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Ella und die falschen Pusteln

Ella und die falschen Pusteln

Titel: Ella und die falschen Pusteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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verwundert.
    »Hattest du drei Wünsche frei? Und wenn ja, hast du an das Zimmer für unser zweites Kind gedacht?«
    Wir linsten durch den Türspalt und mussten aufpassen, dass wir nicht zu laut kicherten. Die Frau des Lehrers glaubte wohl, dass der Lehrer eine gute Fee getroffen hatte, dabei wussten wir genau, dass es nur der vornehme Huper gewesen war, der in Wirklichkeit ein netter Schulrat war und leckere Schinkennudeln mit Muskatnuss kochen konnte. Außerdem gibt es Feen nur in Märchen. Wir fanden die Frau des Lehrers ganz schön kindisch, aber wahrscheinlich passte sie darum auch so gut zu ihm.
    »Schatz, der Schulrat war da«, sagte der Lehrer. »Er sieht in mir das Ideal des finnischen Lehrers und will, dass ich unseren Berufsstand auch vor ausländischen Gästen repräsentiere. Mein Talent ist endlich entdeckt worden. Das ist die Beförderung, die ich mir immer gewünscht habe. Dein Mann ist jetzt ein Großer seines Fachs.«
    »Das freut mich für dich«, sagte die Frau des Lehrers. »Ich wusste schon immer, dass du ein guter Lehrer bist.«
    »Stimmt«, sagte der Lehrer und musste schniefen, weil er so gerührt war.
    Es war so rührend, dass wir auch schniefen mussten.
    »Vielleicht sollte ich den Kittel mal waschen?«, sagte der Lehrer, als er ausgeschnieft hatte. Er schaute an sich herunter und runzelte die Stirn.
    »Heißt das, du willst ihn weiter tragen?«
    »Natürlich. Irgendwie muss ich mich ja von euch normalen Lehrern unterscheiden.«
    »Glaub mir, Liebling, niemand hält dich für einen normalen Lehrer. Du bist auch ohne den hässlichen Kittel etwas ganz Besonderes.«
    »Meinst du wirklich?«, fragte der Lehrer.
    »Aber ja. Schon wegen den Pusteln – vielleicht solltest du doch mal einen Allergietest machen?«
    Der Lehrer antwortete nicht. Er lächelte nur zufrieden.
    »Und meinst du, du bekommst jetzt auch ein besseres Gehalt?«, fragte seine Frau. »Dann könnten wir uns vielleicht die größere Wohnung mit dem zusätzlichen Kinderzimmer leisten.«
    »Das können wir garantiert nicht .«
    »Dann verkaufen wir das Auto.«
    »Das tun wir garantiert nicht .«
    »Und warum nicht?«
    »Weil es Dinge gibt, die man nicht verkaufen kann . Wenn das Kind da ist, schlaf ich im Flur, das macht mir nichts aus, ehrlich nicht«, sagte der Lehrer.
    Wir fanden das ganz schön zivilisiert von unserem Lehrer, besonders wo er gerade erst ein Guru und ein Ideal geworden war. Wir waren nur gespannt, was die Frau des Lehrers sagen würde, wenn der Lehrer ihr erzählte, dass außer ihr und ihrem Mann mit den zwei Kindern und den zwei Halbkojoten auch noch Pekka und unsere Direktorin in der zu kleinen Wohnung wohnen würden. Und wer weiß, vielleicht würde auch noch Pekkas alter Vater zu ihnen ziehen, schließlich war er auch noch mit Pekkas Mutter verheiratet. Ein ganz schönes Gewusel würde das geben. Wir waren richtig neidisch auf Pekka. Wer durfte schon mit zwei Vätern, zwei Müttern und zwei Halbkojoten zusammenleben?

In der Kunstausstellung
    Gleich am nächsten Tag begannen wir mit dem neuen Unterricht.
    »Und wie immer hat man viel zu wenig Zeit«, stöhnte der Lehrer.
    Als Erstes ging er mit uns in eine Kunstausstellung.
    »Die bildende Kunst ist der Anfang und die Wurzel der Zivilisation«, erklärte er uns. »Dass wir uns durch Bilder ausdrücken können, unterscheidet uns von den Tieren. Ich verspreche mir vom Besuch der Ausstellung, dass er euch die Augen öffnet und ihr die Dinge auf eine neue Art zu sehen lernt: tiefer und leidenschaftlicher.«
    Dann ging es los. Die Ausstellung war im Kunstmuseum. Das ist ein großes altes Holzhaus mitten in der Stadt, und wir gingen zu Fuß dorthin. Das erste Kunstwerk stand gleich im Flur. Es war verschnörkelt und aus Metall. Wir rissen die Augen auf, um dem Lehrer eine Freude zu machen, dann versuchten wir, das Ding auf eine neue Art zu sehen.
    »Es sieht tief und leidenschaftlich aus«, sagte Hanna.
    »So was kann kein Tier«, stimmte Tiina ihr zu.
    »Und was soll es sein?«, fragte ich.
    »Nichts«, sagte Timo, der bekanntlich alles weiß. »Es ist einfach nur Kunst.«
    »Mir tun die Augen weh, wenn ich sie die ganze Zeit so blöd aufreiße«, quengelte Mika.
    Die Augen so weit aufzureißen war tatsächlich ganz schön anstrengend. Aber vielleicht war das der Preis, wenn man zivilisiert sein wollte.
    »Genau so was haben wir zu Hause auch«, sagte Pekka.
    Jetzt, wo Pekka es sagte, fiel es uns auch auf: Wir hatten alle so was zu Hause. Der Künstler, der das

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