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Ella und das große Rennen

Ella und das große Rennen

Titel: Ella und das große Rennen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Timo Parvela
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hinwegtrampelte.
    Kimi ging mit langsamen, festen Schritten die Treppe hinunter. Seine weißen Turnschuhe blitzten. Die Schülermeute, die sich eben noch um die Essensreste gestritten hatte, zog sich respektvoll zurück. Der sonst so lärmige und volle Schulhof erschien auf einmal wie leer gefegt. Aber er war es nicht ganz. Genau in der Mitte stand eine einsame, leicht gebeugte, uns wohlvertraute Gestalt: Unser Lehrer hatte Pausenaufsicht. Er ging auf Kimi zu. Und er sah wütend aus.
    »Was hat er vor?«, fragte Anna ängstlich.
    Es war genau der Augenblick, in dem der Lehrer Kimi erreichte.
    »Sieht aus, als wollte er ihn sich vorknöpfen«, vermutete Timo.
    »Wahrscheinlich hält er ihm gleich eine Rede darüber, dass alle Schüler gleich sind und wie wichtig es ist, sich nach dem Essen die Zähne zu putzen«, vermutete ich. »Und dass Lehrer zu wenig verdienen, kommt bestimmt auch drin vor«, wusste ich.
    »Wahrscheinlich sagt er ihm, er soll gefälligst woanders parken als ausgerechnet auf dem Himmel-und-Hölle-Spiel«, vermutete Hanna.
    »Und garantiert lässt er ihn den leeren Teller wegräumen«, vermutete Tiina.
    »Weiß er denn nicht, was ihm dann blüht?«, fragte Anna.
    Sonst war sie immer die Ruhe selbst, aber jetzt war sie ganz schön nervös.
    »Nein«, sagte ich. »Woher soll er das wissen? Es hat ihm ja niemand gesagt.«
    Da packte der Lehrer Kimi auch schon im Genick und schob ihn in Richtung des Schulgebäudes. Ein hünenhafter Bodyguard kam aus dem Wohnmobil gelaufen und wollte Kimi befreien, aber den packte der Lehrer gleich mit. Und wir konnten nichts dagegen tun. Wir verfolgten ohnmächtig, wie der Lehrer die beiden ins Schulgebäude bugsierte. So musste es aussehen, wenn ein Krokodil seine Beute zum Fressplatz schleifte.
    Wir schauten Anna an, und sie machte das böse Zeichen mit der flachen Hand quer über den Hals. Es sollte wohl heißen, dass der Lehrer gerade den schlimmsten Fehler seines Lebens machte.

Du hast gerade einen schlimmen Fehler gemacht!
    Wir wollten zum Büro des Direktors, und Anna ging voran. Als wir dort ankamen, standen der Lehrer mit Kimi und dem sich windenden Bodyguard schon vor der Tür. Der Bodyguard versuchte gerade, etwas in ein winziges Mikrofon an seinem Hemdkragen zu rufen, aber der Lehrer nahm es ihm ab und zog ihm auch gleich den kleinen Hörknopf aus dem Ohr.
    »Den Quatschkram kannst du dir nach der Weihnachtsfeier bei mir abholen – vorausgesetzt natürlich, dass du dich bis dahin gut benimmst!«, sagte der Lehrer streng. Dann klopfte er an die Tür.
    Es war schon fast zu spät, aber wir versuchten ihn trotzdem noch zu warnen, dass er einen Riesenfehler machte, wenn er Kimi nicht sofort gehen ließ.
    »Den darf man nicht berühren!«, warnte Timo.
    »Es ist gefährlich!«, warnte Hanna.
    »Seine Rundenzeiten werden schlechter!«, warnte ich.
    »Und sein Vater kauft sämtliche Nachbarhäuser auf!«, warnte Tiina.
    »Hat jemand zufällig einen fiesen Klops übrig? Ich hab einen Hunger, dass ich ein ganzes Formel-1-Auto verputzen könnte!«, warnte Pekka.
    Aber der Lehrer hörte uns leider nicht zu, und bevor wir es noch mal versuchen konnten, rief es von drinnen: »Herein!«
    »Du wartest hier! Mit dir befass ich mich später«, sagte der Lehrer zu dem Bodyguard. Dann sah er Kimi an, der mit ausdruckslosem Gesicht neben ihm stand. Der künftige Formel-1-Rennfahrer war echt ein cooler Typ. Genau wie der andere Kimi, den sie auch »Iceman« 5 nennen.
    »Drinnen nimmt man die Kopfbedeckung ab!«, sagte der Lehrer, schnappte Kimis Rennfahrerkappe und öffnete die Tür. Bevor sie wieder zuschlug, konnte ich für einen kurzen Augenblick das Gesicht meines Schwarms sehen. Seine Augen waren groß und braun, und ich meine, sie schauten jetzt doch ein bisschen ängstlich. Mein Herz raste wie ein aufgescheuchtes Warzenschwein im Schilf.
    »Ich geb alles zu!
Ich
war’s, er ist unschuldig!«, rief ich hinter den beiden her, aber die Bürotür blieb geschlossen.
    »
Was
gibst du zu?«, fragte Hanna.
    »Keine Ahnung, ich wollte ihm nur helfen. So was macht man eben für seinen Schwarm«, erklärte ich ihr.
    Dann spitzten wir die Ohren und lauschten, was hinter der Tür gesprochen wurde.
    Vielleicht wäre ja alles anders gekommen, wenn Pekkas Mutter auch an der neuen Schule Direktorin gewesen wäre. Aber sie war leider nur Konrektorin und hatte ihr neues Büro in der Besenkammer. Der Direktor der neuen Schule war auch keine Frau, das hatte man schon am »Herein!«

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