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Elke versteht das

Titel: Elke versteht das Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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überzüchteten Apparatemedizin gegen deinen Willen endlos lange am Leben erhalten
     zu werden? Also ich kann dir jetzt schon sagen: Ich würde das in meinem Fall nicht wollen. Versprichst du mir, dass du die
     Ärzte auffordern wirst, die Maschinen abzustellen und mich sanft entschlafen zu lassen, wenn keine Hoffnung mehr besteht,
     dass ich ein menschenwürdiges Leben führen kann?«
    Natürlich versprach er das hoch und heilig. Wenn es ihr half, besser zu schlafen, war er zu jedem Versprechenbereit. Allerdings beschlich ihn ein höchst unangenehmes Gefühl, wenn er daran dachte, dass Elke sich im Ernstfall an sein
     Krankenbett drängeln und den Ärzten die Hölle heißmachen könnte. Schmalenbach wollte auf keinen Fall, dass es in Elkes Ermessen
     lag, wie lange die Medizin ihn am Leben erhielt. Er sah sich schon nach einer Blinddarmoperation ohne feste und flüssige Nahrung
     elend zugrunde gehen. Nur weil Elke etwas falsch verstanden hatte oder allzu leichtfertig den Ratschlägen ihrer zahlreichen
     Freundinnen folgte.
    »Du hast ja recht«, sagte er nach langem Grübeln. »Ich werde eine Verfügung hinterlegen, in der alles geregelt sein wird.«
    Elke fiel ihm um den Hals. Sie sagte, sie sei sehr, sehr glücklich und erst jetzt könnte sie das Glück der letzten Jahre mit
     ihm in vollen Zügen genießen. Allerdings fand sie es einfacher, wenn sie eine Verfügung bei der Krankenkasse abholte, die
     er dann nur noch unterschreiben müsste.
    »Ich erledige solche Sachen lieber selbst. Es wäre unter meiner Würde als Werbetexter, eine vorgefertigte Patientenverfügung
     zu unterschreiben.«
    Elke war ganz süß. Sie sagte, sie respektiere natürlich seinen Willen in dieser Angelegenheit und werde sich nicht weiter
     einmischen. Er müsse ihr nur mitteilen, wo er die Verfügung aufbewahrt, damit sie im Ernstfall alles Nötige in die Wege leiten
     könnte.
    »Und was ist, wenn du vor mir stirbst?«, fragte Schmalenbach.
    Jetzt lachte Elke glockenhell und falsch. »Ich bitte dich: Mein Lebensstil ist gesund und optimistisch. Ich werde leicht neunzig.
     Du aber wirst nicht mal siebzig, wenn dudich nicht endlich von diesem schrecklichen Pfeifenberger trennst und die obligatorische Prostatavorsorge machst.«
    »Trotzdem. Manchmal entscheidet das Schicksal nicht nach dem Lebenswandel. Vielleicht bist du längst tot, wenn ich sterbe   …«
    Elke dachte kurz nach und gab denn eine bemerkenswerte Erklärung ab: »Dann hat sich das Problem sowieso erledigt. Wenn ich
     tot bin, kann ich mich auch nicht mehr grämen, weil du nichts geregelt hast.«
    »Dann wäre es dir also egal, was sie auf der Intensivstation mit mir anstellen?«, fragte Schmalenbach hart.
    »Zumindest würde ich nicht mehr zugrunde gehen vor Mitleid – und ich müsste vor allem nicht jedes Wochenende den langen Weg
     in irgendein Großklinikum auf mich nehmen.«
    Das rüttelte Schmalenbach auf: Es ging ihr gar nicht um ihn. Es ging nur um sie. Dafür sollte er eine Verfügung ausstellen.
     Wie erbärmlich.
    »Ich hab’s mir überlegt. Ich möchte auch eine Seebestattung«, erklärte er trotzig.
    »Das geht leider nicht mehr, mein Schatz.«
    »Und warum nicht?«
    »Weil ich für mich schon eine Seebestattung verfügt habe.«
    »Ja und? Möchtest du nicht, dass deine Asche im gleichen Ozean schwimmt wie meine?«
    »Quatsch. Der Verdünnungsgrad ist so hoch – das ist nicht mal mehr homöopathisch. Nein, es geht um etwas anderes, Schmalenbach:
     Du weißt offensichtlich nicht, was so eine Seebestattung kostet. Zwei davon können wir uns einfach nicht leisten.«
    Damit war das letzte Wort gesprochen. Vor ökonomischen Argumenten musste auch der Tod kapitulieren.
    »Vielleicht vermache ich meinen Körper der Forschung – oder Gunther von Hagens. Dann käme noch etwas Geld in die Haushaltskasse
     für deine Seebestattung.« Das war natürlich nicht ernst gemeint, Schmalenbach wollte Elke mit seiner Selbstlosigkeit in Verlegenheit
     bringen.
    Doch die war begeistert: »Bei von Hagens kämst du vielleicht sogar in die Kunsthalle. Und meine Freundinnen wären krank vor
     Neid.«

JOSIE
    Der Kaffee machte Schmalenbach geschwätzig. »Wir hatten gestern Abend ein interessantes Gespräch«, berichtete er.
    Elke schaute von der Börsenseite der Tageszeitung auf und musterte ihn mitleidig.
    »Doch, doch!«, bekräftigte Schmalenbach. »Auch wenn du es nicht für möglich hältst – aber im ›Promi‹ entspinnen sich bisweilen
     durchaus packende

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