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Elke versteht das

Titel: Elke versteht das Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Brenner
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Arbeitsteilung war Schmalenbach einverstanden – wenn nur endlich etwas geschah.
    Elke bekam schon am gleichen Tag einen Termin. Kein Wunder, es handelte sich ja auch um einen Notfall. Natürlich fuhr Schmalenbach
     sie zu der Gynäkologin – das war er ihr einfach schuldig.
    Während Elke in der Sprechstunde der Gynäkologin war, wartete Schmalenbach in einem Café. Es dauerte ewig. Er war in einem
     furchtbaren Zustand. Was war, wenn sie etwas Ernstes hatte? Gynäkologische Erkrankungen waren immer gleich so dramatisch.
     Wenn die Gynäkologin Elke nun sofort ins Krankenhaus schickte? Und wenn sie sie dort operierten? Die arme Elke, man konnte
     nur hoffen, dass durch einen beherzten Eingriff zu stoppen war, was da in ihrem Unterleib schieflief.
    Endlich erschien sie. Völlig verheult. Schmalenbach blieb das Herz stehen. »Und?«, fragte er.
    Sie musste sich erst setzen und einen Cognac bestellen. Dann schniefte sie eine Weile. »Sag schon!«, drängte Schmalenbach.
     »Ich seh’s dir doch an.«
    »Es ist   … furchtbar.«
    Alles war zu schaffen, wenn man zusammenhielt. Wenn man sich liebte. Elke fing wieder an zu weinen. »So ein beschissenes Leben.
     Du machst dir keine Vorstellung. Erst läuft einem der Kerl weg. Dann wird man auch noch um seinen Bausparvertrag gebracht.
     Und dann diese verdammte Zyste.«
    Eine Zyste. Also doch. Da hieß es: stark sein. »Elke, ich laufe dir nicht weg. Und dein Bausparvertrag ist nicht verloren.
     Er wird bloß erst 2012 zuteilungsreif.«
    Sie schaute entsetzt auf. »Ich rede von meiner Gynäkologin. Wir sind heute Freundinnen geworden. Richtig gute Freundinnen.
     Wir haben lange geredet. Sie hat mir alles erzählt.«
    »Und deine Unterleibsschmerzen?«
    »Musst du unentwegt darauf herumreiten? Wahrscheinlich eine harmlose Erkältung. Dazu war nicht die Zeit.Aber was meine Gynäkologin durchmacht   … Ihr Kerle versteht das sowieso nicht.«
    Seit dem Besuch bei der Gynäkologin sind Elkes Krämpfe verschwunden. Eine Meisterleistung der Gynäkologie. Schmalenbach denkt
     schon daran, die Gynäkologin selbst einmal zu konsultieren. Aber sicher würde Elke das nicht wollen.

DIE SACHE DER NATUR
    Schmalenbach glaubt an die Sprache. So achtet er zum Beispiel darauf, in vollständigen Sätzen zu sprechen. Nicht weil er meint,
     in unvollständigen Sätzen stecke weniger Wahrheit – nein, er möchte nur dazu beitragen, dass man allgemein respektvoller mit
     der Sprache umgeht. Dazu besteht durchaus Anlass. Selbst im intellektuellen Milieu des Nordends greifen immer mehr nichtssagende
     Anglizismen und Sprachpartikel einer rohen Jugendkultur um sich.
    Schmalenbach möchte für die Sprache so etwas sein wie Manderscheid für die Mode. Während Germersheimer sich nicht scheut,
     im Parka zu Vernissagen zu erscheinen, pflegt der Medienmensch Manderscheid selbst den Müll in perfekt abgestimmter Garderobe
     zu entsorgen. Ähnlich gelagert ist Schmalenbachs Kampf für die deutsche Sprache.
    Und er hat schon Erfolge zu verzeichnen. Pfeifenberger zum Beispiel behauptet immer seltener, etwas gehe ihm »unter die Nieren«.
     Selbst die Kellnerin Elvira hat sich – durch Schmalenbachs offensives Sprachverhalten inspiriert – abgewöhnt, ihre ständig
     wechselnden Sexualpartnerals »Lover« zu bezeichnen. Ihre fatale Vorliebe für S M-Spiele mit Motorradrockern umschreibt sie neuerdings eloquent als »sozialpädagogische Rollenspiele«.
    Nur mit Elke tut Schmalenbach sich schwer. Dabei wäre gerade bei ihr intensive Sprachdisziplin vonnöten. Doch Schmalenbach
     ist einfach nicht der Typ, der seine Lebensgefährtin korrigieren würde, wenn sie sprachlich entgleist. Er glaubt an die Überzeugungskraft
     der sanften Pädagogik. So gibt er sich Mühe, durch das Beispiel eines bewussten und korrekten Sprachverhaltens sein Gegenüber
     indirekt auf Schnitzer aufmerksam zu machen.
    Doch Elke hält nicht viel von guten Beispielen. Sie lässt sich nicht korrigieren – sie korrigiert ihrerseits Schmalenbach.
     Eigentlich ist das ein Trennungsgrund. Aber Schmalenbach hat den richtigen Moment verpasst. Er hätte vor fünfzehn, sechzehn
     Jahren sagen müssen: Tut mir Leid, aber mit einer Frau, die nicht zwischen Genitiv und Dativ unterscheiden kann, möchte ich
     keine langfristige Beziehung führen. Das hätte Tränen gegeben und Vorwürfe, aber dafür wäre die Sache ausgestanden gewesen
     und Schmalenbach hätte sich mit einer gut aussehenden Lyrikerin oder einer Philologin mit Rentenanspruch

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