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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Himmel kennt keine Guenstlinge
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Lil­li­an,
mach kei­nen Un­sinn! Du bist sehr gut an­ge­zo­gen. Klei­der in die­sen Mo­de­häu­sern
kos­ten ein Ver­mö­gen!«
    »Wahr­schein­lich«,
er­wi­der­te Lil­li­an und schau­te über den dunklen Hof auf die grau­en Fens­ter der
ge­gen­über­lie­gen­den Häu­ser­front, die den letz­ten Rest des Abends spie­gel­ten, als
wä­ren sie aus po­lier­tem Schie­fer.
    »Wie dein Va­ter!«
Der al­te Mann war ehr­lich ent­setzt. »Ge­nau so! Du könn­test oh­ne Sor­gen le­ben,
hät­te er nicht sei­ne phan­tas­ti­schen Pro­jek­te ...«
    »On­kel Gas­ton, man
hat mir ge­sagt, daß man sein Geld heu­te auf zwei Ar­ten los­wer­den kann. Die
ei­ne, es zu spa­ren und es in der In­fla­ti­on zu ver­lie­ren, und die an­de­re, es
aus­zu­ge­ben. Und nun sa­ge mir noch, wie es dir geht.«
    Gas­ton mach­te ei­ne
fah­ri­ge Be­we­gung. »Du siehst es ja. Es ist schwer heut­zu­ta­ge. Die Zei­ten! Ich
bin arm.«
    Lil­li­an sah sich
um. Sie sah schö­ne, al­te Mö­bel, Pols­ter­ses­sel, auf de­nen Be­zü­ge la­gen, einen
Kris­tall-Lüs­ter, der in Ga­ze ein­ge­bun­den war, und ei­ni­ge gu­te Bil­der.
    »Du warst im­mer
gei­zig, On­kel Gas­ton«, sag­te sie. »Warum bist du es jetzt noch?«
    Er mus­ter­te sie aus
dunklen Vo­gelau­gen. »Willst du hier woh­nen? Ich ha­be we­nig Platz ...«
    »Du hast ge­nug
Platz, aber ich will nicht hier woh­nen. Wie alt bist du ei­gent­lich? Warst du
nicht zwan­zig Jah­re äl­ter als mein Va­ter?«
    Der al­te Mann war
ir­ri­tiert. »Wenn du es weißt, wo­zu fragst du mich dann noch?«
    »Hast du kei­ne
Angst vor dem To­de?«
    Gas­ton schwieg
einen Au­gen­blick. »Du hast ab­scheu­li­che Ma­nie­ren«, sag­te er dann lei­se.
    »Das ist wahr. Ich
hät­te dich nicht fra­gen sol­len. Aber ich fra­ge mich das so oft, daß ich
ver­ges­se, daß es an­de­re er­schreckt.«
    »Ich bin noch gut
bei­ein­an­der. Soll­test du mit ei­ner bal­di­gen Erb­schaft rech­nen, so könn­te es
ei­ne Ent­täu­schung sein.«
    Lil­li­an lach­te.
»Da­mit rech­ne ich be­stimmt nicht! Und ich woh­ne in ei­nem Ho­tel und wer­de dir
hier nicht zur Last fal­len.«
    »In wel­chem Ho­tel?«
frag­te Gas­ton rasch.
    »Im Bis­son.«
    »Gott­lob. Ich hät­te
mich nicht ge­wun­dert, wenn du ins Ritz ge­zo­gen wä­rest.«
    »Ich mich auch
nicht«, sag­te Lil­li­an.
    Cler­fa­yt hol­te sie ab. Sie
fuh­ren in das Re­stau­rant Le Grand Vé­four. »Wie war Ihr ers­ter Zu­sam­men­stoß mit
der Welt hier un­ten?« frag­te er.
    »Ich ha­be das
Ge­fühl, un­ter Men­schen zu sein, die glau­ben, daß sie ewig le­ben. So han­deln sie
we­nigs­tens. Sie ver­tei­di­gen ih­ren Be­sitz und ver­säu­men dar­über ihr Le­ben.«
    Cler­fa­yt lach­te.
»Da­bei ha­ben al­le sich im letz­ten Krieg ge­schwo­ren, nie mehr den­sel­ben Feh­ler
zu ma­chen, wenn sie le­bend durch­kämen. Der Mensch ist groß im Ver­ges­sen.«
    »Hast du es auch
ver­ges­sen?« frag­te Lil­li­an.
    »Ich ha­be mir große
Mü­he ge­ge­ben. Es ist mir hof­fent­lich nicht ganz ge­lun­gen.«
    »Lie­be ich dich
des­halb?«
    »Du liebst mich
nicht. Wenn du mich lieb­test, wür­dest du das Wort nicht so leicht­fer­tig
ge­brau­chen – und es mir nicht sa­gen.«
    »Lie­be ich dich,
weil du nicht an die Zu­kunft denkst?«
    »Dann hät­test du
je­den Mann im Sa­na­to­ri­um lie­ben müs­sen. Wir wer­den hier See­zun­ge mit ge­rös­te­ten
Man­deln es­sen und einen jun­gen Mon­tra­chet da­zu trin­ken.«
    »Wes­halb lie­be ich
dich dann?«
    »Weil ich ge­ra­de da
bin. Und weil du das Le­ben liebst. Ich bin für dich ein an­ony­mes Stück Le­ben.
Höchst ge­fähr­lich.«
    »Für mich?«
    »Für den, der
an­onym ist. Er kann be­lie­big er­setzt wer­den.«
    »Ich auch«, sag­te
Lil­li­an. »Ich auch, Cler­fa­yt.«
    »Des­sen bin ich
nicht mehr so ganz si­cher. Wenn ich klug wä­re, wür­de ich so bald wie mög­lich
aus­rei­ßen.«
    »Du bist doch noch
gar nicht rich­tig da.«
    »Ich fah­re mor­gen
weg.«
    »Wo­hin?« frag­te
Lil­li­an, oh­ne es zu glau­ben.
    »Weit weg. Ich muß
nach Rom.«
    »Und ich zu
Ba­len­cia­ga, Klei­der kau­fen. Das ist noch wei­ter als Rom.«
    »Ich fah­re
wirk­lich. Ich muß mich um einen Ver­trag küm­mern.«
    »Gut«, sag­te
Lil­li­an. »Das gibt mir Zeit,

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