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Elysion: Roman (German Edition)

Elysion: Roman (German Edition)

Titel: Elysion: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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auf dessen Brettern sich Unmassen von Büchern und Zeitschriften stapelten. Es sah völlig chaotisch aus, aber ein paar Sekunden später hatte er gefunden, was er suchte, und breitete anschließend die Karte auf einem Tisch aus. Es war eine von diesen Patentkarten, komplett in Plastik eingeschweißt und dennoch faltbar. Aber man sah ihr das Alter an. Das Plastik war braun und rissig, und teilweise fiel die Karte auch schon auseinander.
    Trotzdem kam es Cooper vor, als würde sie einen Rohdiamant betrachten. Sie wusste gar nicht mehr, wann sie so eine Karte zum letzten Mal gesehen hatte. Man konnte immer noch Speisekarten von Restaurants finden, die seit Jahren nicht mehr existierten, aber Straßenkarten waren nahezu verschwunden, als hätte sie irgendwer aufgefressen.
    Bisher hatte das für sie allerdings kaum eine Rolle gespielt. Denn normalerweise bewegte sie sich nur auf Wegen, die sie kannte und schon Dutzende Male benutzt hatte. Aber auf die ganze Stadt bezogen, war ihr Revier winzig. Es gab riesige Bezirke, in die sie aufgrund mangelnder Ortskenntnis nie einen Fuß gesetzt hätte.
    »Hier auf der Rückseite ist das Stadtgebiet«, sagte Gregory. »Ist wahrscheinlich alles ein bisschen veraltet, vor allem, was den Verlauf des Waldes angeht. Der hat sich ja an vielen Stellen tief in die Vorstädte hineingefressen.«
    »Manche Leute machen die Malachim dafür verantwortlich«, murmelte Cooper und war neugierig auf seine Meinung zu diesem Thema.
    »Ich kenne das Gerücht«, sagte er. »Nun ja, ihr wisst wahrscheinlich mehr über die Malachim als ich. Ich selbst hab noch nicht mal einen von ihnen aus der Nähe zu sehen bekommen. Aber auch wenn nicht alles stimmt, was man sich über sie erzählt, sie sind auf jeden Fall sehr außergewöhnliche Lebewesen. Und das Wachstum des Waldes in den letzten Jahren ist genauso außergewöhnlich. Nicht auszuschließen, dass es da irgendeinen Zusammenhang gibt. Immerhin ist der Wald ja auch ihr Herrschaftsgebiet.«
    »Stimmt«, sagte Stacy schaudernd. »Irgendwann überwuchert der Wald alle Städte, und dann beherrschen die Malachim den gesamten Planeten.«
    Gregory nickte geistesabwesend. Er nahm die Karte und drehte sie herum. »Hier habt ihr den gesamten Staat, und dort«, sein Finger wies auf einen komplett grauen Bereich, der auf der Karte als Militärisches Sperrgebiet ausgewiesen war, »dort liegt das Gebäude, in das ihr wollt.«

    Die ersten Sonnenstrahlen tauchten das seltsame Bauwerk hinter der Mauer in rötliches Licht. Für Jimmy sah es wie eine Art riesiges Schneckenhaus aus. Sie gingen auf eine doppelt beschrankte Durchfahrt mit einem kleinen Wächterhäuschen zu.
    »Du hast gesagt, wir würden vor den Malachim sicher sein«, meldete sich ein dunkelhäutiger Junge in Jimmys Alter zu Wort. »Aber ich hab meine Zweifel, dass die sich von den Schranken aufhalten lassen.«
    Patrick, der ihre aus knapp zwei Dutzend Jungen und Mädchen verschiedensten Alters bestehende Gruppe anführte, blieb stehen und drehte sich zu dem Jungen um. Er brachte das Seil in Ordnung, das er sich in mehreren Schlaufen quer über den Oberkörper gelegt hatte. »Entspann dich«, sagte er. »Wir sind noch gar nicht da. Unser Ziel liegt hinter diesem Komplex. Du wirst schon sehen.«
    Gemurmel erhob sich unter den anderen Kindern. Jimmy konnte sich eine schnippische Bemerkung nur mit Mühe verkneifen. Innerlich tickte er wie eine Zeitbombe, auch wenn er sich ständig einzureden versuchte, dass Patrick nicht für Seans Tod verantwortlich war, dass er im Gegenteil sein Leben aufs Spiel gesetzt hatte, um ihn und Sean zu retten, und dass er selbst nicht besser war als seine Mutter, wenn er Patrick die Schuld gab. Aber er konnte den Zorn auf seinen Freund kaum im Zaum halten.
    Immer wieder sah er vor seinem inneren Auge, wie Sean gestorben war, und jedes Mal war ihm, als würde sich gleich die Erde unter ihm öffnen und er in einer alles verschlingenden Schwärze versinken. Wenn er die Augen schloss, sah er das Lächeln seines kleinen Bruders direkt vor sich, und es zerriss ihm das Herz. Dennoch ertappte er sich selbst immer wieder dabei, dass er diese Erinnerungen geradezu suchte, als wollte er sich selbst für das bestrafen, was geschehen war. Mehr als einmal hatte er daran gedacht, einfach in den Wald zu laufen und zu warten, bis ihn die Malachim fanden.
    »He, alles in Ordnung, Kumpel?«
    Er zuckte zusammen, als hätte der Leibhaftige ihn berührt, als ihm Patrick die Hand auf die Schulter legte. Er

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