Ella und das große Rennen
gehört. Er hatte eine ganz tiefe Stimme, und gleich als Erstes hörten wir ihn sagen:
»Du hast gerade einen schlimmen Fehler gemacht!«
»Das finde ich auch«, sagte der Lehrer.
»Gut, dass wir in dieser Sache derselben Meinung sind«, fuhr der Direktor mit der tiefen Stimme fort. »So etwas kann nämlich ernste Folgen haben.«
»In der Tat«, sagte der Lehrer.
»Folgen, unter denen die ganze Schule zu leiden hat. Was sage ich, die ganze Gemeinde. Das ganze Land.«
Die tiefe Stimme des Direktors war ganz leise geworden.
»Wir wollen’s nicht gleich übertreiben«, widersprach ihm der Lehrer höflich. »Aber ernst ist die Sache schon, der Meinung bin ich auch. Es geht nicht an, dass einer ohne Rücksicht auf die anderen tun und lassen kann, was er will.«
»Du sagst es, Kollege«, sagte der Direktor.
»Und du steh gerade, wenn man mit dir spricht!«, sagte der Lehrer streng.
»Entschuldigung, ich habe nicht mit ihm gesprochen, sondern mit dir, Kollege«, sagte der Direktor.
»Selbstverständlich«, sagte der Lehrer. »Aber um den jungen Mann hier geht es schließlich, nicht wahr.«
»Natürlich«, sagte der Direktor. »Um nun zur Sache zu kommen: Ich denke, eine höfliche Entschuldigung wäre hier das Mindeste.«
»In der Tat«, gab ihm der Lehrer recht.
»Wenn ich etwas vorschlagen dürfte, wäre es ein Kniefall, ein reuiges Küssen der Hände sowie ein Brief an den Vater, dass es sich um eine aus Unwissenheit geborene Dummheit gehandelt hat. Auch das Versprechen, dass sich ein solches Benehmen nicht wiederholen wird, wäre hilfreich«, sagte der Direktor.
»Ich weiß nicht, ist das Händeküssen nicht ein bisschen zu viel des Guten?«, sagte der Lehrer. »Würde ein Kniefall allein nicht reichen? Und meinen Vater muss nun wirklich niemand um Entschuldigung bitten. Das Wohnmobil steht schließlich nicht auf
seinem
Grundstück.«
»Entschuldigung, Kollege, aber was hat dein Vater mit der Sache zu tun?«, fragte der Direktor.
»Sagtest du nicht gerade, der Junge soll vor mir auf die Knie fallen, mir die Hände küssen und meinen Vater um Entschuldigung bitten?«
»Ich meinte
dich
, verehrter Kollege!
Du
sollst auf die Knie fallen, dem Jungen die Hände küssen und seinem Vater einen höflichen Brief schreiben!«
Der Direktor klang ein bisschen genervt, und danach blieb es eine ganze Weile still. Wir hörten nur, wie der Lehrer schwer nach Atem rang. Zwischen ihm und uns war die Tür, aber wir konnten uns gut vorstellen, wie sein blasses Gesicht erst rot und dann dunkelrot wurde, als er verstand, dass er den Direktor die ganze Zeit missverstanden hatte.
»Warum?«
Die Frage des Lehrers klang wie durch einen engen Spalt gepresst. Wenn er eine Kobra gewesen wäre, hätte er in der nächsten Sekunde zugebissen. Wir hofften, dass der Direktor die Warnung verstand.
»Ja, warum wohl? Weil unsere Gemeinde eine Formel-1-Rennstrecke braucht. Weil Formel-1-Rennen Besucher anziehen, Touristen. Und weil Kimis Vater dem Jungen eine Formel-1-Rennstrecke bauen will, und zwar dahin, wo jetzt noch eure überflüssige alte Schule steht. – Liest du denn keine Zeitung, Kollege?«, fragte der Direktor.
»Doch. Aber ich lese nur, was wirklich wichtig ist«, sagte der Lehrer.
»Wenn du so weitermachst, wirst du bald was über
dich
lesen können«, prophezeite der Direktor. »Darüber, was du angerichtet hast! Dieser Junge hier ist die Hoffnung unseres Landes, ein künftiger Formel-1-Weltmeister und Multimillionär, und sein Vater ist ein großer Wohltäter.«
Danach war es wieder eine Weile still, dann hörte man ein Zischen. Wir wussten aus Erfahrung, dass es von unserem Lehrer kam und gleich darauf die Explosion folgen würde. Wir steckten vorsichtshalber die Finger in die Ohren.
» EINE FORMEL -1- RENNSTRECKE !«, explodierte der Lehrer, dass die Scheiben klirrten und sich vielleicht zum ersten Mal seit Jahren der Sägemehlnebel im Werkraum lichtete.
Wir konnten gerade noch rechtzeitig beiseitespringen, als er die Tür auftrat. Er kam heraus, blieb stehen und starrte dem Bodyguard so wild in die Augen, dass der Hüne mit gesenktem Kopf zurückwich. Wahrscheinlich waren Bodyguards auf die gefährlichsten Menschen und sogar Tiere vorbereitet, aber nicht auf wütende Lehrer.
»Und du schreibst mir bis morgen einen zehnseitigen Aufsatz über die Gefahren des Autofahrens!«, schnauzte ihn der Lehrer schneller an, als er zur Verteidigung die Hände heben konnte.
»Was ist jetzt mit der Entschuldigung?«,
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