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Elke versteht das

Titel: Elke versteht das Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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– zumindest bisher.
    Doch dann kam der Tag, an dem Puck bösartig wurde. Schlagartig. Wie durch einen Gendefekt. Wahrscheinlich war sie in ihrer
     Jugend zu nahe an Röntgengeräte oder an eine Handyantenne gekommen. Wie auch immer: Schmalenbach sah keinen Grund mehr, aus
     Achtung vor der Natur Nachsicht mit dem unartigen Vieh zu üben. Gendefekte waren ja nichts Natürliches, sie waren eine Abweichung
     von der Normalität.
    Schmalenbach ging vor allem das Brummen auf die Nerven, das immer tiefer und intensiver wurde, je besserPuck gemästet wurde. Und da Schmalenbach und Elke gut lebten, lebte auch Puck gut – und wurde immer dicker und fetter und
     lauter.
    Nachdem sie schon die halbe Nacht lang im Schlafzimmer herumgetobt hatte, stürzte die Fliege sich beim Frühstück in die wachsweiche
     Butter. Da Puck längst das übliche Gewicht einer gut trainierten Fliege überschritten hatte, versank das Insekt mit seinen
     Mundwerkzeugen in der weichen Masse und hinterließ beim verzweifelten Versuch, Halt zu finden, eine Schleifspur. »Von der
     Butter esse ich nichts mehr«, gab Elke bekannt. »Es ist höchste Zeit, dass du das Vieh totschlägst.«
    Also stand Schmalenbach auf, holte sich das Geschirrtuch und jagte Puck ins Wohnzimmer. Vielleicht stirbt das gemästete Vieh
     ja schon auf der Flucht an Herzinfarkt, hoffte er.
    Aber es kam anders. Puck gewann trotz Übergewicht an Höhe, geriet so außerhalb der Reichweite von Schmalenbach, aber auch
     in einen segensreichen Durchzug, der das plumpe Wesen wie eine Bettfeder durch ein geöffnetes Oberlicht hinauswehte. In die
     Freiheit. In die feindliche Welt. In die darwinistische Knochenmühle. Dort würde die Fliege, so wie sie gehätschelt worden
     war, keine zehn Minuten am Leben bleiben. Aber das war nicht mehr Schmalenbachs Problem. Hauptsache, er hatte sich um die
     unangenehme Pflicht drücken können, Puck zu zermalmen und dabei das schreckliche Geräusch knackenden Chinins ertragen zu müssen.
    »Geschafft«, sagte er. Elke hatte die geschändete Butter schon entsorgt, und Schmalenbach musste sein Brötchen trocken essen.
    Dann war da ein eigenartiges Brummen. Diesmal im Schlafzimmer. Elke kreischte. »Irgendwo muss ein Nest sein. Jetzt kriechen
     diese Drecksbiester schon in unserer Bettwäsche herum. Wenn du nicht endlich etwas tust, schlafe ich die nächsten Tage bei
     meiner Freundin Iris.«
    Da Schmalenbach keine Iris kannte, machte er sich besser wieder auf die Jagd. Diese Fliege war nicht dünner als Puck, aber
     sehr viel dümmer. Es dauerte eine Weile, bis er es geschafft hatte, das Insekt in den Durchzug zu manövrieren, und es ebenso
     wie sein Vorgänger durchs Oberlicht in die harte Realität entschwand.
    Schmalenbach hoffte, endlich Ruhe vor der Natur zu finden. Doch am gleichen Tag brummte etwas in der Kloschüssel – ausgerechnet
     in dem Moment, als Elke darauf Platz genommen hatte. Das Geschrei, das dann anhub, kann man sich nicht vorstellen.
    Diesmal war der Weg zum Oberlicht noch weiter. Schmalenbach musste das respektlose Vieh quer durch die Wohnung jagen, es ging
     dabei eine Vase zu Bruch. Dann war auch die dritte Fliege in die hoffentlich tödliche Freiheit entlassen.
    Elke sagte: »Weißt du, was ich glaube: Dass das jedes Mal dasselbe Vieh ist.«
    »Du meinst, Puck hat den Weg nach Hause gefunden?«, fragte Schmalenbach gerührt.
    »Du bist ein Weichei, Schmalenbach. Ein anderer Mann hätte schon beim ersten Mal kurzen Prozess gemacht und die Mücke totgeschlagen.
     Du aber musst aus einer dämlichen Sentimentalität heraus das Insekt auch noch zum Fenster tragen, damit es gleich an einer
     anderen Stelle wieder in unsere Wohnung eindringen kann. Ich bestehedarauf, dass du wie ein Mann handelst und nicht wie ein verblödeter Insektenforscher!«
    Schmalenbach war durcheinander. Wenn das Tierchen immer wieder einen Weg fand, zu ihnen beiden zurückzukommen, bedeutete das
     doch, dass Puck mehr war als eine dumme Fliege. »Rührt dich denn das gar nicht – diese Anziehungskraft der Geschöpfe? Obwohl
     wir so unterschiedlich sind, scheinen wir doch zusammenzugehören.«
    »Wen meinst du – uns beide?«
    »Nein. Den Menschen und das Insekt. Beide Geschöpfe verbindet doch etwas. Wir gehören zum Sein, sind beide lebende Individuen.
     Ich bin mir sicher, dass sich unser genetischer Code von dem Code von Puck nur minimal unterscheidet.«
    »Deiner vielleicht. Meiner nicht.«
    »Ach, Elke, spürst du nicht, dass das ein Hinweis

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