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Elysion: Roman (German Edition)

Elysion: Roman (German Edition)

Titel: Elysion: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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Erwachsener. Viel zu ernst für sein Alter. Jimmy hatte ihn dafür immer bewundert, auch wenn er sich das gerade jetzt nur ungern eingestand. »Ich habe selber gesehen, wie einer von ihnen hier im Zaun verschmort ist.«
    Alle Kinder machten große Augen, dann begannen sie durcheinanderzureden. Jimmy konnte nicht alles verstehen, aber es schien nicht so, als ob sie Patricks Aussage infrage stellten, zumal er in den meisten Gesichtern Erstaunen und Ehrfurcht ausmachen konnte.
    »Was hast du hier gemacht?«, wagte einer der Jungen, ein kleiner, vielleicht zwölf Jahre alter Kerl, zu fragen. Jimmy erinnerte sich an sein Gesicht. Der Kleine gehörte zu den Kindern, die den Findling im Tempel gestürmt hatten. Kaum zu glauben, dass Patrick diesen schmächtigen Winzling bei der Befreiungsaktion hatte mitmachen lassen.
    »Ich war auf der Flucht vor den Malachim. Sie waren wegen einer kleinen Aktion in der Gemeinde hinter mir her.« Er grinste vielsagend. »Bin immer tiefer in den Wald gerannt. Auf einmal stand ich vor dem Ding hier.«
    »Und wie ist der Malach in den Zaun geraten und verschmort?«, wollte ein anderer Junge wissen.
    »Da war ein Loch im Außenzaun. Ich bin hindurchgeschlüpft, um mich hinter der Anlage zu verstecken. Aber einer der Malachim ist mir dicht auf den Fersen, folgt mir durch den Zaun. Und dann berührt er einen der dicken Drähte, und ich sehe, wie er vor meinen Augen verschrumpelt. Zum Schluss war gar nichts mehr von ihm übrig. Erst danach hab ich die Warnschilder gesehen. Klingt komisch, aber er hat mir gewissermaßen das Leben gerettet, sonst hätte am Ende ich selbst so einen Draht berührt und wäre ebenfalls gegrillt worden.«
    Er grinste schief. Die Kinder starrten ihn noch immer gespannt an, aber die Geschichte war offenbar zu Ende.
    Wieder war es Rasim, der sich am wenigsten beeindruckt zeigte und wissen wollte: »Wo ist es denn, das Loch im Zaun?«
    Falls Patrick die Skepsis in seiner Stimme bemerkte, ging er nicht darauf ein. »Es war ungefähr hier, aber jemand muss den Zaun geflickt haben. Hier sind überall geflickte Stellen. Irgendwer kümmert sich um die Anlage, wie’s aussieht, doch wer immer das ist, es ist kein Malach. Also macht euch keine Sorgen.«
    »Das Einzige, worüber ich mir Sorgen mache«, entgegnete Rasim, »ist, wie wir da reinkommen.«
    Offensichtlich sprach er aus, was alle dachten. Die Kinder begannen wiederum durcheinanderzureden. Doch Patrick ließ sich nicht aus der Ruhe bringen, denn er lächelte milde und hob erneut den Arm, bis sich alle wieder beruhigt hatten.
    »Gibt es vielleicht eine Tür?«, fragte ein Mädchen in der vorderen Reihe.
    Patrick schüttelte den Kopf. »Es ist besser, wenn ich es zeige, statt nur davon zu reden, aber dafür müssen wir auf die andere Seite.«
    Er setzte sich in Bewegung, und die anderen folgten ihm wie eine Herde Schafe. Jimmy hielt sich zurück. Hinter den Zäunen ragten seltsame metallische Gebilde auf. Er sah monströse kupferfarbene Spulen und überall Leitungen. Die ganze Zeit über war ihm, als ob unter dem Rauschen der morgendlichen Brise eine Art feines Sirren oder Summen lag, das von der seltsamen Konstruktion ausging. Er bemerkte, dass Rasim direkt neben ihm ging. Ihre Blicke trafen sich.
    »War das dein Bruder, der im Tempel …« Rasim wagte nicht, es auszusprechen.
    Jimmy schluckte schwer. Dann nickte er.
    »Scheiße, Mann. Tut mir leid.« Rasim spuckte ins Gras, als würde das seiner Aussage mehr Verbindlichkeit verleihen.
    Jimmy antwortete nicht, aber Rasim schien auch keine Antwort zu erwarten.
    »Er geht zu große Risiken ein«, sagte er und deutete mit einem Nicken in Patricks Richtung, der die Gruppe anführte. »Hab ich schon öfter gesagt, aber die anderen hören nicht auf mich. Tun so, als wär er ein verdammter Messias oder so.« Wieder spuckte er aus. Diesmal hatte es eher etwas Verächtliches. »Na ja, die Leute sind eben blöd. Müssen wahrscheinlich erst ’n paar mehr draufgehen, bis irgendwer checkt, dass er ’ne Luftnummer ist.«
    Er sah Jimmy von der Seite an, als würde er Zustimmung erwarten, doch Jimmy schwieg.
    »Isser dein Kumpel oder wie?«, fragte Rasim, und es klang so, als hätte er gefragt, ob er an einer ansteckenden Krankheit litt.
    Jimmy zuckte mit den Schultern. »Wir kennen uns eben.«
    »Der wird uns noch alle umbringen, sag ich dir. Denk an meine Worte.« Damit beschleunigte Rasim seine Schritte und gliederte sich in die Reihen der anderen vor ihnen ein.
    Jimmy fragte sich,

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