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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Schatten im Paradies
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Ge­schäft. Ver­füh­re­risch, was?«
    »In Frank­reich wä­re es ei­ne ver­füh­re­ri­sche
Idee ge­we­sen.«
    »Ei­ne Idee. Da war Si­cher­heit das große
Aben­teu­er, weil es sie nicht gab. Aber zwi­schen ei­ner Idee und ih­rer
Wirk­lich­keit ist ein rie­si­ger Un­ter­schied. Es sind oft so­gar Kon­tras­te. In der
Si­cher­heit wird Si­cher­heit wie­der das, was sie ei­gent­lich ist: Lan­ge­wei­le.
Wis­sen Sie, was ich glau­be? Daß un­ser jah­re­lan­ges Zi­geu­ner­da­sein uns für die
bür­ger­li­chen Idea­le ver­dor­ben hat.«
    Ich lach­te. »Nicht uns al­le. Die meis­ten
nicht. Für vie­le war es ein zu über­le­ben­des Zi­geu­ner­da­sein, als wenn Rei­sen­de
in Mehl und Hüh­ner­fut­ter auf dem Tra­pez ar­bei­ten müß­ten. So­bald sie
her­un­ter­klet­tern kön­nen, sind sie wie­der beim Mehl und beim Hüh­ner­fut­ter.«
    Kahn wieg­te den Kopf. »Nicht al­le. Sie sind
tiefer auf­ge­rührt wor­den, als Sie glau­ben.« – »Dann wer­den sie ge­stör­te
Mehl­händ­ler und Kör­n­er­rei­sen­de.«
    »Und die Künst­ler? Die Schrift­stel­ler, die
Schau­spie­ler, die nicht ar­bei­ten kön­nen? Sie sind in­zwi­schen zehn Jah­re äl­ter
ge­wor­den. Wie alt wer­den sie wer­den, be­vor sie zu­rück­kön­nen und wie­der
ar­bei­ten?«
    Ich dach­te dar­über nach. Was wür­de mir
pas­sie­ren?
    ***
    Mrs. Whym­per war­te­te schon,
auch die Mar­ti­nis wa­ren schon da. Dies­mal so­gar in ei­ner klei­nen Ka­raf­fe. Der
Chauf­feur brauch­te al­so nicht je­den ein­zel­nen zu brin­gen. Mir wur­de et­was
schwül, ich schätz­te, daß die Ka­raf­fe min­des­tens sechs bis acht große Mar­ti­nis
ent­hielt.
    Ich ver­such­te einen for­schen,
ge­schäft­li­chen Ton, um rasch wie­der los­zu­kom­men. »Wo­hin soll ich den Re­noir
hän­gen?« frag­te ich. »Ich ha­be al­les mit­ge­bracht, es wird kei­ne zwei Mi­nu­ten
dau­ern.«
    »Das wol­len wir erst ein­mal über­le­gen.«
Mrs. Whym­per, ganz in Ro­sa, deu­te­te auf die Ka­raf­fe. »Ih­re Mi­schung mit Wod­ka!
Sehr gut! Er­fri­schen wir uns ein biß­chen. Es ist ein so hei­ßer Tag.«
    »Sind Mar­ti­nis nicht zu stark für das hei­ße
Wet­ter?«
    Sie lach­te. »Ich fin­de nicht. Sie doch auch
nicht, Sie se­hen nicht so aus.«
    Ich sah mich um. »Möch­ten Sie das Bild hier
auf­hän­gen? Drü­ben hin­ter dem So­fa ist ein gu­ter Platz da­für.«
    »Hier ist ei­gent­lich al­les kom­plett. Wann
wa­ren Sie das letz­te Mal in Pa­ris?«
    Ich er­gab mich in mein Schick­sal. Nach dem
zwei­ten Cock­tail stand ich auf. »Nun muß ich mich an die Ar­beit ma­chen. Ha­ben
Sie in­zwi­schen Ih­re Ent­schei­dung ge­trof­fen?« – »Ich weiß nicht recht. Was
mei­nen Sie?«
    Ich zeig­te auf den Platz über dem So­fa.
»Wie ge­schaf­fen für das Blu­men­bild. Es paßt groß­ar­tig hier­her und hat sehr
gu­tes Licht.«
    Mrs. Whym­per stand auf und ging vor mir
her, ei­ne klei­ne, zier­li­che Ge­stalt mit blau-sil­ber­nen Haa­ren. Sie äug­te ei­ne
Zeit­lang her­um und ging dann ins nächs­te Zim­mer. Hier hing das Öl­por­trät ei­nes
Man­nes, des­sen hal­b­es Ge­sicht aus ei­nem vor­sprin­gen­den Kinn be­stand. »Mein
Mann«, er­klär­te die pup­pen­haf­te Frau im Vor­bei­ge­hen. »1935 ge­stor­ben.
Herz­in­farkt. Zu viel ge­ar­bei­tet. Er hat­te nie Zeit. Jetzt hat er zu­viel.« Sie
lach­te me­lo­disch. »Die ame­ri­ka­ni­schen Män­ner, sie ar­bei­ten, um zu ster­ben. Das
ist an­ders als in Eu­ro­pa, wie?«
    »Nicht im Au­gen­blick. Da ster­ben mehr
Män­ner als in Ame­ri­ka.«
    Sie dreh­te sich um. »Sie mei­nen im Krieg?
Las­sen wir doch den Krieg.«
    Wir gin­gen durch zwei wei­te­re Zim­mer und
dann ei­ne Trep­pe hin­auf. Auf der Trep­pe hin­gen ein paar Guys-Zeich­nun­gen. Ich
hat­te den Re­noir und den Ham­mer mit­ge­nom­men und such­te nach ei­nem Platz.
»Viel­leicht in mei­nem Schlaf­zim­mer«, sag­te Mrs. Whym­per nach­läs­sig und ging
vor­an.
    Es war ei­ne Af­fä­re von Cre­me und Gold. Ein
cre­me­far­be­nes Bett, Louis XVI. breit, mit ei­ner Bro­kat­de­cke, und hüb­schen
Ses­seln, Stüh­len und ei­ner schwar­zen Lack­kom­mo­de aus der Zeit Louis XV. Die
Kom­mo­de war mit gol­de­nen Chi­noi­se­ri­en ge­schmückt und hat­te

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