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Elke und ihr Garten

Elke und ihr Garten

Titel: Elke und ihr Garten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Emma Gündel
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leise, doch allmählich so laut und klar, wie die frohen
Melodien, die ihm in den Sinn kamen, es verlangten.
    Ob Elke ihn wohl spielen hörte?
Natürlich hörte sie ihn spielen! Sie mußte ihn hören, denn sie arbeitete ja in
ihrem Gartenland. Warum kam sie nicht, um sich wie damals in Tirol von ihm die
Lieder Vorspielen zu lassen, die sie gern hatte?
    Oh, das dumme kleine Mädelchen! Als
wenn er daran, daß sie der überraschenden Musik im Garten fernblieb, nicht ohne
weiteres erkannte, daß s i e die Ziehharmonika für ihn auf die Bank gelegt
hatte.
    Er war jetzt nur neugierig, wie lange
sie ihn spielen ließ, ohne sich um sein Spiel zu kümmern.
    Er spielte und wartete und wartete und
spielte. Aber Elke kam nicht.
    Achim machte an diesem Vormittag einen
Waldritt mit jungen Leuten, die er im Hemmelwarder Reitstall kennengelernt
hatte, sonst wäre er wohl gekommen. Elke aber kam nicht.
    Natürlich war sie es gewesen, die die
Ziehharmonika für Doktor Falkner auf die Bank gelegt hatte. Sie sagte sich
auch, daß er schnell erraten würde, woher sie stammte. Aber sie wünschte sich,
daß er es nicht erraten möchte. Wirklich, das wünschte sie sich, denn sie —, ja
kurz herausgesagt, sie fand, daß Doktor Falkner es überhaupt nicht verdiente,
daß sie eine Ziehharmonika für ihn ausgeliehen hatte. Er tat ja immer gerade
so, als wenn nicht sie, sondern Anke damals mit in Tirol gewesen wäre. Anke,
immer nur Anke hieß es bei ihm. Und Anke konnte sich jetzt auch auf einmal
immer so viel Urlaub verschaffen, wie sie nur haben wollte! Natürlich, Anke und
Doktor Falkner paßten gut zueinander. Aber deshalb brauchte er sie doch nicht
als Luft zu behandeln! Nein, das war nicht wahr — als Luft behandelte er sie
nicht gerade, aber schließlich war man als Fünfzehnjährige ja auch kein ganz
kleines Kind mehr!
    Elke zupfte, auf den Knien hockend,
mit einer solchen Entschlossenheit das wuchernde Gras aus ihrem Rosenbeet, daß
jeder, der sie genauer kannte, hätte merken können, daß sie sich einen
richtigen kleinen Zorn vom Herzen herunterzuarbeiten wünschte.
    Ob Doktor Falkner sie auch schon so
genau kannte, mag dahingestellt bleiben. Jedenfalls stand er plötzlich hinter
ihr und sagte lachend: „Das arme Gras!“
    „Nein, wie hab’ ich mich erschrocken!“
Elke hielt mit ihrer Arbeit inne.
    „Das tut mir leid. Aber der Gedanke,
daß Sie meine Schritte nicht bemerkt haben könnten, ist mir nicht gekommen“,
antwortete Falkner bedauernd.
    Elke dachte: „Ihnen kommen leider
viele Gedanken nicht!“
    Falkner fuhr fort: „Ich nehme an, daß
Sie es gewesen sind, die die Ziehharmonika für mich auf die Graufichtenbank
gelegt haben.“
    Elke fragte nicht: „Auf welche
Graufichtenbank?“ Sie sagte auch nicht: „Wir nennen die Bank, die Sie meinen,
die Syringenbank.“ Sie hatte genau im Gefühl, daß dem Doktor die alte, an der
Spitze verkrümmte Fichte von allen Bäumen des Gartens am liebsten war, und daß
er deshalb von der Graufichtenbank sprach.
    Elke rupfte ihr Gras weiter und gab
sich den Anschein, als wenn die Sache mit der Harmonika das Unwesentlichste auf
der ganzen Welt sei.
    „Ich danke Ihnen herzlich!“ sagte
Doktor Falkner.
    „Bitte!“ antwortete Elke sachlich,
ohne von ihrer Arbeit aufzusehen. „Meine Freundin Mantsche wußte, wo man eine
Ziehharmonika leihen konnte. Es ist hier bei uns doch so langweilig für Sie,
wenn Sie gar nicht mal ein bißchen spielen können!“
    „Langweilig? Warum meinen Sie, daß es
langweilig für mich sein könnte?“ fragte Falkner erstaunt.
    Elke hätte Lust gehabt zu antworten:
„Weil Anke auch ab und zu mal in ihrem Krankenhaus sein muß!“ Aber sie sagte:
„Ich meinte nur so —.“
    Noch immer sah Elke nicht von ihrer
Arbeit auf. Zwei tiefe Falten standen jetzt zwischen ihren Augen. Ihre
Rupfbewegungen waren hastig.

    Falkner sagte freundlich: „Ich finde,
Sie könnten jetzt endlich einmal mit Ihrem Jäten aufhören.“
    Elke arbeitete weiter.
    „Es ist mein Ernst! Sie sollten jetzt
aufhören“, sagte der Doktor, fast ein bißchen energisch.
    Elke erhob sich und spreizte ihre
erdig gewordenen Hände vor sich aus. Dabei sagte sie, plötzlich spöttisch
lachend: „Zuerst hab’ ich mich immer so angestellt mit meinen Händen und hab’
nur mit Handschuhen gearbeitet, aber jetzt ist es mir einerlei, wie sie
aussehen! Wirklich ganz einerlei!“ Sie machte ein gewollt erhabenes Gesicht.
    Doktor Falkner schüttelte unwillig den
Kopf. „Es ist Ihnen doch gar nicht

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