Elke und ihr Garten
Fränzi wirtschafteten in der kleinen Küche des Tirolerhäuschens herum
und ordneten Berge von Kuchen und kochten auf einem Spiritusbrenner
Kaffeewasser, vielmehr warteten sie darauf, daß es kochen sollte. Es war zum
Ausderhautfahren! Das Wasser fing und fing nicht an zu singen! Aber Elke hatte
es ja nicht anders gewollt, als daß hier in ihrer eigenen Küche der Kaffee
gemacht werden sollte. Sie hatte auch den großen Napfkuchen, der soeben
aufgeschnitten worden war, allein gebacken, ziemlich allein wenigstens!
Doktor Falkner saß mit seiner Ziehharmonika
auf der Bank vorm Häuschen. Elke und Fränzi hatten sein Kommen nicht bemerkt.
Er wußte das aber nicht und dachte sich deshalb nichts dabei, daß ihre
Unterhaltung bis zu ihm hindrang.
„Du wirst sehen, wir werden nicht zur
Zeit fertig!“ hörte er Fränzi vorwurfsvoll sagen.
„Das konnte ich nicht vorher wissen,
daß der dummerhaftige Kocher so langsam machen würde!“ erwiderte Elke.
„Dummerhaftiger Kocher ist gut!“
lachte Fränzi. „Ich hab’ dir vorher gesagt, daß die Flamme zu klein ist.“
„Also bin ich selber die
Dummerhaftige, meinst du! Auch gut. Ich bin lange der Meinung, daß es bald
keine Dümmere geben kann als mich. Wie hab’ ich mich damals gefreut, als Ulf
anrief. Und dabei hätte ich mir sagen können —, ach, ich Esel!“
„Ich versteh’ dich nicht. Wann hat
dein Bruder angerufen?“
„Nun, damals doch—. Ach nein, es ist
ja alles Unsinn.“
„Aus deinen Andeutungen werd’ ich
nicht schlau!“
„Brauchst du auch nicht!“
„Früher hast du mir immer alles
erzählt!“ sagte Fränzi etwas gekränkt. „Meinst du vielleicht, weil deine
Schwester Anke und der Doktor immer soviel zusammen sind?“
Falkner hielt es für besser, jetzt
anzufangen, auf der Ziehharmonika zu spielen.
Da kam außerdem ja auch schon der
erste Gast.
Falkner setzte mit dem Spiel ein. Er
hatte sich vorgenommen, jeden einzelnen Besucher mit einem besonderen Lied zu
begrüßen. Als Elke jetzt in der Tür ihres Häuschens erschien und schnell den
weißen Kittel von ihrem hellgrünen Kleid abzog, fragte er sie, wer das junge
Mädchen wäre, das vom Wohnhause her den Gartenweg herunterkäme.
„Das ist Kiki, meine Mitschülerin Lore
Lütjens!“ gab Elke Auskunft und ging der Kameradin entgegen.
„Von allen den Mädchen so blink und so
blank gefällt mir am besten die Lore!“ begann der Doktor zu spielen.
Kiki fühlte sich ungeheuer
geschmeichelt und flüsterte Elke gleich nach der Begrüßung zu, daß Falkner
wirklich fabelhaft aussehe. Eigentlich noch besser als Ulf!
Nun erschien auch Achim, und er wurde
mit einer sehr hübschen musikalischen Untermalung der Singreime „Hoppe, hoppe
Reiter, wenn er fällt, dann schreit er“ begrüßt. Er lachte.
Als nächste kam Katje. Doktor Falkner
hatte schon in Hamburg Gelegenheit gehabt, sie kennenzulernen, und das stille,
ernste Mädchen gefiel ihm gut. Ihrer Freundschaft mit Elke zu Ehren spielte er
jetzt: „Ein getreues Herz zu wissen, hat des höchsten Schatzes Preis •—
„Oh, danke vielmals!“ sagte Katje
erfreut, und Elke legte ihren Arm in den der Freundin, wie um zu sagen: „Ja,
wir beide gehören zusammen.“ Und sie sang laut die Schlußworte mit: — — „denn
ich weiß ein treues Herz!“
Achim dachte jetzt: „Und bei mir hat
der Doktor nur solch albernes Kleinkinderlied gespielt!“
Nun erschienen die Nachbarskinder Both
auf der Bildfläche. Den beiden älteren Schwestern voran trabte der pausbäckige,
dreijährige Gerd.
„Hänschen klein — geht allein — in die
weite Welt hinein“, sang Falkners Ziehharmonika.
Helga setzte sich schnell neben den
Doktor auf die Bank.
„Mädel, ruck, ruck, ruck an meine
grüne Seite —“, wurde sie daraufhin angespielt.
„Mantsche heißt eigentlich
Marie-Anne“, sagte Elke zu Doktor Falkner, als er einen kurzen Augenblick lang
zu überlegen schien, welches Lied er jetzt spielen sollte,
„Ännchen von Tharau ist’s, die mir
gefällt!“ erklang es nun.
Kiki, die sich anfangs eingebildet
oder die mindestens gehofft hatte, daß sie die einzige bleiben würde, die von
Doktor Falkner mit einem Lied begrüßt wurde, in dem etwas von „Am besten
gefallen“ vorkam, blickte enttäuscht. Ach so, er hatte gar nicht ernst gemeint,
was er gespielt hatte.
Jetzt kam Jens. Er war wie immer sehr
gepflegt angezogen. Tadellose Bügelfalten in den hellgrauen Beinkleidern,
fabelhaftes, lichtblaues Oberhemd, ein Gedicht von einer
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