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Elsas Küche: Roman (German Edition)

Elsas Küche: Roman (German Edition)

Titel: Elsas Küche: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Fitten
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überübernächsten kamen sie nicht, und Elsa rechnete bald nicht mehr mit ihnen. Eines Morgens jedoch, als sie sich früh zum Restaurant aufmachte, um die Mittagsgerichte vorzubereiten, sah sie die drei, als sie um die Ecke bog.
    Diesmal waren sie ziemlich nah, und es waren kaum Passanten unterwegs. Um sich mit ihnen zu unterhalten, waren sie immer noch zu weit weg, doch sie waren in Rufweite. Die drei standen da und blickten sie an. Diesmal hielt der Maibaum die Hand des Jungen gut fest.
    Sie versuchen, mich einzuschüchtern , dachte sie. Sie versuchen, mir Angst einzujagen .
    Elsa blickte zu den Männern hinüber. Sie war sicher, dass sie ihr drohen würden. Vor allem der Große. Aber es war helllichter Tag, und die Sonne schien, und daher beschloss Elsa, ihnen zu zeigen, dass sie nicht auf ihr Spiel hereinfiel.
    »Was wollen Sie?«, rief sie. »Wie geht’s Pisti?«
    Hocherhobenen Hauptes marschierte sie auf die Männer zu.
    »Was ist los? Was wollen Sie?«
    Als sie näher kam, sahen sie plötzlich weg und liefen davon. Der Junge drehte sich ein paarmal nach ihr um. Er sah sie an, als wolle er sie davor warnen, ihnen zu folgen.
    Danach kochte Elsa innerlich vor Wut, den ganzen Tag über. Sie hantierte laut mit Töpfen und Pfannen und zerteilte mit schwerer Hand das Fleisch. Ihr tat der Zwischenfall immer noch leid, aber sie zu bedrohen! Nachdem sie so viel Zeit damit verbracht hatte, sich um sie zu sorgenund sie aufzuspüren, nachdem sie sogar tätlich angegriffen worden war. Es war einfach zu viel. Das konnte sie nicht zulassen.
    Zur Mittagessenszeit ging sie in die Gaststube und sah wieder aus dem Fenster. Keine Spur von ihnen. Der Wachtmeister mit dem Motorrad aß eine Sauerkirschkaltschale. Sie setzte sich zu ihm.
    Er blickte auf.
    »Ich habe mich nie bei Ihnen für den Abend bedankt, als das mit den Jungen passiert ist«, sagte sie.
    Der Wachtmeister legte den Löffel hin und sah sie verwirrt an. »Was meinen Sie? Die Sache mit den Zigeunern?«, sagte er. »Nicht der Rede wert. Ein Unfall.«
    »Ich fühl mich furchtbar seitdem«, sagte sie. »Ich bin in ihr Viertel gegangen und hab sie gesucht.«
    Der Wachtmeister konnte es nicht fassen.
    »Warum sind Sie da hingegangen?«
    »Weil es nicht recht von mir war. Ich wollte mich entschuldigen.«
    »Es war doch ein Unfall! Da gibt es nichts zu deuteln.«
    »Es war kein Unfall«, sagte sie. »Ich hab ihn geschlagen. Es ist nicht mein Kind.«
    Der Wachtmeister schnaufte und schüttelte wieder den Kopf. »Die haben es verdient.«
    »Jemanden zu verletzen ist mir zuwider«, sagte Elsa und schüttelte ebenfalls den Kopf. »Aber ich möchte Ihnen trotzdem dafür danken, dass Sie mir beigestanden haben.«
    »Keine Ursache«, sagte er. »War mir ein Vergnügen.« Er löffelte seine Sauerkirschsuppe weiter und wischte sich einen Tropfen vom Kinn. »Ihr Mittagstisch schmeckt mir sehr! Die Gerichte erinnern mich an meine Ausbildungszeit. Gegenüber von der Polizeischule war der Polizeiclub,in dem wir immer gegessen haben. Ihre Küche schmeckt wie die von damals.«
    Elsa verstand, was er meinte, und lächelte ihn an. Früher gab es überall in der Stadt Lokale, die Hausmannskost servierten – ordentliche Portionen, die subventioniert wurden und von denen die Arbeiter satt wurden. Jetzt waren diese Gaststätten aus der Stadt verschwunden.
    Als sie im Begriff war, endlich Feierabend zu machen, war es bereits dunkel. Sie sah von der Gaststube aus nach, ob jemand draußen vor dem Panoramafenster stand. Dann schloss sie die Tür ab. Als sie sich umdrehte, standen plötzlich die beiden Männer neben ihr. Weil sie wollte, dass die Qualen ein Ende hatten, behielt sie die Fassung.
    »Wo ist Pisti?«, fragte sie ungeduldig. »Geht es ihm gut?«
    Der Maibaum schwieg. Aus nächster Nähe sah sie zum ersten Mal, dass er herabhängende Augenlider hatte. Er sah sie ausdruckslos an. Der kleinere Mann war lebhafter. Er zog etwas aus der Hosentasche. Es sah aus wie ein Foto.
    »Oh«, sagte er, und es klang erregt und süßlich. Sie spürte, wie sich seine Stimme an sie heftete. »Schauen Sie, wir wollen Sie nicht erschrecken. Hoffentlich sind Sie’s nicht schon. Wir wussten nur nicht genau, wie wir an Sie herantreten sollen. Und dann haben wir gehört, dass Sie uns suchen! Vielen Dank dafür. Wir waren in Budapest. Wissen Sie, der kleine Pisti hat sich bei dem Sturz schwer verletzt. Sehr schwer sogar. In der Nacht nach dem Unfall haben wir alle in unser Dorf gebracht, aber dann hat er einen

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