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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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weiter. »Meine Eltern sind schon lange tot. Jemaina hat mich aufgezogen.« Vorsicht! »Ich bin ganz ohne Familie hier auf der Burg. Mein einziger Freund ist – war – Nikal. Und der ist jetzt auch weg.« Daß hier meine Stimme brach, war nicht ausschließlich gespielt. Es schien seine Wirkung nicht zu verfehlen. Tom sah mich mitleidig an.
    »Aber warum willst du denn ausgerechnet zur Kronenburg?« Gerettet!
    »Weil dort meine Großmutter lebt.« Das war endlich einmal nicht gelogen. Großmutter hatte gesagt, daß sie vorhatte, bis Ende Herbst bei der Krone zu bleiben.
    Tom stöhnte. Dann stand er auf und drehte mir den Rücken zu. Er schien gründlich nachzudenken. Ich biß mir vor Aufregung auf die Lippen und machte vorsichtshalber hinter dem Rücken mit drei Fingern das Zeichen der Glücklichen Vorbestimmung. Das paßte zwar nicht besonders gut zu dieser Situation, aber vielleicht würde es die Geister trotzdem günstig stimmen.
    Er drehte sich um und sah mich sehr ernst an. Er würde mir jetzt bestimmt eröffnen, daß er erst Akim fragen müsse. Und ob ich in der Lage wäre, den knurrigen Heiler zu überreden – dazu benötigte ich sicher den Beistand einiger Legionen wohlmeinender Geister!
    Aber Tom überraschte mich. »In Ordnung«, sagte er. »Du kannst mitkommen. Und du wirst dafür arbeiten, das verspreche ich dir.« Weiter kam er nicht, weil ich aufjubelte und ihm um den Hals fiel.
    »Ist ja schon gut, mein Bester«, verfiel er wieder in seine verschnörkelte Sprechweise. »Sei doch bitte ein guter Junge und ruiniere mir meine Kleidung nicht, mein Schneider lebt sehr weit entfernt von hier!« Affektiert fegte er einige nichtexistierende Staubflusen fort und richtete eine zerdrückte Rüsche an seinem Hemd.
    »Tom«, drängte ich, »wir müssen einen Treffpunkt vor der Burg ausmachen, damit keiner merkt, daß ich fortgehe.«
    Sein Blick wurde mißtrauisch. »Wieso das denn? Warum kannst du nicht einfach auf unseren Wagen steigen und mitkommen?«
    Verzweifelt erfand ich weiter. Es stimmte: Wenn man einmal mit dem Lügen anfing, mußte man immer damit weitermachen. »Ich kann hier nicht einfach so weg, solange ich nicht aus meinem Dienst entlassen worden bin. Aber das, das ...« Verdammnis, warum sollte das nicht möglich sein? »Das geht nicht so leicht, weil ...« Tom rettete mich; er winkte entsetzt ab.
    »Bitte, verschone mich mit den Einzelheiten eurer exotischen Formalitäten. Darin seid ihr Raulikaner wirklich einmalig. Ihr müßt die Bürokratie erfunden haben!« Er schüttelte sich. »Ich habe in diesem Land sogar eigens eine Genehmigung erwerben müssen, um öffentlich auftreten zu dürfen. Das gibt es in der ganzen Welt nicht noch einmal!« Im Stillen segnete ich diese raulikarsche Eigenart.
    »Wird irgend jemand hinter uns herreiten, um dich zurückzuholen? Oder werden wir deinetwegen Ärger bekommen? Das können wir nämlich als allerletztes gebrauchen, mein Guter.« Ich beeilte mich, ihm zu versichern, daß er nicht mit bösen Überraschungen zu rechnen hätte, wenn er mich mitnähme. Ich hoffte wirklich, damit jetzt endlich einmal die Wahrheit gesagt zu haben. Tom schien mir zu glauben, und ich atmete auf. Wir machten aus, daß ich mein Bündel nachts auf den Wagen werfen würde, wenn es niemand sah, und die beiden mich dann morgens in aller Frühe an derselben Stelle vor dem Dorf aufsammelten, wo wir uns das erste Mal begegnet waren. Tom sah mich noch einmal durchdringend an, als wolle er mir bis in den hintersten Winkel meiner schwarzen Seele blicken, klopfte mir dann auf die Schulter und – ich hatte es schon gerochen – drehte sich auf dem Absatz um und ging hinunter ins Dorf. Dieser Abschied würde bestimmt herzzerreißend werden!
    Ich rannte in meine Kammer und schnürte ein paar Kleidungsstücke und einige wenige Habseligkeiten zu einem handlichen Bündel. Eigentlich gab es hier nichts, woran ich so sehr hing, daß ich es unbedingt hätte mitnehmen wollen. Viel wichtiger war es, Julian die Nachricht von meiner Abreise zukommen zu lassen. Zu dumm, daß Magramanir nicht hier war. Julian war zu weit fort, als daß ich ihn mit meinen unzuverlässigen Kräften so ohne weiteres hätte erreichen können. Aber mir schwebte eine Lösung vor. Ich begab mich in Julians Turmzimmer und wühlte dort ein wenig herum. Er hatte es glücklicherweise nicht für nötig gehalten, das Gemach magisch zu versiegeln, wahrscheinlich dachte er ganz zu Recht, daß sich außer mir ohnehin niemand hier

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