Elysion: Roman (German Edition)
Brent früher oder später ein aussichtsreicher Kandidat sei. Seitdem sehnte Brent den Moment herbei, an dem er die Gelegenheit erhielt, sich gegenüber McCann zu beweisen, denn er war sich sicher, dass er den meisten Kerlen in McCanns tumbem Haufen himmelhoch überlegen war.
Sogar Brüderchen Rip, der zwei Jahre älter war als er, konnte ihm letztlich nicht das Wasser reichen, auch wenn Brent ihm das natürlich nie gesagt hätte. Die Sache heute war sicherlich gründlich danebengegangen, aber das war nicht seine Schuld gewesen, und offensichtlich hatte McCann es genauso gesehen, sonst hätte er nicht Stacy bestraft, sondern ihn oder sie alle.
Einstweilen blieb Brent nichts anderes übrig, als sich an Cooper zu halten und mit ihr so viel Teer für McCann zu beschaffen wie möglich.
Er bemerkte eine Bewegung auf seiner Hand und griff mit einer Schnelligkeit zu, die ihn selbst überraschte. Zwischen seinen Fingern zappelte die Fliege, quicklebendig. Noch. Wieder konzentrierte er sich auf seine Hand, bis das vertraute Flimmern begann. Auch die Fliege flimmerte ein wenig. Er senkte die Hand mit der Fliege hinunter zum Nachttisch und ließ einen Teil ihres zappelnden Hinterleibs in dessen Holz verschwinden. Als seine Hand wiederum zu kribbeln begann, zog er die Finger schnell aus der fremden Materie. Zurück blieb ein mit dem Holz halb verschmolzener Leib, der noch einmal kurz zappelte und dann starr wurde.
Grinsend betrachtete er die frische Verzierung, die er dem Möbel verpasst hatte. Über dem Anblick fielen ihm nach und nach die Augen zu.
»Cooper darf das nie erfahren, hörst du?«
Big Mama hatte Stacys Kinn zwischen Zeigefinger und Daumen eingeklemmt wie in einem Schraubstock. Stacy versuchte, ihrem Blick auszuweichen, aber das erlaubte Big Mama ihr nicht.
»Und wenn sie es eines Tages herausfindet?«, fragte sie schließlich schniefend.
»Wie sollte das geschehen?«
»Was, wenn sie sich erinnert?«
»Das wird nicht passieren. Komm her.« Big Mama zog Stacys Kopf an ihre Brust. Das Gesicht ihrer Adoptivtochter war heiß, aber nicht fiebrig. Keine Entzündung. McCann, das Schwein, hat saubere Arbeit geleistet, dachte sie grimmig.
»Wir hätten ihr das niemals antun dürfen«, schluchzte Stacy halb erstickt.
»Sollten wir sie verhungern lassen?«, wandte Big Mama ein.
»Nein, aber wir hätten sie nicht einfach so …« Stacys Satz endete in einem erneuten Schluchzer.
»Darf ich dich daran erinnern, dass es deine Idee war«, sagte Big Mama, nicht ohne eine leise Drohung in der Stimme.
»Was für eine Idee?«, erklang es hinter ihnen.
Big Mama spürte, wie Stacy an ihrer Brust zusammenzuckte. Sie kniff Stacy in die Wange und würgte den Schreck herunter, der auch ihr gerade in die Glieder gefahren war.
»Hallo, Cooper«, sagte sie dann leichthin. »Wie bist du hier hereingekommen?«
Statt einer Antwort zuckte Cooper nur mit den Schultern. Sie setzte ihren Rucksack auf dem großen Holztisch vor den Sofas ab und begann ihn zu entladen.
»Schau sie dir an«, sagte Big Mama in heiterem Tonfall zu Stacy, die immer noch an ihrer Brust lag, aber zu weinen aufgehört hatte. »Unsere kleine, schlaue Cooper. Irgendwie habe ich mir schon immer gedacht, dass du irgendwo noch einen geheimen Notausgang hast, den nur du allein kennst.«
Cooper mied ihren Blick, aber Big Mama konnte erkennen, dass sie still in sich hineingrinste.
Stacy entzog sich Big Mamas Griff, richtete sich auf und wischte sich über die Augen. »Es tut mir leid, dass wir dich zurückgelassen haben. Brent hat mich einfach weggezogen.«
»Das ist okay, Stacy. Ich hab ihm gesagt, er soll abhauen und dich mitnehmen. Erinnerst du dich?«
»Trotzdem«, beharrte Stacy, »du bist meine Schwester. Das war nicht in Ordnung.«
Cooper seufzte. Sie ließ die Sachen auf dem Tisch liegen und setzte sich neben Stacy. Vorsichtig ergriff sie ihre Hand und betrachtete die Wunde. »Was soll ich erst sagen? Ich hätte dich vor McCann beschützen müssen.«
Eine Träne suchte sich den Weg über ihre Wange und tropfte auf den grauen Samt des Sofapolsters.
Und dann lagen sich die beiden weinend in den Armen. Big Mama, die neben ihnen saß, schüttelte lächelnd den Kopf. Auch ihre Augen waren ein wenig feucht geworden. »Hört gefälligst auf, ihr zwei. Ihr macht mich noch ganz weich.«
Verlegen grinsend lösten sich Stacy und Cooper wieder voneinander.
»Tut es noch sehr weh?«, fragte Cooper.
Stacy nickte stumm.
»Mit meiner Salbe wird das bald besser
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