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Ellernklipp

Ellernklipp

Titel: Ellernklipp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Butt auf den Kopf und den Arm in die Hüft, und heidi geht's in die Höh. Und sie weiß wohl, es kleidet ihr, und das Mannsvolk sieht ihr nach. .. Oh, sie kann schon, wenn sie will! Es muß sich ihr bloß verlohnen. Und das muß wahr sein, wenn sie so geht, so prall und drall, ist es gar nicht die Hilde mehr.«
    All das hörte Baltzer nicht gern, und er sah sie scharf an. Aber sie kannte seine Schwächen, und
weil
sie sie kannte, hatte sie keine Furcht vor ihm. Und nun gar heute;
wenn
sie sich auch gefürchtet hätte, es brannt ihr zu vieles auf der Seele, was herunter mußte. »Ja, Heidereiter, Ihr habt es ja selber so gewollt, als Ihr damals ein Frölen aus ihr machen wolltet und als sie mit eins zu gut für die Grissel war, obwohlen ich ehrlicher Leute Kind bin und einen richtigen Namen habe, was nicht jeder von sich sagen kann. Ja, ja, Heidereiter, damals, als sie mit eins die Kammer allein haben mußt und ich in die Küche kam oder doch dicht daneben. Und das alles mitten im Sommer und immer die warme Wand und die Sonne von vier Uhr morgens. Und sowie die Sonne da war, waren auch die Fliegen da und summten und brummten, und waren auch Stechfliegen dabei, weil es das Hoffenster ist, kleine, rote, die giftig sind und wo einem die Hand abgenommen werden kann. Und ich habe keine Nacht geschlafen.«
    »Aber bist doch nicht abgefallen«, sagte der Heidereiter in einem Tone, darin sich gute und schlechte Laune die Waage hielten, und setzte dann, während er, ohne recht zu wissen, was er tat, ein paar Samenkapseln abbrach und die Körner in seine Hand schüttete, hinzu: »Und nun sage mir, was soll das? Was meinst du?«
    »Was ich meine? Daß Ihr selber schuld seid, Heidereiter, schuld mit Eurer neuen Einrichtung und mit allem... Und du lieber Himmel, die Milchwirtschaft! Ja, da hat sich was mit Milchwirtschaft, und ich möchte wohl sehen, wie's damit stünd ohne die Rentschen oder ohne die Christel. Aber versteht sich, immer so getan, als ob es was wär, und immer geklappert und immer unterwegs und immer auf die Sieben-Morgen. Und da sitzen sie.«
    »Wer?« fragte Baltzer, in dem der Ärger allmählich das Übergewicht gewann.
    »Wer? Nu, mein Gott, wer! Der alte Melcher sitzt da, mit seinem Kamm unterm Hut und mit seinem Hochmut unterm Hut. Und ist auch gut, daß er ihn festhält, er könnt ihm sonst wegfliegen. Und ist eine alte Geschichte, daß die Konventikelschen alle den großen Nagel haben, das hat mir schon mein Vater selig ins Gewissen geredt, und sein letztes Wort war immer: ›Und der Melcher Harms, das ist der Schlimmste.‹ Ja, das ist nun freilich schon eine kleine Ewigkeit, aber Kamm-Melcher hieß er auch schon, und bloß den Saal hatten sie noch nicht und noch keine Freitagabend-Andacht, und der alte Graf war noch gut bei Weg und dachte noch an kein Sterben. Und war das Jahr vorher, eh der preußische Krieg anfing. Aber du mein Gott, wenn mein Vater selig ihn jetzt so säh, immer mit Strumpf und Strickzeug, und wie er so klein tut, als könnt er kein Wasser trüben, und dann abends aufs Schloß in die kleine Kapellenstube mit dem fliegenden Engel – oh, du mein Gott und Vater! und wenn er dann gar noch säh, wie sie jeden geschlagenen Freitag in den Saal geht und sitzt da mit auf der Bank und weint und schluchzt, als ob sie so wär wie das arme Volk oder der alte Nagelschmied Eschwege, der immer vorsingt – und er soll ihr auch das Abendmahl gegeben haben; aber das glaub ich nicht, da wäre doch ein Blitz vom Himmel gekommen –, oh, du mein Gott und Vater, wenn er
das
noch gesehen und erlebt hätt, da würd er noch ganz anders gesprochen haben! Und das soll auch nicht sein, Baltzer. Aber Sörgel ist zu gut und denkt bloß immer: es schadet nichts. Aber es schadet
doch
. Und von Ordnung ist keine Rede mehr, und weiß kein Mensch mehr, ob er ein Hirt ist oder ein Papst. Und was Katholisches hat er, das sieht jeder, und war auch mit nach 'm Eichsfeld. Ihr müßt es ja selber wissen, Baltzer. Und was habt Ihr zuletzt davon? Was? Daß sie mit katholisch wird!«
    »Hilde?«
    »Ja, Hilde. Wer anders als Hilde. Denn den ganzen Tag ist das Püppchen oben, wenn nicht gerad Regen ist oder Wind, und da priestert er ihr was vor und setzt ihr Raupen in 'n Kopf und erzählt ihr vornehme Geschichten von Schloß und Rittersleut', und wenn sie dann wiederkommt, sieht sie sich um, als ob sie selber so was wär. Und Martin auch immer mit dabei, wenn er aus 'm Wald kommt, und muß ja dran vorüber, versteht sich, weil es

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