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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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ge­grif­fen, um nicht im Ho­tel sit­zen zu müs­sen. Im Ge­gen­satz zu
Na­ta­scha Pe­trow­na war es für mich kein Platz der Aben­teu­er. In die­ser Nacht
schon gar nicht.
    »Sol­len wir ein Ta­xi neh­men?« frag­te ich
vor der Tür.
    Sie lach­te. »Im Ho­tel Reu­ben nimmt man kein
Ta­xi. Das weiß ich noch. Es ist nicht weit. Und solch ein schö­ner Abend! Die­se
Näch­te von New York! Ich bin nicht für das Le­ben auf dem Lan­de ge­bo­ren. Sie?«
    »Das weiß ich wirk­lich nicht.«
    »Ha­ben Sie nie dar­über nach­ge­dacht?«
    »Nie«, sag­te ich. Wann hät­te ich sol­che
Lu­xus­ge­dan­ken ha­ben kön­nen. Ich war im­mer froh, daß ich über­haupt leb­te.
    »Dann ha­ben Sie ja noch ei­ni­ges vor sich«,
er­wi­der­te Na­ta­scha Pe­trow­na. Sie steu­er­te ge­gen den Strom der Fuß­gän­ger wie ein
schma­les Se­gel­schiff, und ihr Pro­fil un­ter dem vio­let­ten Tur­ban wirk­te auch wie
das ei­ner Ga­li­ons­fi­gur, die ge­gen die See kämpft, ru­hig, am Bug er­höht,
um­spritzt vom Gischt und hin­ge­ge­ben an die Fahrt. Sie ging schnell, mit so
wei­ten Schrit­ten, daß ihr Rock zu eng schi­en. Sie trip­pel­te nicht, und sie
hol­te tief Atem. Mir fiel ein, daß ich das ers­te Mal in Ame­ri­ka so mit ei­ner
Frau ging, und ich spür­te es.
    ***
    Sie wur­de emp­fan­gen
wie ein Kind, das lan­ge ver­lo­ren war. Ein hal­b­es Dut­zend Leu­te war in dem
rie­si­gen, kah­len Zim­mer, das Schein­wer­fer er­hell­ten und in dem ver­schieb­ba­re
hel­le Wän­de stan­den. Der Pho­to­graph und zwei an­de­re Män­ner um­arm­ten und küß­ten
sie, ei­ne Wol­ke von Ge­sprächs­fet­zen flirr­te auf, zwi­schen­durch wur­de ich
vor­ge­stellt, Wod­ka, Scotch und Zi­ga­ret­ten wur­den her­um­ge­reicht, und ich fand
mich in ei­nem Ses­sel, et­was ab­seits des Ge­tüm­mels und ver­ges­sen.
    Da­für ent­fal­te­te sich vor mir ein Bild, das
ich noch nicht kann­te. Große Kar­tons mit Klei­dern wur­den aus­ge­packt, hin­ter
einen Vor­hang ge­bracht und wie­der her­vor­ge­holt. Ei­ne in­ten­si­ve De­bat­te dar­über
be­gann, was zu­erst pho­to­gra­phiert wer­den soll­te. Au­ßer Na­ta­scha Pe­trow­na wa­ren
noch zwei Man­ne­quins da, ein blon­des und ein dunkles, die sehr schön wa­ren, mit
ih­ren ho­hen Ab­sät­zen und sil­ber­nen Schu­hen.
    »Die Män­tel zu­erst«, er­klär­te ei­ne
ener­gi­sche Frau.
    »Nein, erst die Abend­klei­der«, pro­tes­tier­te
der Pho­to­graph, ein sand­haa­ri­ger, dün­ner Mann, der ei­ne gol­de­ne Ket­te als
Arm­band trug. »Sie zer­drücken sonst.«
    »Ihr braucht sie ja nicht un­ter den Män­teln
an­zu­zie­hen. Die Män­tel müs­sen als ers­tes zu­rück. Be­son­ders die Pel­ze. Die Fir­ma
war­tet dar­auf.«
    »Al­so gut! Das Pelz­ca­pe zu­erst!«
    Ei­ne neue De­bat­te, wie es pho­to­gra­phiert
wer­den sol­le. Ich horch­te dar­auf, oh­ne zu hö­ren. Die hei­te­re Auf­re­gung und die
In­ten­si­tät, mit der je­der sei­ne An­sich­ten klar­mach­te, hat­te et­was von ei­ner
Büh­nen­auf­füh­rung an sich. Ich hät­te mir den Som­mer­nachts­traum so ähn­lich den­ken
kön­nen oder ein Stück aus dem Ro­ko­ko, den Ro­sen­ka­va­lier oder ei­ne Pos­se von
Ne­stroy – nur daß hier al­les von großer Wich­tig­keit war. Man er­ei­fer­te
sich, und dar­um hat­te es so er­staun­li­che Ähn­lich­kei­ten mit ei­nem Bal­lett und
war so un­wirk­lich. Je­den Au­gen­blick konn­te Obe­ron mit Hör­ner­schall auf­tre­ten.
Plötz­lich sam­mel­ten sich die Schein­wer­fer auf ei­ner wei­ßen Wand, ne­ben die ei­ne
rie­si­ge Va­se mit künst­li­chen Rit­ter­spor­nen her­an­ge­schleppt wur­de. Das Man­ne­quin
mit den sil­ber­nen, ho­hen Ab­sät­zen kam in ei­nem bei­ge­far­be­nen Pelz­ca­pe her­aus.
Die Di­rek­tri­ce zupf­te und glät­te­te, zwei Schein­wer­fer, die nied­ri­ger wa­ren als
die an­dern, flamm­ten auf und die Frau er­starr­te, als hät­te man auf sie
ge­schos­sen.
    »Gut!« rief Nicky. »Noch ein­mal, Dar­ling!«
    Ich lehn­te mich zu­rück. Es war gut, daß ich
mit­ge­gan­gen war, dach­te ich. Es hät­te mir gar nichts Bes­se­res pas­sie­ren kön­nen.
    »Jetzt Na­ta­scha«, sag­te je­mand. »Den
Breit­schwanz­man­tel.«
    Sie stand auf ein­mal

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