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Elysion: Roman (German Edition)

Elysion: Roman (German Edition)

Titel: Elysion: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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ihrem Dachgarten abgesehen – mehr oder weniger aufgebraucht waren. Es tat einfach zu gut, die Mädchen einmal so satt zu sehen.
    Draußen hatte die Sonne den Zenit bereits überschritten. Irgendwo weit in der Ferne war in größeren Abständen das Knallen von Schüssen zu hören. Ein Jäger vielleicht oder eine Schießerei.
    »Was haltet ihr jetzt von einem kleinen Moonshine auf dem Dach?«, fragte Big Mama.
    »Den Selbstgebrannten?«, fragte Brent halb interessiert.
    »Sehe ich aus, als könnte ich mir Fremdspirituosen leisten«, erwiderte Big Mama gut gelaunt.
    Cooper grinste. Sie war es, die die kleine Destille gebastelt hatte, die es Big Mama erlaubte, aus dem Obst, das sie auf dem Dach zog, Schnaps herzustellen.
    »Aber, Big Mama«, warf Stacy ein, »ich finde, du solltest wirklich ein bisschen an deine Leber denken und …«
    »Papperlapapp«, fiel Big Mama ihr ins Wort. »Ein kleiner Schluck hat noch niemanden umgebracht, Schätzchen.«
    »Eines Tages wirst du dich mit diesem Fusel vergiften«, war Stacy überzeugt.
    Big Mama seufzte. Es war eine weitere von diesen lästigen Diskussionen zwischen ihr und Stacy, bei denen es, zumindest ihrer eigenen Meinung nach, eigentlich um etwas ganz anderes ging. Aber heute würde sie sich von der Kleinen die Laune nicht verderben lassen.
    »Also, mir egal, was ihr macht«, stellte sie klar, »aber ich geh jedenfalls jetzt nach oben und genehmige mir ein Gläschen.«
    Brents Miene verriet, dass er der Sache nicht abgeneigt war, aber ein Blick von Stacy sagte ihm, dass er es besser vergessen sollte. »Schätze, ich und Stace machen lieber ’n kleines Nickerchen«, sagte er deshalb mit einem Schulterzucken.
    »Du wolltest sagen, ihr geht fummeln«, warf Cooper ein.
    Brent grinste über beide Backen. Es fehlte nicht viel, und Big Mama hätte ihm einen Teller an den Schädel geworfen. Doch sie riss sich zusammen und stand auf. »Cooper, bist du dabei?«
    »Immer, Big Mama.«

    Ziellos strich er durch die Straßen der Stadt. Hier und dort fühlte er die Anwesenheit von Menschen, die sich vor seinem Anblick verbargen, aber sie bedeuteten ihm nichts. Hatten sie ihm jemals etwas bedeutet? Er konnte sich nicht mehr erinnern. Ja, da waren Bilder von Jagd und Tod und er mitten darin, aber ihr Sinn war ihm ein Rätsel.
    Er fühlte eine große Leere. War es das, was die Menschen empfanden, diese seltsamen Wesen, die das Glück des Kollektivs nicht kannten? Dann verstand er nicht, warum sie so beharrlich an diesem Dasein festhielten. Für ihn, dessen Kopf von den Gefühlen seiner Geschwister erfüllt gewesen war, solange er denken konnte, war es die Hölle.
    Die einzige Verbindung, die ihm geblieben war, war ausgerechnet die zu dieser Menschenfrau. Nun gut, hatte er sich gesagt, wenn das das Schicksal war, das seine Götter ihm bestimmt hatten, würde er sich demütig fügen.
    Er hatte sie gesucht, um sich ihr mitzuteilen, aber sie hatte ihn zurückgestoßen. Sie hatte sich gegen die Verbindung gewehrt und war vor ihm davongerannt.
    Die Sonne neigte sich zum Westen. Fern hinter den Dächern der Vorstadt waren die ersten Baumwipfel des Waldes zu sehen. Eine Weile betrachtete er schweigend den hellen Glutball im Himmel. Langsam formte sich ein hoffnungsvoller Gedanke in seinem Innern. Er würde zu jenem gehen, der sich sein Schöpfer nannte. Er würde ihn einfach um Wiederaufnahme in das Kollektiv bitten. Wessen auch immer er sich schuldig gemacht hatte, er verdiente diese harte Strafe nicht.

    »Cheers.«
    Big Mama erhob den Blechbecher in Coopers Richtung. »Skol.«
    Beide nahmen einen tiefen Schluck.
    Cooper verschluckte sich und begann fürchterlich zu husten. »Mein Gott, Big Mama. Das ist ja noch schlimmer als der Obstbrand vom letzten Mal«, keuchte sie schließlich. »Woraus hast du dieses Zeug nur gebrannt?«
    Big Mama grinste. Schweigend wies sie mit dem Finger auf ein Beet mit dornigen Sträuchern am östlichen Rand des Dachs, direkt neben Brents kleiner Marihuanakolonie. Cooper wunderte sich, dass es ihr bisher nicht aufgefallen war, aber Big Mamas Dachgarten war mittlerweile recht umfangreich geworden.
    »Daraus kann man Schnaps brauen?«, fragte Cooper ungläubig.
    »Mexikanisches Rezept«, erklärte Big Mama. »Man nennt es Mezcal. In meiner Jugend hieß der bekannteste dieser Mezcals Tequila, nach einer Stadt in Mexiko. Von Tequila habe ich mich früher quasi ernährt.«
    »Mexiko …« Cooper sprach das Wort geradezu andächtig aus. Es klang nach Fremde und Abenteuer

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