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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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mor­gen zu­rück­ge­ben muß­te.

VII.
    E s wird nicht schwer sein, Sie
in ei­ner Kunst­ga­le­rie un­ter­zu­brin­gen«, sag­te Lowy se­ni­or. »Der Krieg kommt
Ih­nen da zu­gu­te. Heut­zu­ta­ge be­steht ein Man­gel an Hilfs­kräf­ten.«
    »Ich kom­me mir be­reits wie ein
Kriegs­ge­winn­ler vor«, er­wi­der­te ich är­ger­lich. »Im­mer wie­der muß ich hö­ren,
wel­che Vor­tei­le der Krieg für mich hat.«
    »Hat er das nicht?« Lowy kratz­te sich den
kah­len Schä­del mit dem Schwert ei­ner falschen Fi­gur des hei­li­gen Mi­cha­el. »Oh­ne
den Krieg wä­ren Sie doch nicht hier.«
    »Das stimmt. Aber oh­ne den Krieg wä­ren die
Deut­schen auch nicht in Frank­reich.«
    »Sind Sie nicht lie­ber hier als in
Frank­reich?«
    »Herr Lowy, das sind un­nüt­ze Fra­gen. In
bei­den Län­dern kom­me ich mir vor wie ein Pa­ra­sit.«
    Lowys Ge­sicht er­hell­te sich. »Pa­ra­sit, das
ist es! Das woll­te ich Ih­nen er­klä­ren. Bei Ih­rem Sta­tus kön­nen Sie vor­läu­fig in
ei­ner Ga­le­rie nicht re­gu­lär an­ge­stellt wer­den. Sie müs­sen et­was fin­den, so
ähn­lich, wie Sie es hier ge­habt ha­ben. Schwarz, mit ei­nem Wort. Da ha­be ich mit
je­man­dem ge­spro­chen, bei dem Sie viel­leicht so et­was be­kom­men. Er ist ein
Pa­ra­sit. Ein rei­cher Pa­ra­sit. Auch ein Kunst­händ­ler. Ein Bil­der­händ­ler. Aber
ein Pa­ra­sit!«
    »Han­delt er mit falschen Bil­dern?«
    »Be­wah­re!« Lowy leg­te den falschen hei­li­gen
Mi­cha­el fort und setz­te sich in einen stark re­pa­rier­ten Sa­vo­na­ro­la­stuhl aus
Flo­renz, des­sen obe­rer Teil echt war. »Der Kunst­han­del ist ein Ge­wer­be des
schlech­ten Ge­wis­sens«, do­zier­te er. »Man ver­dient ei­gent­lich das Geld, das der
Künst­ler hät­te ver­die­nen sol­len. Man ver­dient im­mer das Mehr­fa­che von dem, was
der Künst­ler ein­mal er­hal­ten hat. Bei An­ti­qui­tä­ten und Kunst­ge­gen­stän­den ist das
nicht so schlimm – schlimm wird es bei der ›rei­nen Kunst‹. Den­ken Sie an
van Go­gh. Er konn­te nie ein Bild ver­kau­fen und hat­te nie ge­nug zu es­sen; heu­te
ver­die­nen die Händ­ler mit sei­nen Bil­dern Mil­lio­nen. So war es im­mer. Der
Künst­ler hun­gert, der Händ­ler kauft sich Schlös­ser.«
    »Glau­ben Sie, daß die Händ­ler von Reue
zer­fres­sen wer­den?«
    Lowy zwin­ker­te. »Nur so weit, daß der
Ge­winn noch wür­zi­ger wird. Kunst­händ­ler sind ein son­der­ba­res Volk. Sie möch­ten
nicht nur reich wer­den an den Wer­ken der Künst­ler, son­dern oft selbst noch auf
de­ren Ni­veau ste­hen, weil der Künst­ler, der ih­nen et­was ver­kau­fen will, fast
im­mer ein ar­mes Aas ist, das kein Geld für das Abend­brot hat. Die Über­le­gen­heit
ei­nes Men­schen, der ihm Geld für das Abend­brot zah­len kann, ist Ih­nen klar,
wie?«
    »Sehr so­gar. Auch oh­ne Künst­ler zu sein.
Ich bin da ein Ken­ner.«
    »Da ha­ben Sie es. Der Künst­ler wird im­mer
aus­ge­nutzt. Um nun we­nigs­tens den An­schein zu er­we­cken, daß sie die Kunst
lie­ben, von der sie glän­zend le­ben, und den Künst­ler, den sie aus­nut­zen, ha­ben
die Kunst­händ­ler Ga­le­ri­en. Das heißt, sie ma­chen ab und zu Aus­stel­lun­gen. Sie
tun das na­tür­lich, um an den Künst­lern, die sie durch Ver­trä­ge an­ge­ket­tet
ha­ben, Geld zu ver­die­nen – aber auch, um Ma­ler be­kannt zu ma­chen. Das ist
ihr ziem­lich dürf­ti­ges Ali­bi, et­was für die Kunst zu tun.«
    »Das sind al­so die Pa­ra­si­ten der Kunst?«
sag­te ich amü­siert.
    »Das sind sie nicht!« er­klär­te Lowy se­ni­or
und zün­de­te sich ei­ne Zi­gar­re an. »Sie tun we­nigs­tens noch et­was für die Kunst.
Die Pa­ra­si­ten sind die Händ­ler, die oh­ne Lä­den und oh­ne Ga­le­ri­en ver­kau­fen. Sie
nut­zen das In­ter­es­se aus, das die an­de­ren durch ih­re Aus­stel­lun­gen er­we­cken,
und ha­ben da­bei kei­ne ei­ge­nen Kos­ten. Sie ver­kau­fen aus ih­rer Woh­nung her­aus.
Sie ha­ben kei­ne an­de­ren Un­kos­ten als ei­ne Se­kre­tä­rin. Die Woh­nungs­mie­te zie­hen
sie bei der Steu­er als Ge­schäfts­un­kos­ten ab, weil sie ih­re Bil­der dort hän­gen
ha­ben. Die gan­ze Fa­mi­lie lebt hei­ter und kos­ten­los in die­ser Woh­nung. Wäh­rend
die an­dern im Ge­schäft

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