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Elli gibt den Loeffel ab

Elli gibt den Loeffel ab

Titel: Elli gibt den Loeffel ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Hennig
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Blinker setzen und raus. Kaum war das Ticken des Blinkers im Führerhaus des Wohnmobils zu vernehmen, hüpfte Oskar auf die Hinterbeine, stützte sich mit den Pfoten am Fenster ab und lugte hinaus, wobei er in Propellergeschwindigkeit mit dem Schwanz wedelte. Pfoten vertreten und pinkeln waren angesagt. Die einfachen Dinge des Lebens, über die sich ein Chihuahua bis zur Ekstase freuen konnte. Wo war nur seine Geldbörse? Sicher irgendwo zwischen den Papieren im Handschuhfach. Oskars freudiges Winseln war ja kaum noch auszuhalten. Noch mal tätscheln, und dann ging alles sehr schnell.
    Ein roter Käfer schoss zeitgleich mit ihm von links auf die einzige freie Tanksäule zu. Vollbremsung! Oskar segelte blitzartig vom Sitz. Das laute Gerumpel im hinteren Teil des Wohnmobils signalisierte Heinz, dass er Teile der Einrichtung später nicht mehr an ihrem Platz vorfinden würde. Eine Frau mit lockigem Haar versuchte unter größter Kraftanstrengung und ziemlich hektisch das Seitenfenster ihrer antik anmutenden Rostmühle herunterzukurbeln. Dem Äußeren nach zu urteilen würde die italienische Omi sicher gleich loswettern. »Bastardo!«, war das Mindeste, womit er rechnete. Die Alte hatte sie ja nicht mehr alle, einfach so aus dem Nichts auf die Tanksäule zuzuschießen.
    »Geht’s noch? Haben Sie denn keine Augen im Kopf?«, beschwerte die Fahrerin sich.
    Aha, eine Deutsche also. Bodenlos! Auch auf Tankstellen gab es so etwas wie Vorfahrtsregeln. Fenster runter — natürlich vollelektrisch, was ihm ein Gefühl der Überlegenheit verlieh. Nun fing auch noch Oskar an, wütend zu kläffen. »Wer von rechts kommt, hat Vorfahrt!«
    »Sie hätten mich um ein Haar gerammt«, plärrte sie.
    »Es ist ja nichts passiert«, versuchte Heinz sie zu beschwichtigen.
    »Das wäre ja noch schöner.« Sie schien sich einfach nicht beruhigen zu wollen.
    Wie hieß es noch so schön? Der Klügere gibt nach. »Ich habs nicht eilig. Die Zapfsäule gehört Ihnen.«
    »Pah!«
    Typisch! Immer wollten sie das letzte Wort haben. Rückwärtsgang rein und nichts wie weg. Auf eine hysterische Deutsche hatte er jetzt wahrlich keine Lust. Offenbar hatte die Frau ihren Käfer nicht mehr ganz so gut im Griff. Er hoppelte wie ein Hase ruckartig an die Zapfsäule. Dass sie damit überhaupt noch durch den TÜV kam. Nun klemmte auch noch die Tür, die schließlich ruckartig aufflog und das Fast-Unfallopfer förmlich ausspie. Ganz schön frech von der Lady, ihm auch noch einen vorwurfsvollen Blick zuzuwerfen, als sie sich den Zapfhahn schnappte. Nach drei gescheiterten Anläufen, die den Anschein erweckten, als würde sie mit einer ausgewachsenen Anakonda um ihr Leben kämpfen, versenkte sie den Schlauch endlich im Tank ihrer Rostmühle.
    Wurden Frauen ab einem gewissen Alter automatisch so zickig? Beim zweiten Hinsehen war sie zugegebenermaßen überaus attraktiv. Quirlig, ein hübsches Gesicht.
    Ein herzerweichendes Winseln riss Heinz aus seinen Gedanken. Es wurde Zeit, Oskar ein bisschen herumzuführen. Was hatte seine Mutter immer gesagt? »Erst kommt der Hund, dann der Mensch.« Er hätte diesen Satz zwar niemals unterschrieben, aber angesichts der angespannten Lage war diese Maxime bestimmt keine schlechte Idee.
    Im Grunde genommen hatte dieser versiffte Typ ja recht, musste Elli sich eingestehen, als sie im Stechschritt auf den Tankstellen-Shop zuschoss. Ja, sie war von links gekommen. Die Sonne hatte sie so stark geblendet, dass sie nur noch die Umrisse der Zapfsäule vor sich gesehen und dummerweise auch noch Vollgas gegeben hatte. Man sollte beim Autofahren eben niemals versuchen, mehr als zwei Aktionen gleichzeitig auszuführen. Nach der Sonnenbrille zu suchen, zu schalten und zwischendurch in der Handtasche zu wühlen, um ihren Geldbeutel ausfindig zu machen, war angesichts ihres von Ermüdung und Hitze gepeinigten Körpers wohl ein Tick zu viel gewesen.
    Immerhin hatte der unfreundliche Kerl sich vom Acker gemacht. Das Wohnmobil, im Gegensatz zum Äußeren des Fahrers in einem Topzustand, parkte auf einem der freien Parkplätze unweit der Kasse. Aha! Das kläffende Viech, das durch die Scheibe gefährlich die Zähne gefletscht hatte, entpuppte sich bei näherem Hinsehen als Liliput-Ausgabe eines Hundes. Cremefarbenes Fell und flink wie ein Wiesel. Eigentlich ganz süß, was sie von dem Herrchen nicht gerade behaupten konnte. Wie konnte sich ein Mann in seinem Alter nur derart gehen lassen? Abgewetzte Jeans, ein T-Shirt, das auch aus der Ferne

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