Elton John - Bego, M: Elton John
Begegnungen so Ehrfurcht gebietend, weil man glaubt, man würde neben ihm wie Senkblei untergehen. Er ist witzig und verarscht absolut jeden. Zum ersten Mal trafen wir uns in Malibu, als draußen 35 Grad waren. Wir hatten gehört, dass er Feuer mag, und deswegen trotzdem den Kamin angezündet. Er kam eine Stunde zu früh, in einem Mantel und mit diesem Barett, das er immer trägt, und fragte als erstes: ‚Wann essen wir denn?‘ Ich war wie versteinert.“ (30)
Elton war in dieser Zeit nicht der einzige Musiker, der sich ausgeflippt kleidete, zwischen zwei und vier Alben pro Jahr auf den Markt warf und zum großen internationalen Karrieresprung angesetzt hatte. Auch David Bowie war mit seinen frühen Hits richtig durchgestartet, und sein androgynes Image bescherte ihm nicht nur fette Schlagzeilen, sondern auch eine Basis, auf die er eine langfristige, solide Rockkarriere aufbauen konnte. 1972 war er mit vier Alben in den amerikanischen Charts vertreten – mit Hunky Dory , The Rise And Fall Of Ziggy Stardust And The Spiders From Mars , der ursprünglich 1968 aufgenommenen LP Space Oddity und dem aus dem Jahr 1970 stammenden Album The Man Who Sold The World.
Elton und Bowie waren zunächst recht gut befreundet gewesen, aber es dauerte nicht lange, bis es zu ersten Rivalitäten kam, die das Verhältnis sehr belasteten. Ihre Karrieren wiesen zahlreiche Parallelen, aber auch geradezu ironische Gegensätzlichkeiten auf.
Während Elton bei Themen wie Sex und Sexualität in Interviews stets auswich, stürzte David Bowie sich geradezu darauf und provozierte die Öffentlichkeit mit seiner angeblichen Bisexualität. Sein ganzes Image und auch seine Bühnenshow waren darauf ausgelegt, die typischen Geschlechterrollen infrage zu stellen, boten aber auch offene Homoerotik. Bei den Konzerten konzentrierte er seine diesbezüglichen Anspielungen auf Mick Ronson, jenen Gitarristen, mit dem Elton die Originalversion von „Madman Across The Water“ eingespielt hatte.
Über Bowies Bühnenshow schrieb der Journalist Henry Edwards in After Dark , einem Magazin, das sich vornehmlich auf den schwulen Markt konzentrierte: „Mick Ronson, der Leadgitarrist der Spiders From Mars, ist ein silberhaariger Riese, der sich, von den blinkenden Scheinwerfern in schimmerndes Licht getaucht, in energiegeladene Gitarrensoli stürzt. David verschwindet im Stroboskopgewitter und kehrt wie Elvis wieder zurück, in einem weißen Satinanzug, mit langen weißen Schals und allem Drum und Dran. Ein Ballon schwebt auf die Bühne, und er zerquetscht ihn zwischen seinen Schenkeln. Plötzlich packt er Mick Ronsons Hinterbacken, dann gleitet er zwischen seine Beine. Als er schließlich auf eindeutige Weise Ronsons Gitarre zu lecken scheint, ist das Publikum offenbar angetan, aber nicht überwältigt. David beendet seinen Set mit zwei Rocksongs aus der Feder von Lou Reed.“ (31)
In einem Interview mit der Musikzeitschrift Melody Maker wurde Bowie noch deutlicher und erklärte offen, er sei homosexuell. Michael Watts schrieb in seinem Artikel vom Januar 1972, Bowie sei „der kontroverseste Rockstar, ein bekennender Freund femininer Kleidung. David pflegt derzeit das Image einer Aufsehen erregenden Queen – oder auch das eines wundervoll femininen Jungen. Er ist so tuckig, wie man nur sein kann, mit seinen schlaffen Handbewegungen und dem ausgefallenen Vokabular. ‚Ich bin schwul‘, erklärte er, ‚das war ich schon immer, schon als David Jones.‘“ (32)
Darin liegt der große Gegensatz zwischen Elton und Bowie: Um in der Welt der internationalen Stars Eindruck zu schinden und um in die Schlagzeilen zu kommen, behauptete der bisexuelle, aber hauptsächlich heterosexuell orientierte David Bowie, schwul zu sein. Der hingegen wirklich homosexuelle Elton John musste so tun, als sei er „normal“, um seine Karriere nicht aufs Spiel zu setzen. Berichten zufolge war Elton über die Tatsache, dass Bowie dank seines öffentlichen Bekenntnisses einen solchen Karriereschub erhielt, mehr als nur ein wenig erzürnt. Der jahrelange Konkurrenzkampf der beiden hatte jedoch gerade erst begonnen.
Im August 1972 kündigte John Reid offiziell bei Dick James Music. Er kappte alle Verbindungen zu dem Unternehmen, um von nun an die Karriere seines Freundes als Geschäftsführer seiner eigenen Agentur, John Reid Enterprises, zu managen. Er war damals 23 Jahre alt, und er war der Überzeugung, dass er in den nicht einmal zwei Jahren bei DJM alles gelernt hatte, was es dort
Weitere Kostenlose Bücher