Elsa ungeheuer (German Edition)
so etwas wie ein Hotel sei, ließen sie voneinander ab. Ein vorläufiger Waffenstillstand. Elsa konnte die Wut in meinem Bruder wecken.
»Haben Sie Mimosen?«, fragte Elsa die Blumenverkäuferin.
»Nein.« Sie musterte das Mädchen kritisch, wie fast jeder Erwachsene, der Elsa zum ersten Mal sah.
Lorenz zeigte auf einen Eimer gelber Rosen. »Was ist mit denen? Oder die da hinten, die roten?«
Wir drei streunten durch den Laden und konnten uns nicht entscheiden.
»Für wen sollen die Blumen denn sein? Einen Mann? Eine Frau? Ein Geburtstagskind?« Die Dame war offensichtlich genervt von unserer Unentschlossenheit.
»Für das Murmeltier. Und er mag Mimosen«, sagte Elsa.
Zwei der drei Betten waren nicht belegt. Es roch nach Desinfektionsmittel, Sauerbraten und Zigarrenrauch.
»Oh, ihr herrlichen Kinder«, rief er, als wir das Zimmer betraten. Lorenz und ich setzten uns auf eines der freien Betten. Elsa hockte sich zum Murmeltier und überreichte ihm die Blumen.
»Dann rufen wir mal die Schwester, damit diese wunderbaren Rosen Wasser bekommen. Jetzt wird es spannend. Aufgepasst! Man drückt auf den Knopf«, er betätigte die Klingel, »und entweder schwebt gleich ein Engel herein oder ein Wesen, das selbst die Kratzlerin wie ein Lämmchen erscheinen lässt.«
Wir starrten gebannt zur Tür.
»Es ist der Engel!«, verkündete das Murmeltier.
Die junge Frau lächelte. »Was kann ich für Sie tun?« Sie sah uns an. »Sind das Ihre Enkel?«
»O nein, das hier ist Königin Elsa und ihr Gefolge. Schwester, wären Sie wohl so freundlich, eine Vase für die Blumen zu bringen.«
Wenig später kam der Engel zurück. »Ich stelle sie hier auf den Tisch. Und Herr Murmelstein, es riecht nach Rauch.«
»Schimpfen Sie nicht mit mir. Ich bin an dieses verfluchte Bett gefesselt.«
»Ich schimpfe doch nicht. Aber lüften Sie. Schwester Roswitha hat nachher Dienst.« Sie entschwand mit einem Zwinkern.
»Wann darfst du wieder nach Hause?«, fragte ich.
»In zwei Wochen.«
Lorenz öffnete das Fenster. »Und was machst du hier den ganzen Tag?«
»Ich ringe um Erkenntnis, ich ringe um Erkenntnis… Ach Kinder, am liebsten würde ich aufstehen und weglaufen. In so einem Gefängnis fängt man an, sich nach der Freiheit zu sehnen.«
»Und wo ist das, die Freiheit?«, fragte Elsa.
»Dort, wo ein Mann nach Belieben seine Zigarre rauchen darf. Dort, wo einem niemand vorschreibt, wann man zu essen oder zu schlafen hat.«
»Kann man da mit dem Auto hin?«
Er lächelte. »Ja.«
Elsa nahm seine Hand und drückte sie. »Murmeltier, dann lass uns das tun, lass uns weglaufen… Wir reparieren deinen Wagen und fahren fort.«
Er betrachtete ihre zierliche Pfote, die seine Pranke mit den hervorstehenden blauen Adern umklammerte.
»Meine kleine Königin, du kommst vierzig Jahre zu spät.«
Lorenz hatte keine Lust, Elsa nach Hause zu begleiten, und so liefen wir zu zweit die Hauptstraße entlang.
Ein paar Meter vor dem Ziel wechselte sie die Schuhe.
»Willst du noch mit rein, Fetti?«, sagte sie, als wir den grünen Zaun erreicht hatten. »Du kannst mir die Nägel lackieren.«
Zum ersten Mal sah ich das Haus der Gröhlers von innen.
Die Küche, das Wohnzimmer und das Esszimmer waren miteinander verbunden. Große, lichtdurchflutete Räume. Die Schlafzimmer der Gröhler-Brüder lagen auf der Rückseite, mit Blick auf den Garten und die Maisfelder. Elsa wohnte unten im Souterrain.
Gustav kam uns entgegen, einen Tennisschläger in der Hand. Er erkundigte sich nach dem Gesundheitszustand des Murmeltiers. Da Elsa eisern schwieg, übernahm ich das Reden. Während ich sprach, haftete Gustavs Blick an Elsas Kleidchen. »Fräulein, wenn die Schule anfängt, kannst du all die Sachen nicht mehr anziehen. Was hat sich deine Mutter nur dabei gedacht?«
»Es ist ein Sommerkleid«, verteidigte sie sich.
»Nein, Elsa. Es ist ein Negligé! Und jetzt sag deinem Vater, dass du wieder zu Hause bist. Ich fahre in den Klub. Tschüss, Karl.«
Elsa führte mich in den Garten. Dort stand, versteckt hinter vier Apfelbäumen, eine Laube.
»Die hat er gebaut, als meine Mutter abgehauen ist. Er hockt den ganzen Tag da drinnen und manchmal auch die ganze Nacht. Er schreibt Gedichte. Ich habe sie heimlich gelesen. Totaler Quatsch.« Sie riss die Tür auf. »Ich soll dir sagen, dass ich wieder da bin«, rief sie lauter als nötig.
Hubertus zuckte zusammen, seine dicken Lippen vibrierten, und drei Blätter Papier segelten zu Boden.
»Kannst du nicht
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