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Elke im Seewind

Elke im Seewind

Titel: Elke im Seewind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Gündel
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„Ja, solche schwarzen Flügeldecken haben die bei uns nicht. Die haben hellgraue Flügel.“
    Ein alter Herr mischt sich in die Unterhaltung der Mädel und erklärt ihnen, daß es sehr viele verschiedene Arten von Möwen gibt. Die großen hier — die mit den schwarz-grauen Flügeldecken — sind Heringsmöwen. Es sind die größten von allen Möwen, die es bei uns gibt, und sie erreichen manchmal die Größe von Gänsen. Die Möwen mit den silbergrauen Flügeln sind Silbermöwen. Sie sind kleiner als die Heringsmöwen, aber auch noch sehr stattliche Tiere. Die Möwe dort ganz rechts jetzt, die mit dem schwarzen Kopf — das ist eine Lachmöwe. Ihr Schreien hört sich ähnlich an wie ein lachendes Hahaha.
    Leider tut keine von den beiden mit dem Schiff fliegenden Lachmöwen den Mädeln den Gefallen, einmal zu lachen.
    Die flachen, grünen Inseln Neuwerk und Scharhörn gleiten jetzt an der linken Schiffsseite — an Backbord, wie man sagt — vorüber. Scharhörn ist eine Vogelschutzinsel, berichtet der alte Herr, und von Menschen unbewohnt. Aber den ganzen Sommer über ist ein Wächter auf der Insel, der darauf aufpaßt, daß die brütenden Seevögel nicht gestört werden.
    Auf Neuwerk sieht man eine ganze Menge Häuser. Sie sind von Wiesen und Kornfeldern umgeben, und viele Kühe grasen auf den Weiden. Das Wahrzeichen Neuwerks ist der vierkantige, klotzige Leuchtturm, der schon sechshundert Jahre alt ist und seitdem die Einfahrt in die Elbe kennzeichnet. Bevor er da war, machten berüchtigte Seeräuber, die auf Neuwerk und Scharhörn ihren Unterschlupf hatten, die Schiffahrt unsicher. Wer kennt nicht die Seeräubernamen Klaus Störtebecker und Godecke Michels!
    Eine Weile später kann man vom und hinten, rechts und links vom Schiff Ausschau halten — nirgends erblickt man noch Land. Selbst die schmalen, grauen Küstenstreifen von Schleswig-Holstein, die man noch so lange sehen konnte, sind verschwunden. Dunkelgrün, unermeßlich weit und von blitzendweißen Schaumkämmen übersät, breitet sich das Meer.
    Katje bringt jetzt die Rede auf die beiden anderen Mädel. Wo stecken sie nur? Haben sie gar keine Lust, sich hier vorne auch ein bißchen mit durchschaukeln zu lassen?
    Ein Matrose kommt heran. „Hinten ist alles seekrank’, lacht er.
    Ob Lotti und Ruth auch seekrank sind? denkt Katje. Ruth war schon die ganze Zeit so blaß.
    Aber dann stellt sich heraus, daß es nur Lotti erwischt hat. Ruth ist wohlauf. Die arme Lotti liegt, von Frau Schwarz festgehalten, über die Reling gebeugt und muß furchtbar brechen. Es ist ein kläglicher Anblick. Denkt Elke, die sie so sieht, jetzt daran, daß Lotti vor wenigen Stunden Anstoß an dem Anblick des Blinden nahm? Vielleicht. Aber anmerken läßt sie es sich nicht.
    Als Helgoland rot aus dem Meere auftaucht, freuen sich über den prächtigen Anblick alle, denen das stürmische Wetter dazu noch genug Lebensmut übrig ließ. Rot leuchten die steilen Felswände, weiß strahlen der Strand und die vielen hellen Häuser des Unterlandes, und vom höchsten Teil der Insel, dem Oberland, ragt der riesenhohe Leuchtturm in die dunkelblaue Luft 1 .

    Es dauert gar nicht lange, da stoppt das Schiff ab. Wer in Helgoland aussteigen will, muß sich bereit machen.
    Aber nun ist es so, daß in Helgoland keine Anlegebrücke vorhanden ist. Die Reisenden müssen aus dem großen Schiff in Boote umsteigen und werden in diesen Booten nach der Insel hinübergefahren. Eine durchaus nette Angelegenheit, wenn die See ruhig ist. Heute aber, wo der kräftige Wind hohe Wellenberge und tiefe Wellentäler übers ganze weite Wasser hingezaubert hat, sieht sich die Sache weniger gemütlich an. Elke, Katje und Ruth laufen hin zu der Stelle des Schiffes, wo die Leute, die nach Helgoland wollen, ausgebootet werden sollen. Sie sind auf die Lehne einer Bank geklettert und können alles gut sehen. Zwei eiserne Türen in der Schiffswand werden von Matrosen geöffnet. Draußen auf dem Wasser schaukeln eine ganze Menge kleiner Motorboote. In diese Boote sollen die Helgolandreisenden einsteigen. Ein Boot liegt schon dicht an der Bordwand, steigt und sinkt aber dauernd wegen des hohen Seegangs. Ein paar Kinder fangen an zu weinen. Nein, sie haben Angst, sie wollen in diese kippeligen Boote nicht hinein.
    Schließlich werden die Matrosen, die beim Umsteigen helfen müssen, energisch. „Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!“ deklamiert einer. Schon hat er eine sich kräftig wehrende junge Frau gepackt und

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