Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Elke versteht das

Titel: Elke versteht das Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
Vom Netzwerk:
darauf ist, dass wir alle füreinander Verantwortung tragen?«
    Doch Elke schaute sehr entschlossen. »Das nächste Mal machst du sie platt, ist das klar?!«
    Schmalenbach hoffte, dass es kein nächstes Mal gab. Oder dass Puck, wenn sie denn wieder ihren Weg nach Hause finden sollte,
     sich ruhig verhielt und Elke nicht noch mehr reizte.
    Doch Puck kam nicht mehr. Auch Fliegen haben ihren Stolz.
    »Es ist sehr still geworden, seit Puck weg ist«, sagte Schmalenbach.
    Elke schaute irritiert von ihrer Lektüre auf. »Möchtest du vielleicht, dass wir uns ein Meerschweinchen zulegen? Dann bringst
     du es aber zum Einschläfern, wenn wir im Sommer nach Mallorca fliegen.«
    Frauen haben eben kein Gespür für die großen Züge der Evolution, dachte Schmalenbach noch. Und er nahm sich fest vor, sich
     einen Bernhardiner anzuschaffen. Aber erst dann, wenn Elke mal nicht mehr war.

DER TOD
    Manchmal überfiel Elke Schmalenbach geradezu. Zum Beispiel kürzlich. »Hast du eigentlich alles für den Fall deines Todes geregelt?«
    Schmalenbach war erst einmal platt.
    »Du bist keine zwanzig mehr«, fuhr sie fort.
    »Du auch nicht.« Vielleicht hätte er das nicht sagen sollen. Elke machte die Sache nämlich zu einer Haupt- und Staatsaktion:
     »Ich darf gar nicht daran denken, was mich alles erwartet. Dabei sind wir nicht einmal verheiratet.«
    »Meinst du, wenn wir verheiratet wären, würde ich länger leben?«
    Bei Elke bewirkte man mit solchen Suggestivfragen nichts. Oder noch schlimmer: das Gegenteil. »Ich zum Beispiel möchte eine
     Seebestattung«, erklärte sie nun entschlossen.
    Danach herrschte langes Schweigen.
    »Eine Seebestattung. Aha. Und was versprichst du dir davon?«
    Auch das war keine kluge Wendung des Gespräches. »Und was versprichst du dir davon, dass du alles laufen lässt?«, fauchte
     sie. »Dass du irgendwo auf dem Gehwegdes Hauptfriedhofes eingeebnet wirst, weil niemand sich für dich verantwortlich fühlt – außer deiner Mutter? Und die hört
     das Telefon nicht oder geht nicht ran, selbst wenn es der Oberbürgermeister der Stadt Frankfurt wäre.«
    Schmalenbach konnte Elke ja schlecht sagen, dass er auch mit dieser Lösung zufrieden wäre. Was sollte er sich den Kopf zerbrechen
     über den Verbleib seiner sterblichen Hülle? Die meisten Religionen messen dem Körperlichen nach dem Hinscheiden wenig Bedeutung
     bei. Schmalenbach als weitgehend gefestigter Agnostiker sah jedenfalls keinen Anlass, sich jetzt schon um die Modalitäten
     seiner Bestattung zu kümmern. In seinem Alter. Er stand in der Blüte seiner Jahre.
    »Ich verstehe dich nicht«, leierte Elke. »So nachlässig mit dem Tod umzugehen. In deinem Alter. Du stehst im Herbst des Lebens.«
    Schmalenbach lachte glockenhell und falsch. »Der eine sagt, die Flasche ist halb leer, der andere sagt, sie ist halb voll.«
    »Es ist typisch für dich, dass du selbst in diesem Zusammenhang an Alkohol denkst.«
    »Ich habe nicht gesagt, sie ist halb voll mit Grappa oder mit Chardonnay. Ich habe ganz neutral von einer Flasche gesprochen«,
     protestierte Schmalenbach.
    »Ich glaube, du hast schon richtig assoziiert. Das Unterbewusstsein ist ehrlicher als das Bewusstsein. Und dein Unterbewusstsein
     sagt dir, dass du nicht mehr lange zu leben hast – angesichts des Alkoholkonsums, auf den du dich eingepegelt hast.«
    Das war gemein. Wo Elke doch auch gerne ein, zwei Gläser Wein am Abend trank. Aber Schmalenbach dachtenicht daran, auf diese Provokation einzugehen. Letzten Endes wollte sie etwas von ihm – und nicht umgekehrt.
    Seine stoische Haltung zeigte schnell Wirkung. Elke fing an zu schniefen. »Ich habe doch nichts in der Hand. Rein gar nichts.
     Ich darf dich nicht einmal im Krankenhaus besuchen, wenn du im Koma liegst.«
    »Wenn ich im Koma liege, ist es mir egal, ob ich Besuch bekomme oder nicht«, sagte er mutig. Sicher, das war etwas dickfellig
     – und Elke brach nun in Tränen aus. Aber warum manövrierte sie Schmalenbach in diese peinliche Situation? Wenn jemand nicht
     ständig an seinen Tod denken will, sollte man ihn eben in Ruhe lassen.
    »Da wir nicht verheiratet sind, kann ich nicht einmal verfügen, was mit dir zu geschehen hat«, sagte sie nun trotzig.
    Nun wurde es Schmalenbach erst recht mulmig. »Was willst du denn verfügen?«
    »Zum Beispiel, dass alle lebenserhaltenden Maßnahmen zu unterbleiben haben.«
    Schmalenbach bekam einen gehörigen Schreck. »Wie bitte?!«
    »Wer schützt dich denn davor, mit Hilfe einer

Weitere Kostenlose Bücher