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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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an­ge­bro­chen.«
    »So, Sie sind kein Spi­on! Ei­gent­lich
scha­de. Aber es scheint, daß man bei Ih­nen auf­pas­sen muß. Sie kom­bi­nie­ren
schnell. Ha­ben Sie ge­nug zu trin­ken?«
    »Ge­nug, dan­ke.«
    Man rief nach ihr. »Wir ge­hen al­le nach­her
noch ei­ne Stun­de aus. El Mo­roc­co. Das ist so üb­lich«, sag­te sie im Weg­ge­hen.
»Kom­men Sie mit?«
    Ich konn­te nicht ant­wor­ten. Na­tür­lich
konn­te ich nicht mit­kom­men. Für so et­was hat­te ich kein Geld. Ich muß­te ihr das
spä­ter sa­gen. Es war nicht an­ge­nehm. Aber da­für war noch Zeit. Vor­läu­fig ließ
ich mich trei­ben. Ich woll­te we­der an mor­gen noch an die nächs­te Stun­de den­ken.
Das dunkle Man­ne­quin, das in ei­nem lan­gen, fla­schen­grü­nen Tuch­man­tel
pho­to­gra­phiert wor­den war, warf die­sen Man­tel ab, um einen an­de­ren an­zu­zie­hen.
Sie trug kein Kleid dar­un­ter, son­dern nur das Nö­tigs­te an Wä­sche. Nie­mand war
dar­an in­ter­es­siert. Wahr­schein­lich sa­hen al­le es Tag für Tag. Ei­ni­ge der Män­ner
wa­ren oh­ne­hin Ho­mo­se­xu­el­le. Das dunkle Man­ne­quin war sehr schön, es hat­te die
läs­si­ge, lang­sa­me Si­cher­heit ei­ner Frau, die weiß, daß sie ge­win­nen wird, und
sich nicht viel dar­aus macht. Ich sah auch Na­ta­scha Pe­trow­na, wäh­rend sie die
Klei­der wech­sel­te. Sie war weiß und lang und schlank, und die Haut hat­te et­was
Mond­haf­tes, das an Per­len er­in­ner­te. Sie war nicht auf die glei­che Wei­se mein
Typ wie die Dunkle, die Son­ja ge­ru­fen wur­de. Ich dach­te das al­les nicht sehr
klar, es war ver­wischt, und ich woll­te auch gar nicht, daß es sich zu Wün­schen
und Ver­glei­chen form­te. Ich war viel zu froh, nicht im Ho­tel zu sein. Es war
al­ler­dings ei­ni­ger­ma­ßen merk­wür­dig, daß ich die­se Frau­en, die ich kaum kann­te,
hier doch in so­viel ver­schie­de­nen Si­tua­tio­nen ge­se­hen hat­te, als wä­ren wir
schon ver­trau­ter mit­ein­an­der ge­we­sen. Es war wie ein Bild mit vie­len
La­sur­far­ben über ei­ner Grund­far­be, die durch­schim­mert und Wär­me gibt, ob­schon
sie nicht mehr da­zu­sein scheint.
    Als die Kar­tons zu­sam­men­ge­packt wur­den,
er­klär­te ich Na­ta­scha Pe­trow­na, daß ich nicht mit­ge­hen könn­te ins El Mo­roc­co.
Ich hat­te ge­hört, daß das der bes­te Nacht­klub von New York sei.
    »Warum denn nicht?« frag­te sie.
    »Ich ha­be nicht ge­nug Geld bei mir.«
    »Aber Sie Dumm­kopf! Wir sind doch al­le
ein­ge­la­den! Glau­ben Sie denn, ich wür­de Sie das be­zah­len las­sen?«
    Sie lach­te mit ih­rer rau­chi­gen Stim­me.
Ob­schon es ein we­nig an das La­chen ei­nes Gi­go­lo er­in­ner­te, hat­te ich plötz­lich
ein so an­ge­neh­mes Ge­fühl, als wä­re ich un­ter Kom­pli­zen.
    »Müs­sen Sie nicht vor­her den Schmuck
zu­rück­brin­gen?«
    »Mor­gen. Das be­sorgt die Zeit­schrift. Jetzt
trin­ken wir Cham­pa­gner.«
    Ich pro­tes­tier­te nicht mehr. Der Tag hat­te
un­ver­hofft in vie­len Fa­cet­ten von Iro­nie und ein­fa­cher Dank­bar­keit ge­en­det. Ich
wun­der­te mich auch nicht mehr, als wir in ei­nem Ne­ben­raum von El Mo­roc­co
lan­de­ten, in dem ein Wie­ner deut­sche Lie­der spiel­te, ob­wohl Ame­ri­ka mit
Deutsch­land Krieg führ­te. Ich wuß­te nur, daß das in Deutsch­land nicht mög­lich
wä­re. Da­bei sa­ßen vie­le Of­fi­zie­re in dem Lo­kal. Es war, als hät­te ich auf ei­ner
Wüs­ten­stre­cke ei­ne Oa­se ge­fun­den. Ich zähl­te zwar ge­le­gent­lich in der
Ho­sen­ta­sche mei­ne fünf­zig Dol­lar, be­reit, mein Ver­mö­gen aus­zu­ge­ben, wenn es von
mir ge­for­dert wür­de, aber nie­mand dach­te dar­an. Das ist der Frie­de, über­leg­te
ich, der Frie­de, den ich nicht ken­ne, die Sorg­lo­sig­keit, die ich nie ha­ben
konn­te, und ich dach­te dies oh­ne Neid. Es war ge­nug, daß es das noch gab. Ich
saß un­ter frem­den Men­schen, die mir nä­her und freund­li­cher wa­ren als an­de­re,
die ich bes­ser kann­te, ich saß ne­ben ei­ner schö­nen Frau, de­ren ge­lie­he­nes
Dia­dem im Ker­zen­licht fun­kel­te, ich saß da, ein klei­ner Pa­ra­sit vor ge­schenk­tem
Cham­pa­gner, und mir war, als hät­te ich mir für einen Abend auch ein an­de­res
Le­ben ge­borgt, das ich

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