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Ella und die falschen Pusteln

Ella und die falschen Pusteln

Titel: Ella und die falschen Pusteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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Mutter früher. Beim Essen hatte er sich dann geschworen, in Zukunft weniger zu arbeiten, damit er wieder mehr Zeit für seine Kinder hatte. Das war toll, obwohl wir Schinkennudeln ohne Muskatnuss genauso lecker fanden.
    Auch Paavos Mutter war gekommen, um sich bei dem Lehrer zu bedanken. Sie hatte ihn nur überhaupt nicht suchen müssen, weil wir ihr ja erzählt hatten, wo sie den Lehrer finden konnte.
    »Paavo ist nicht wiederzuerkennen«, sagte sie stolz. »Seit er jede Nacht elf Stunden schläft, ist er morgens putzmunter. Einmal hat er sogar schon Frühstücksbrei probiert.«
    Wir fanden auch, dass Paavo mit offenen Augen nicht wiederzuerkennen war. Zum Glück hatte er noch dieselben Kleider an.
    »Ich wollte eigentlich nur die Heizkörper kontrollieren«, sagte der Hausmeister, »aber in dem Tipi war mir auf einmal ganz komisch. Es war … ich traue es mich kaum zu sagen … es war, als wollte die Tulpe mir etwas sagen. Nein, sie hat es gesagt. Sie hat gesagt, dass sie durstig ist.«
    Dann ging er der Tulpe Wasser holen.
    Nur die Direktorin war immer noch ein bisschen nervös.
    »Ich kann Ihnen gern die anderen Klassen zeigen«, sagte sie zu dem netten Schulrat. »Wir haben auch welche, in denen die Kinder an Tischen sitzen und die Lehrer keinen albernen Federkopfschmuck, sondern schicke Frisuren tragen.«
    Aber der nette Schulrat wollte gar keine anderen Klassen gezeigt bekommen. Er blieb lieber bei uns.
    »Und was haltet ihr von eurem Lehrer?«, fragte er.
    Die Frage kam, ehrlich gesagt, ein bisschen überraschend.
    »Ihr müsst nicht antworten«, sagte die Direktorin.
    »Der Lehrer ist toll«, sagte Tiina.
    »Höchstens ein bisschen verdreht«, sagte Hanna.
    »Aber das macht nichts. In dem Alter sind die Füße das Wichtigste«, erklärte ich.
    »Manchmal hat er so Ideen, aber sonst ist er schwer in Ordnung«, sagte Timo.
    »Außer dass er zu viele Hausaufgaben aufgibt«, quengelte Mika. »Meine Mutter sagt, wenn sie die alle machen soll, ist sie für den Rest ihres Lebens beschäftigt.«
    »Ich mach dir einen Knoten in die Krawatte, wenn ich den Lehrer auch noch loben soll«, maulte der Rambo.
    »Ich nicht«, sagte Pekka. »Aber dafür musst du mich zu den Schinkennudeln einladen.«
    »Hören Sie gar nicht hin, sie plappern, wie Kinder eben plappern«, sagte die Direktorin zu dem netten Schulrat.
    Der nette Schulrat lächelte uns an, dann drehte er sich zu unserem Lehrer um und sagte, er bräuchte dringend seine Hilfe. Es käme nämlich eine ganze Abordnung ausländischer Schulräte nach Finnland, die alle wissen wollten, weshalb ausgerechnet finnische Kinder so gute Schüler seien, und er als Schulrat finde, dass unsere Klasse das Beste sei, was man den ausländischen Kollegen präsentieren könne.
    »Wenn ich von Kollege zu Kollege fragen darf«, sagte der nette Schulrat, »willst du?«
    »Auf gar keinen Fall willst du!«, sagte die Direktorin.
    »Ich?«, wunderte sich der Lehrer.

    »Die Lehrerin der Parallelklasse ist eine meiner besten Kräfte!«, sagte die Direktorin. »Bei ihr melden sich die Schüler, bevor sie antworten, und sie antworten auf genau die Fragen, die ihre Lehrerin ihnen stellt. Außerdem hat sie gerade einen Tageslichtprojektor angeschafft.«
    Aber der nette Schulrat war anscheinend fest überzeugt, dass unser Lehrer und wir genau das waren, was er suchte.
    »Ja, ich will«, sagte der Lehrer.
    »Gut«, sagte der nette Schulrat lächelnd. »Dann hat die Sache meinen Segen, und es kann nichts mehr schiefgehen.«
    Dann gab er dem Lehrer die Hand und ging.
    »Wie schön, dass wir Zeugen dieses bewegenden Augenblicks sein durften!«, seufzte Paavos Mutter.
    Dann gratulierte sie dem Lehrer und küsste ihn zu unserer großen Verwunderung auf die Wange.
    Der Lehrer wurde puterrot, aber alle fanden, dass das klasse zu seinem Federschmuck passte. Wie eine richtige Rothaut sah er aus, und die blöden Pusteln sah man auch nicht mehr so deutlich.
    Nur eins war seltsam, und das verstanden wir nicht: Warum hatte der Lehrer »Ja, ich will« gesagt, und was hatte der nette Schulrat mit seinem Segen gemeint?
    »So sagt man, wenn man heiratet«, sagte Timo, der alles weiß.
    Aber wen sollte der Lehrer geheiratet haben? Wer war seine Braut? Außerdem war der Lehrer schon verheiratet. Oder konnten Indianerhäuptlinge mehrere Ehefrauen haben? Wir merkten, dass wir noch viel zu wenig über die Indianer und andere Naturvölker wussten.
    »Glaub bloß nicht, dass du jetzt irgendwelche Sonderrechte hast! Du

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