machen ihre Sache so wacker und spielen so natürlich, daß sie immer wieder lautes Beifallslachen und Händeklatschen ernten. Schon gleich zu Anfang, wo Familie Robinson patschnaß aus dem Wasser steigt, entsteht eine großartig vergnügte Stimmung. Die Zuschauer sitzen oder stehen in einem Halbkreis um das Stück Strand herum, das für die Vorführungen bestimmt ist. Den Hintergrund dieser Naturbühne bildet das dunkelblaue Meer mit seinen glitzerndweißen Brandungsstreifen und darüber die lichte blaue Glocke des Himmels.
    Die Zuschauer sind den aufführenden Kindern so nahe, daß sie wie bei einem Sportfest ihre anfeuernden Zwischenrufe machen, und mal sind es die Wilden, mal die Familie Robinson, die gute Ratschläge, gelegentlich aber auch aufstachelnde Reden zu hören bekommen. Michael ist ganz offenbar der Liebling des Publikums. Er spielt aber auch wirklich so reizend unbefangen, daß man seine helle Freude haben kann.
    Es kommt auch vor, daß Stimmen aus dem Publikum rufen: Lauter sprechen! Oder: Ihr dreht unserer Ecke immer gerade den Rücken zu! Aber das stört niemand. Die Stimmung ist so großartig, daß Zuschauer und Aufführende wie eine einzige frohe Gemeinschaft sind. Michael wird im Laufe des Spiels richtig übermütig. Er weiß genau, wie sehr es allen gefallen hat, als er geschlichen gekommen ist, um dem armen Freitag die Fesselung durchzuschneiden — als er Elkes kaputten roten Taschenschirm immer auf und zu geklappt hat, ach, und was es sonst noch alles war, worüber die Leute so lachten. Er weiß es und es feuert ihn an, feuert ihn schließlich so an, daß er einmal ganz unprogrammgemäß über seine im Sand hockende Robinsonmutter Elke Bockspringen macht und bald danach Piet-Robinson auf den Rücken hopst, damit der ihn ein bißchen Huckepack tragen soll. Worauf Piet ihn von sich abschüttelt und ganz laut anzischt: „Mensch, du bist wohl verrückt geworden!” Was einen wahren Begeisterungssturm bei den Zuschauern hervorruft, weil es so echt ist.
    Herr Knesebeck freut sich sehr über die angeregte Stimmung, in die seine Festgäste versetzt worden sind, und als praktischer Mann beschließt er, die gute Laune der Zuschauer noch zu einer Extragabe für die ihm anvertrauten blinden Kinder auszunutzen. Bald kreisen mehrere weiße Suppenteller durch die Reihen der Robinson-Zuschauer, und wenn Elke jetzt die Zeit hätte — sie hat sie natürlich wieder nicht —, das Wandern der Teller zu beobachten, würde ihr Herz sicher mehrere Male einen Freudensprung tun. In den Tellern landen nämlich nicht nur Zehnpfennigstücke, Fünfzigpfennigstücke, Ein- und Zweimarkscheine, sondern auch Fünfmarkscheine, ja sogar Zehnmarkscheine.
    Die von Elke ausgedachte Überraschung mit der Seifenwasser-Schlagsahne klappt vorzüglich. Sie wird damit eingeleitet, daß Piet-Robinson ein „Palaver an die hochgeehrten schwarzen Inselgenossen“ hält und dabei erklärt, daß sie köstliche Speise, Schlagsahne genannt, mitgebracht hätten. Zum Zeichen der Freundschaft wollen sie sich jetzt alle im Kreise aufstellen, die Muscheln mit Schlagsahne mit beiden ausgestreckten Armen langsam bis zur Mundhöhe heben und dann eins — zwei — drei — die Muschel rasch zum Munde führen und ausschlürfen. Wie das dann auch gemacht wird.
    Die armen

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