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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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sich. Ich kuschelte mich an ihn wie an einen warmen Herd und ließ mich von seiner Körperwärme auftauen. Barmherzig flutete der Schlaf zurück und erlöste mein gepeinigtes Bewußtsein.
    Vor dem ersten Morgengrauen wurde ich durch den schmetternd einsetzenden Gesang der Vögel geweckt. Zuerst wußte ich nicht, wo ich war. Warum schlief ich hier im Freien? Sanfter Atem blies in mein Genick, über meiner Brust lag schwer ein fremder Arm. Ein warmer Körper schmiegte sich an meinen Rücken und zarter Vanilleduft stieg in meine Nase. Ich strampelte mich erschreckt frei, Tom knurrte unmutig und öffnete ein verschlafenes Auge. Er blinzelte mich an, murmelte etwas und schlief wieder ein. Sein schlafendes Gesicht erschien mir ganz fremd. Ohne den wachen Blick seiner funkelnden Augen und das spöttische Lächeln schien es von einer seltsam anrührenden Verletzlichkeit und Unschuld. Ich legte mich vorsichtig wieder zurück, um ihn nicht erneut zu wecken und breitete die Decken über uns beide. Er schnaufte zufrieden und legte seinen Arm um mich. Sein Duft hüllte mich ein, und ich sank erneut in Schlaf.
    Als ich das nächste Mal aufgeweckt wurde, geschah dies durch eine leichte Berührung in meinem Nacken. Sanfte, streichelnde Finger tasteten über meinen Hals und glitten meinen Rücken hinunter. Lippen berührten behutsam meine Schulter. Ich erstarrte. Der Vanilleduft, der meinen Schlaf behütet hatte, war dem vertrauten Muskataroma gewichen. Tom war ganz offensichtlich wach! Ich löste mich unsanft von ihm und rollte von ihm weg. Sein vorwurfsvoller Blick traf mich. Ich wollte Tom nicht verletzen, er hatte mich nur so erschreckt. Unsicher lächelte ich ihn an, aber sein Gesicht blieb traurig und enttäuscht.
    »Es tut mir leid«, stammelte ich verlegen. »Ich wollte nicht ...« Ich wußte einfach nicht, was ich sagen oder tun sollte. Tom blickte mich nur an. Dann erlöste er mich aus meiner Verlegenheit, indem er mich anlächelte und seine Hand ausstreckte.
    »Komm her, kleiner Dummkopf«, schnurrte er. »Komm schon, ich verspreche dir, ich werde dir nichts tun.«
    Zögernd schob ich mich wieder in seine Nähe. Er legte seine Hände auf meine Schultern. Ich schreckte unwillkürlich zurück, aber er zog mich zu sich heran. »Himmel, bist du verkrampft«, murmelte er und begann, mit kundigen Händen meinen Nacken zu massieren. Ich saß erstarrt da und wagte keinen Muskel zu rühren. In meinem Kopf jagten sich die Gedanken. »Entspann dich«, befahl Tom. Er hörte nicht auf, meine Schultern zu kneten. »Komm schon, Elloran. Ich beiße dich doch nicht.« Er griff nach meinem Kinn und drehte meinen Kopf zu sich hin. Zaghaft begegnete ich dem strahlenden Blick seiner Katzenaugen, ehe ich meine Augen niederschlug. Er seufzte leise und amüsiert. »Mein lieber Junge. Wovor fürchtest du dich? Vor mir?« Sein Atem blies sacht und minzeduftend in mein Gesicht. »Leg dich auf den Bauch. Dein armer Rücken verdient eine ordentliche Massage.«
    Ich gehorchte und drehte mich auf den Bauch. Seine warmen Hände kneteten fest meinen Rücken. Ich mußte zugeben, daß mir das sehr gut tat. Der schreckliche Traum der letzten Nacht begann langsam zu verblassen. Tom summte leise vor sich hin, eine fremdartige und sehnsüchtige Melodie, die mich eigenartig melancholisch stimmte.
    »Was sind das für Alpträume?« fragte er unvermittelt. Ich zuckte zusammen, und er legte beruhigend eine Hand in meinen Nacken.
    »Ich kann sie schwer erklären«, begann ich stockend. Er fuhr mit seiner Massage fort, aber ich spürte die Aufmerksamkeit, die er meinen Worten schenkte. »Ich träume seit meinem Fieber im Winter fast jede Nacht von meiner Schwester. Ich weiß, daß sie in großer Gefahr schwebt und daß ich der einzige bin, der sie daraus befreien kann. Aber noch weiß ich weder, wo ich sie finden kann, noch welcher Art die Gefahr ist.« Ich verstummte und geriet ins Grübeln. Tom ließ ab von seinem Tun, ohne seine Hände von meinem Rücken zu lösen. Wie kleine warme, atmende Tiere lagen sie auf meinem Körper.
    »Ich wußte nicht, daß du eine Schwester hast. Ist sie jünger als du? Wie heißt sie?«
    Ich wurde blutrot vor Scham. »Ich weiß es nicht«, flüsterte ich bestürzt.
    »Wie bitte?« fragte der Kater ungläubig nach.
    »Ich weiß es nicht, Tom. Ich kenne sie nur aus meinen Träumen, daher weiß ich, daß es sie gibt und wie sie aussieht.« Ich wandte mein Gesicht von ihm ab. »Wir könnten Zwillinge sein, so ähnlich ist sie mir. Aber

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