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Elli gibt den Loeffel ab

Elli gibt den Loeffel ab

Titel: Elli gibt den Loeffel ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Hennig
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Hände in technischen Angelegenheiten wissend, nahm sie sich tapfer vor, den Reifendruck zu überprüfen. Igitt! Was war das für eine gelbe Flüssigkeit, die sie an der Hand kleben hatte, als sie das Ventil anfasste? Verlor der Käfer etwa Öl? Schnell suchte Elli mit der freien Hand nach einem Papiertaschentuch in ihrer Jackentasche. Gelbe Flüssigkeit? Ol hatte doch eine andere Farbe.
    Gerade als sie sich die merkwürdige Substanz von den Fingern wischte, fiel ihr Blick auf das Wohnmobil. Der Althippie stand vor dem Fahrerhaus und pfiff nach seinem Hund. Elli suchte den Parkplatz nach dem Chihuahua ab und ertappte ihn dabei, wie er genüsslich einen weiteren Reifen ihres Wagens markierte. Hundepipi, o nein! Jetzt schien der Kerl sie auch noch zu beobachten, und seine schadenfrohe Miene ließ sich nicht fehlinterpretieren. Er amüsierte sich offenbar köstlich darüber, dass sie gerade in Hundeurin gefasst hatte. Das Schulterzucken, das mit einem breiten Grinsen einherging, machte Elli nur noch wütender. Angeekelt warf sie das Taschentuch in den Müllcontainer und lief wutentbrannt zurück zu ihrem VW-Käfer. Dass sich die Fahrertür auch diesmal nur sehr mühsam öffnen ließ, amüsierte den Blondschopf nur noch mehr.
    Slapstick pur, nur leider auf ihre Kosten und obendrein Unterhaltung auf RTL-Niveau. Eine Gehirnzelle weniger und der Kerl wäre vermutlich eine Pflanze. Nichts wie weg von hier!, dachte Elli und steckte den Schlüssel ins Zündschloss. Immerhin sprang Reinhards Erbstück sofort an. Sie gab Vollgas und rauschte mit Geruckel und Getöse von dannen.

    Auf der Landstraße zu fahren war natürlich nicht der schnellste Weg, um nach Italien zu gelangen, dafür aber der billigste. Außerdem wäre es für die anderen Verkehrsteilnehmer auf der Autobahn eine Zumutung, ein tuckerndes Käferlein vor sich herzuscheuchen. Überholen strengte den Kleinen zudem viel zu sehr an. Nur nichts riskieren. Außerdem waren die unentwegten Signale mit der Lichthupe eindeutig zu viel für Ellis Nerven. Ein nostalgischer Aspekt kam natürlich auch noch hinzu.
    Früher war sie die gleiche Strecke mit Doro und ihren Eltern gefahren, meistens in den Abend hinein. Gemütlich eingekuschelt in eine Decke auf der Rückbank ihres Ford Taunus 15 M — was für ein eleganter Wagen — , hatte sie die Aussicht auf die hohen Berge genossen, die im Schein der untergehenden Sonne lange Schatten warfen. Ab diesem Moment hatte die Freude auf die Sommerferien so richtig eingesetzt, und die gleiche Magie ergriff sie auch diesmal.
    Nach Trento wurde die Fahrt jedoch immer kurvenreicher, auch die Straße war nun steiler und nur noch im zweiten Gang zu bewältigen. »Azzurro, il pomeriggio e troppo azzurro e lungo per me.« Adriano Celentano machte damals wie heute Laune und schaffte es, die Fahrgeräusche und Überholmanöver der schicken Familienkutschen und Sportwagen erträglicher zu machen. Selbst für die Wohnwagenfraktion aus Holland fuhr Elli offenbar zu langsam, und schon wieder war so ein weißer Brummer im Anmarsch. Jetzt nur brav rechts fahren, was angesichts der steilen Bergwand auf der engen Straße gar nicht so einfach war.
    Diesmal hatte das Wohnmobil ganz schön viel Dampf drauf, wie sie mit einem Blick in den Rückspiegel feststellte. Warum fuhr dieser Idiot nur so dicht auf? Gut, der rege Gegenverkehr machte das Überholen im Moment so gut wie unmöglich. Kaum waren die entgegenkommenden Fahrzeuge weg, galt auf einem langen Abschnitt wieder absolutes Überholverbot — angesichts der vielen Serpentinen und schnell aufeinander folgenden Tunnel kein Wunder. Wieder begann das nervtötende Spiel mit der Lichthupe. Der Fahrer des Wohnmobils konnte sich doch wohl denken, dass sie nicht freiwillig so langsam fuhr, schließlich saß sie nicht in einem Porsche. Was war das bloß für ein weißer, zappeliger Punkt, der immer wieder hinter der Windschutzscheibe ihres Verfolgers auftauchte? Erst jetzt, als die Sonne über einer kleinen Wolke eine kurze Verschnaufpause einlegte und eine spiegelfreie Sicht nach hinten ermöglichte, erkannte Elli ihn: den Chihuahua.
    Der unrasierte Blondschopf schien sie zu verfolgen und setzte jetzt auch noch zum Überholen an — trotz des Verbots! Der erste Versuch scheiterte kläglich. Blitzschnell war ein Cabrio um eine enge Kurve geschossen, und um ein Haar wäre ihr Verfolger nicht schnell genug eingeschert. Stress pur! Schweißperlen standen ihr auf der Stirn. Gott sei Dank lag nun ein längeres

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