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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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waren. Akim kaute auf einem Holzspan und starrte ins Feuer. Ich dachte an meine Freunde. Ob ich wohl Jenka in der Hauptstadt wiedersehen würde? Meine Lider waren schwer und müde. Tom sah mich über das Feuer hinweg an; seine Augen lagen im Schatten, ich konnte nur ihr Funkeln sehen.
    »Müde?« fragte er leise. Ich nickte und unterdrückte ein Gähnen. »Komm, hau dich hin. Möchtest du im Karren schlafen oder bei uns draußen?« Akim und er hatten ihre Decken im Schutz des Wagens ausgerollt. Ich zögerte. Die Luft im Wagen war stickig, und ich hatte schon fast den ganzen Tag dort verbracht. Was sollte schon passieren? »Draußen«, sagte ich. Er nickte und warf mir eine Decke zu.
    »Schlaf gut und träum was Schönes«, wünschte er mir. Schon halb im Schlaf rollte ich mich in die Decke und bemerkte nicht einmal mehr, wie die beiden Männer sich schlafen legten.
    Ich fand mich im Traum der letzten Nacht wieder. Es war anders als sonst, dieses Mal war mir nur zu bewußt, daß ich schlief und träumte. Ich meinte sogar, Tom neben mir atmen zu hören und etwas weiter von mir entfernt das leise Schnarchen Akims. Ich saß auf der hölzernen Treppe des Wagens und schaute auf die Lichtung. Alle Farben waren verschwunden, es gab nur Schattierungen von Schwarz, Weiß und Silber – wie in einer Mondnacht. Dennoch war nicht Nacht um mich herum, sondern lichter, heller Tag. Ich wartete auf etwas; ich wußte nicht, was es war, aber ich fürchtete mich. Es war so kalt, daß mein Atem in einer Wolke vor meinem Mund stand.
    Die Lichtung veränderte sich langsam, fast unmerklich. Die Bäume wichen zurück und verschwanden in nebelhaftem Dunst. Der unebene Erdboden glättete sich, alle Pflanzen erschienen flach und ohne Tiefe und legten sich wie ein kurioser Teppich auf den Boden. Der nahm sie auf und verschlang sie schweigend. Der Wagen war plötzlich fort, ebenso die in ihre Decken gerollten Schläfer. Ich stand einsam auf der endlosen silbergrauen Ebene meines Fiebertraumes. Kein Himmel, kein Gestirn stand über mir, alles war grau und unbestimmt.
    Vor mir auf dem Boden erschien wie von Geisterhand gemalt eine sich von Ost nach West erstreckende schwarze Linie. Neben mir spürte ich die Gegenwart eines anderen Menschen, aber ich konnte kein Glied rühren, um mich umzusehen.
    Etwas klapperte, und eine ferne, weibliche Stimme sagte: »Das Spiel beginnt. Du besetzt die Spitze. Welche Figur wählst du?«
    »Den Narren «, antwortete eine männliche Stimme, etwas näher als die erste.
    Die erste Sprecherin lachte. »Was nimmst du den Narren, er ist doch nur eine Hälfte! Sei nicht dumm, mein Freund.«
    Der Mann erwiderte das Lachen. »Täusche dich nicht, Meisterin. Der Narr wird mir sehr nützlich sein. Ich wähle ihn. Und ich habe den ersten Zug.« Wieder das Klappern von knöchernen Würfeln.
    »Oh« , murmelte der Mann. Ich wurde hochgehoben und auf die schwarze Linie gesetzt. Um mich herum wurde es immer kälter, Reif lag auf dem Boden. Ich konnte meine Hände kaum noch spüren, meine Füße in den dünnen gelben Schnabelschuhen schienen aus schierem Eis zu bestehen. Ich wartete auf etwas, und ich wußte, daß es kam, um mich zu töten. Meine fühllosen Finger tasteten nach dem Messer an meinem schellenbesetzten Gürtel. Ein scharfer Wind kam auf und trieb mir das Wasser in die Augen. Für einige Sekunden war ich blind. Das schwarz-silberne Wesen war über mir, ehe ich mich versah, und unzählige eisige Beine drangen in mich ein und saugten den letzten Rest an Wärme aus mir heraus. Ich konnte mich nicht bewegen und fühlte unsichtbare Fäden mich einspinnen und mit unbarmherziger Kraft meine Arme an den Körper fesseln. Bald darauf umhüllte das Gespinst meinen ganzen Leib. Blind und gelähmt lag ich auf dem Erdboden und fühlte, wie mein Leben aus mir herausrann. Würfel klapperten.
    »Mein Zug« , sagte die Frau.
    »Elloran, Junge, um der Götter willen, wach doch auf!« Jemand schüttelte mich unsanft. Ich hörte mich schluchzen und fühlte eiskalte Tränen auf meinem Gesicht. Mir war so kalt, so unendlich kalt. Die Betäubung wollte nicht weichen, ich konnte mich nicht aus den eisigen Fängen des Traumes befreien.
    Tom hörte auf, mich durchzurütteln und murmelte: »Himmel, du bist ja halb erfroren!« Seine kräftigen, warmen Finger begannen, meine klammen Hände zu reiben. Langsam kehrte das Leben in mich zurück. Toms energische Hände wickelten mich in eine zweite Decke – seine eigene – und dann zog er mich eng an

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