Elke und ihr Garten
einerlei, wie Ihre Hände aussehen“, sagte
er, „warum wollen Sie mir das weismachen?“
Elke war dem Weinen nahe. Sie wußte
sich nicht anders zu helfen, als daß sie sich plötzlich umdrehte und davonlief,
dem Wohnhause zu.
Doktor Falkner setzte sich auf die
Bank vor ihrem Tirolerhäuschen und beobachtete ein Rotkehlchen, das von
Rosenbusch zu Rosenbusch flatterte und überall aus den Blattwinkeln Insekten
herauspickte.
„Was hat Elke nur?” dachte er. „Habe
ich sie durch irgend etwas gekränkt?” Er war sich
keiner Schuld bewußt, aber junge Mädchen waren ja oft so rätselhaft
empfindlich. „Sonderbar”, dachte er weiter, „sie hat doch die Harmonika für
mich besorgt, sie hat sie auf die Bank vor der Wetterfichte gelegt, die ich so
gern hab’, als wenn sie gefühlt hätte, daß der alte Baum wie ein Stück Heimat
für mich ist —.”
Wenige Minuten später kam Elke vom
Hause zurück. Ihre Hände waren frisch gebürstet und sorgfältig mit Hautkrem
eingerieben — Falkner merkte es an einem leichten Duft.
„Mutti läßt zum Frühstück bitten”,
sagte sie und schien jetzt wieder friedlicherer Stimmung zu sein.
Falkner erhob sich und ging mit ihr
den von hochstämmigen Rosen eingefaßten Weg hinunter, der zu der Terrasse an
der Rückseite des Hauses führte.
„Was für Schätze Ihr großer Garten
hat!” sagte Falkner. „Hier blühen nun so viele Rosen, und die einzelnen Blüten
werden wohl kaum jemals angesehen! Darf ich mir eine Rose abpflücken?”
„Natürlich! Viele, wenn Sie wollen.
Soll ich eine Schere holen?“
„Nein, ich danke, ich brauche keine
Schere. Diese Rose hier, die ich pflücken möchte, hat einen ganz dünnen
Stengel.“
Schon hielt Falkner eine lichtgelbe,
halboffene Rosenblüte in der Hand und machte Elke auf ihr schönes dunkelrosiges
Herz aufmerksam.
„Ja, herrlich!“ sagte Elke und wollte
weitergehen.
Aber da hielt Doktor Falkner sie an
dem einen Kragenzipfel ihres Halsausschnittes fest und steckte ihr die Rose
hinter die silberne Nadel, die den Kragen abschloß.
„Wohl wegen der Harmonika ,“ sagte Elke gleichmütig.
„Auch!“, antwortete der Doktor.
„Wieso auch?“
„Wir sind doch alte Bergkameraden!“
„Ich dachte, das hätten Sie längst
vergessen!“
„Sie scheinen manchmal etwas zu
denken, was nicht stimmt.“ Falkner lächelte.
Aber da kam Frau Tadsen von der
Terrassentr^noe herab den beiden entgegen, und Elke verzichtete darauf, sich zu
rechtfertigen. Und das war auch ebenso gut, sonst hätte der arme Doktor Falkner
es vielleicht noch in die Schuhe geschoben bekommen, daß sie ab und zu
ungnädiger Laune war!
Am Sonntag danach hatte Elke
Freundinnenbesuch. Kiki Lütjens, die von der Ferienreise mit ihren Eltern schon
wieder zurück war, hatte in Erfahrung gebracht, daß Elkes „berühmter Doktor
Falkner“ in Hemmelwarde war, und den mußte sie unbedingt kennenlernen! Sie rief
bei Elke an und schlug ein „Sommerfest“ im Tirolerhäuschen vor. Elke hielt kurz
Rücksprache mit ihrer Mutter, und das Ergebnis war, daß den jungen Mädchen das
Sommerfest bewilligt wurde.
Lore Lütjens, genannt Kiki, Ilse
Harder, genannt Floh, Katje, Marie-Anne Both von nebenan mit ihren Geschwistern
Helga und Gerd, das waren die geladenen Gäste. Dazu kamen die, die an dem
Sonntag im Hause Tadsen anwesend waren: Erstens Achim natürlich, dann Ulf und
vielleicht auch Doktor Falkner, falls Anke nicht etwas anderes mit ihm zu
unternehmen wünschte, und vielleicht Jens. Jens und Falkner kannten einander
noch gar nicht. Sie könnten übrigens miteinander ein Tennisturnier ausfechten,
dachte Elke. Ja, wirklich, das könnten sie. Das war ein guter Gedanke! Es würde
wohl überhaupt vorteilhaft sein, eine Art fester Spielfolge für das Sommerfest
aufzustellen. Erstens Begrüßung der Gäste, zweitens Kaffeetrinken, drittens
Tanz auf grünem Rasen, viertens großes Tennisturnier und so weiter. Wenn Anke
dann mit anderen Wünschen für den Sonntag kam, mußte Doktor Falkner in
Hemmelwarde bleiben, weil der ganze Festplan nicht umgestoßen werden konnte!
Falkner war einverstanden mit Elkes
Plänen. Er würde selbstverständlich gern sein Teil dazu beitragen, ihre Gäste
zu unterhalten, sagte er. Vor allem wollte er die nötige Musik liefern; gut,
daß die Ziehharmonika vorhanden sei. Er war übrigens nett und redete immer nur
vom „Sommerfest“ und sagte niemals „Kindervergnügen“, wie Anke das tat.
Und nun war der Sonntagnachmittag da.
Elke und
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