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Elli gibt den Loeffel ab

Elli gibt den Loeffel ab

Titel: Elli gibt den Loeffel ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Hennig
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gerades Stück vor ihr. Da setzte das Wohnmobil hinter ihr erneut zum Überholen an. Mal sehen, wer hier wen überholt, meldete sich eine jeglicher Vernunft trotzende Stimme in ihr, die sie gar nicht an sich kannte. Vollgas!
    Elli hatte das berauschende Gefühl, dass der Käfer, zumindest was den ohrenbetäubenden Lärmpegel im Wageninneren betraf, schlagartig zu einer Boeing 737 kurz vor dem Abheben wurde. In nur einer halben Minute von sechzig auf hundert, und da es gerade leicht bergab ging, war sogar noch mehr drin. Einhundertzehn Stundenkilometer! Sie hatte es tatsächlich geschafft, sich von der Stoßstange ihres Verfolgers zu lösen. Das war James-Bond-Feeling pur. Und Elli sah sich ganz gewiss nicht in der Rolle der biederen Miss Moneypenny. Schade, dass Q ihr nicht irgendwelche Spielereien in den Käfer eingebaut hatte.
    Ihr Verfolger wollte sich aber nicht so leicht geschlagen geben und schien gerade seine persönliche Fortsetzung von Steven Spielbergs Duell zu inszenieren, dem nervenzerfetzenden Thriller, in dem ein schwerer Lastzug einen Pkw über die Landstraße scheucht. Der Fahrer des Wohnmobils betätigte nun Scheinwerfer und Hupe nonstop, doch vorbei kam er trotzdem nicht, auch ohne abgelassene Schmierseife oder eine Ladung per Knopfdruck auf die Straße abgeworfener Nägel.
    »Lassen wir ihn noch ein wenig zappeln«, redete Elli auf den Käfer ein und dachte: Mal sehen, was die alte Kiste noch so draufhat. Emhundertzehn konstant — immerhin! Dann ein lauter Knall. Vor Schreck verriss Elli das Steuer und sah sich schon schlingernd im Straßengraben landen. Dann die Eruption. Reinhards Käfer spielte Vesuv, und das Hinterteil spie von jetzt auf gleich Rauch und Qualm. Panik! Am Ende würde der Wagen noch explodieren. Dazu kam ein Ächzen und Rumpeln aus dem Motorraum. Eine Vollbremsung war gar nicht mehr vonnöten. Polternd kam der Wagen am Straßenrand zum Stehen. Jetzt nur noch schnell die Handtasche schnappen und nichts wie raus hier. Elli hatte nicht die geringste Lust, in die Luft zu fliegen. Der
    Wind trieb ihr den Rauch direkt ins Gesicht, als sie keuchend mitten in ein Mohnfeld rannte. Die frische Luft tat gut.
    »Ich schätze, Sie sitzen jetzt fest.«
    Elli drehte sich nach der bekannten Stimme um und sah ihren Verfolger in Begleitung des Chihuahuas, der höhnisch zu grinsen schien, auf sich zukommen.
    »Ich weiß auch, wem ich das zu verdanken habe.« Ihr Versuch einer scharfen Erwiderung ging leider in einem erneuten Hustenanfall unter.
    »Erst wie eine Schnecke schleichen und dann auf die Tube drücken.« Der Wohnmobilfahrer klang äußerst ungehalten.
    »Sie haben mich bedrängt«, warf sie ihm vor.
    »Und Sie haben mich kilometerweit behindert.«
    »Vielleicht haben Sie die Überholverbotsschilder ja nicht gesehen«, hüstelte ihm Elli entgegen.
    »Auf den letzten zwei Kilometern waren keine«, hielt er dagegen.
    »Da bin ich ja auch schneller gefahren.«
    »Sie fahren wohl nicht so oft.« Er warf einen Blick auf den Käfer, der mittlerweile weniger qualmte und entgegen Ellis Befürchtungen wenigstens nicht in die Luft flog. »Dass Sie mit dem Vehikel überhaupt so weit gekommen sind«, fügte er kopfschüttelnd hinzu.
    Nun schien der Hund Interesse an ihr zu bekunden und wuselte zwischen ihren Beinen herum, während sie versuchte, den Reizhusten mit tiefen Atemzügen unter Kontrolle zu bekommen.
    »Komm mir nicht zu nahe!« Ihre Warnung hielt den Hund nicht davon ab, auf Tuchfühlung zu gehen. »Nicht, dass er mich auch noch anpinkelt.«
    »Das macht er nur bei Leuten, die er nicht mag.« Sehr charmant! »Platz!« Immerhin gehorchte der Hund aufs Wort und sah sie nun mit schief gelegtem Kopf von der Seite an. »Haben Sie ein Handy? Was frag ich, wer so ein Auto fährt...«
    »Natürlich.« Elli kramte es sofort aus der Tasche und hielt es ihm triumphierend hin. Moment mal, kein Empfang.
    Er merkte es wohl an ihrem verwirrten Gesichtsausdruck.
    »Der Akku ist aber voll«, sagte sie nur.
    »Prepaid-Karte?«, fragte er mit wissendem Lächeln. Woher wusste er das nur? »Mit Billiganbietern werden Sie in Italien kein Glück haben. Ich würde mal sagen, der Wagen hat einen Motorschaden, so, wie das geknallt hat. Wenn Sie möchten, rufe ich Ihnen gerne einen Abschleppdienst.«
    Elli nickte dankbar. Was blieb ihr auch anderes übrig?

    »Kaputt!«, konstatierte der etwa vierzigjährige italienische Automechaniker im Blaumann, der etwa zehn Minuten lang kopfüber im Heck des Käfers

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