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Ellernklipp

Ellernklipp

Titel: Ellernklipp Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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Holz lag, und wenn sie da warm geworden, kroch sie wieder heraus und setzte sich auf den Hauklotz. Da hockte sie stundenlang und sah in das Feuer, in das von oben her aus dem Rauchfang einzelne Tropfen zischend niederfielen, und hörte, wie die Katze spann und wie die Sperlinge, die sich naß und hungrig auf das Fensterbrett geflüchtet hatten, ängstlich und traurig zirpten und zwitscherten. Dann jammerte sie der Kreatur, und sie stand auf und öffnete das Fenster und streute Krumen. Und wenn einige zudringlich in die Küche hineinhuschten, dann hielt sie die Katze fest, bis alle wieder über den Flur oder durch den Rauchfang hinaus ins Freie waren.
    Das ging so wochenlang, bis eines Morgens der Regen fort war und die Sonne hell ins Fenster blinkte. Denn über Nacht war Winter geworden. Und wie das Wetter, so hatte sich auch die Hilde vertauscht und war froh und frisch und aller Müdigkeit los und ledig. Und Martin sagte: »Komm, ich geh auf die Sieben-Morgen.« Und nicht lange, so stiegen sie den Heckenzaun entlang auf ein Tümpelchen zu, das in der Sommerzeit eine Tränke für das Vieh war. Und weil es tief eingebettet und geschützt vor dem Winde lag, war sein Eis glatt, und Martin sagte: »Nun hucke dich und fasse meinen Rock.« Und im nächsten Augenblicke fuhr er über die Spiegelfläche hin, und sie glitt ihm nach und konnt es nicht müde werden, bis ihr zuletzt die klammen Finger versagten. Aber noch auf dem Heimwege versuchte sie's immer wieder, und als Grissel ihrer ansichtig wurde, wie sie so frisch und rotbäckig war, rief sie verwundert ein Mal über das andere: »Kind, Hilde, du bist es ja gar nicht mehr!«
    Und wieder eine Woche später, da trübte sich der Himmel, ohne daß der Frost erheblich gewichen wäre; und als Hilde den dritten Tag aufsah und wie gewöhnlich das Fenster öffnete, siehe, da flog schon ein Schneeball über sie weg und gleich darauf ein zweiter, und Martin rief hinauf: »Aber nun rasch; ich will dich Schlitten fahren.« Und wirklich, ehe noch die Grissel ein Nein oder Ja sagen konnte, war schon die Schleife mit den vier Speichen heraus, und Hilde saß in dem Korbe, einen Häckselsack unter den Füßen und einen Pferdefries über die Knie; Martin und Joost aber spannten sich vor, der eine rechts, der andere links, und im selben Augenblicke ging es vom Hof her in den Fahrweg hinunter und am Hause vorbei, so laut und so froh, daß Baltzer von seinem Tisch aufsah und zur Grissel sagte: »Wie die Hilde lustig sein kann. Und du sagst immer, sie sei bloß müd und matt und recke sich und strecke sich. Da sieh nur, wie das jubelt und lacht!«
    »Ja«, sagte Grissel, »das ist, seit wir den Winter haben; und hat ordentlich rote Backen und ist wie vertauscht. Und uns' Martin auch, und immer hinterher, und Hildechen hier und Hildechen da. Ja, die Hilde! Sie weiß es nicht anders mehr und hat es, mein Seel, vergessen, wo sie herkommt und was es eigentlich mit ihr ist... Aber das sag ich so bloß zwischen uns, Baltzer Bocholt.«
    Und des Heidereiters Stirn, die sich schon gerunzelt hatte, glättete sich wieder, und er sagte ruhig und in beinahe freundlichem Tone: »Und wenn sie's vergessen hat, desto besser. Wir wollen es
auch
vergessen... Und
das
vergiß nicht!«
     
Drittes Kapitel
     
Hilde hat einen Willen
    Hilde lebte sich ein, und es waren glückliche, helle Tage, so hell wie der Schnee, der draußen lag. Alle Morgen mußte Martin in die Schule, zweimal auch zu Sörgel, aber wenn er dann eine Stunde vor Essen wiederkam und seine Mappe mit der Schiefertafel in das Brotschapp gestellt hatte, so ging es mit der ihn schon erwartenden Hilde rasch in die Winterfreude hinaus, die jeden Tag eine andere wurde. Die größte aber war, als sie sich auf dem Hofe eine Schneehütte gebaut und die Höhle darin mit Stroh und Heu ausgepolstert hatten. Da saßen sie halbe Stunden lang, sprachen kein Wort und hielten sich nur bei den Händen. Und Martin sagte, sie seien verzaubert und säßen in ihrem Schloß und der Riese draußen ließe niemand ein. Dieser Riese aber war ein Schneemann, dem Joost eine Perücke von Hobelspänen aufgesetzt und anfänglich ein Schwert in die Hand gegeben hatte, bis einige Tage später aus dem Schwert ein Besen und mit Hülfe dieses Tausches aus dem Riesen selbst ein Knecht Ruprecht geworden war. Das war um die Mitte Dezember. Als aber bald danach die letzte Woche vor dem Fest anbrach, da fingen auch die Heimlichkeiten an, und Martin war stundenlang fort, ohne daß Hilde

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