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Ella und die falschen Pusteln

Ella und die falschen Pusteln

Titel: Ella und die falschen Pusteln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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ja«, sagte er und setzte sich neben Paavos Mutter.
    Wir waren ganz schön überrascht, als wir sahen, dass es der vornehme Onkel war, der den Lehrer erst an der Kreuzung vorm Bahnhof angehupt und dann die Polizei gerufen hatte.
    Wir hatten uns noch nicht richtig von der Überraschung erholt, als die Tür zu unserem Klassenzimmer schon wieder geöffnet wurde. Diesmal rief der Ankömmling nur nichts, sondern schaute gleich ins Zelt und setzte sich zu uns. Ihn kannten wir auch: Es war der Hausmeister.
    Als dann der Lehrer kam, brachte er die Direktorin mit. Aber sie kamen nicht gleich ins Tipi. Sie unterhielten sich noch eine Weile draußen, und wir waren still und hörten ihnen zu, das heißt, eigentlich hörten wir der Tulpe zu, aber die sagte ja nichts.
    »Es ist funkelnagelneu, natürlich muss man es jeden Tag wachsen, wenn der Lack keinen Schaden nehmen soll«, sagte der Lehrer.
    »Aber nicht während der Arbeitszeit«, sagte die Direktorin. »Mach das in deiner Freizeit!«
    »Lehrer haben keine Freizeit, das solltest du eigentlich am besten wissen«, sagte der Lehrer.
    »Und was ist das ?«, fragte die Direktorin.
    »Ein Tipi für den Unterricht.«
    »Ein was ?«
    »Normale Klassenzimmer legen unsere Fantasie in Ketten«, sagte der Lehrer, obwohl das eigentlich keine Antwort auf die Frage der Direktorin war.
    »Ich lass dich in Ketten legen, wenn der gefährliche Unfug nicht heute noch verschwindet!«, sagte die Direktorin.
    »Du wirkst irgendwie nervös«, sagte der Lehrer ruhig.
    »Ich bin nervös!«, schrie die Direktorin.
    »Aber das ist nicht gut für dich«, säuselte der Lehrer. »Wie wär’s, wenn du dich ein Weilchen still zu uns setzen würdest? Wir üben gerade das Zuhören. – Der Mensch sollte mehr zuhören und weniger sprechen.«
    »Ich soll mich zu euch setzen – von wem sprichst du?«, fragte die Direktorin.
    »Von mir und meinen Schülern.«
    »Heißt das, deine Schüler sind in dem einsturzgefährdeten Gebilde da drinnen ?«

    »Jedenfalls waren sie es, als ich gegangen bin.«
    Jetzt wurde es so still, dass wir schon dachten, die Direktorin wäre mit dem Vorschlag des Lehrers einverstanden und finge schon mal mit dem Zuhören an. Aber dann sagte sie doch was.
    »Das ist komplett verrückt«, sagte sie mit zittriger Stimme. »Stell dir vor, so was spricht sich draußen herum. Was glaubst du, was los ist, wenn davon zum Beispiel der Schulrat erfährt? Du baust sofort diese Schießbude ab! Ich darf gar nicht daran denken, was es für einen Aufstand gibt, wenn die Eltern und die Öffentlichkeit davon Wind bekommen. Ein Tipi als Klassenzimmer – es ist nicht zu fassen!«
    Wir mussten ein bisschen schmunzeln, weil Paavos Mutter, der vornehme Huper und der Hausmeister ja schon längst über das Tipi Bescheid wussten.
    »Du bist nur nervös, weil du es nicht verstehst«, säuselte der Lehrer. »Was wir nicht verstehen, macht uns nervös, und wir würden mehr verstehen, wenn wir weniger nervös wären.«
    »Du machst die ganze Schule lächerlich mit deinem Unsinn!«, fauchte die Direktorin. »Schluss damit, aus! Ich gehe den Hausmeister holen.«
    »Nicht nötig!«, sagte da der Hausmeister und kroch aus dem Tipi.
    »Was machst du denn hier?«, wunderte sich die Direktorin.
    »Ich war still und habe zugehört«, sagte der Hausmeister.
    Dann krochen Paavo und Paavos Mutter hinaus.
    »Und was sind das für Indianer?«, fragte die Direktorin.
    »Wir sind gekommen, um dem berühmten weisen Lehrer zuzuhören. – Das sollten Sie auch tun«, sagte Paavos Mutter.
    Dann kroch auch der Huper hinaus.
    »Aha, hier wohnt offenbar ein ganzer Indianerstamm«, sagte die Direktorin. »Und Sie sind dann wohl der große Häuptling Sitting Bull?«
    »Nein, ich bin nur der Schulrat«, sagte der Huper.
    Da sagte die Direktorin nichts mehr und der Lehrer auch nicht. Sie waren still und hörten zu.

Ja, ich will
    Der Schulrat war dann eigentlich sehr nett. Er sagte, er habe den Lehrer schon an allen möglichen Schulen gesucht und sei froh, dass er ihn endlich gefunden habe.
    Wir mussten wieder ein bisschen schmunzeln, weil inzwischen ja alle unseren Lehrer kannten, sogar die Zeitung und die Polizei.
    Der Schulrat hatte den Lehrer gesucht, weil er sich bei ihm bedanken wollte. Nachdem er sich an der Kreuzung ausgeweint hatte, war er nach Hause gefahren, um seinen Kindern endlich mal wieder Schinkennudeln zu kochen. Sie waren extralecker geworden, vor allem weil er am Ende eine Prise Muskatnuss darübergegeben hatte wie seine

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