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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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plötz­lich in sei­nen Hän­den den Drang,
die Chips weg­zu­sto­ßen, sich selbst weg­zu­sto­ßen von dem grü­nen Tisch,
auf­zu­ste­hen, Jo­an mit­zu­neh­men, rasch durch die Leu­te, Tü­ren, fort auf ei­ne
In­sel, die­se In­sel am Ho­ri­zont von An­ti­bes viel­leicht, fort von al­lem, um sie
ab­zu­schlie­ßen und zu be­hal­ten.
    Er setz­te neu. Die Sie­ben war her­aus­ge­kom­men. In­seln
iso­lie­ren nicht. Und die Un­ru­he des Her­zens war nicht zu be­gren­zen; man ver­lor
am leich­tes­ten, was man im Ar­me hielt – nie, was man ver­ließ. Die Ku­gel roll­te
lang­sam. Die Zwölf.
    Er setz­te wie­der.
    Als er auf­blick­te, blick­te er ge­ra­de in Jo­ans Au­gen. Sie
stand an der an­de­ren Sei­te des Ti­sches und sah ihn an. Er nick­te ihr zu und
lä­chel­te. Sie starr­te ihn an. Er deu­te­te auf das Rou­let­te und zuck­te die
Ach­seln. Die Neun­zehn kam her­aus.
    Er mach­te sei­ne
Ein­sät­ze und sah wie­der auf. Jo­an war nicht mehr da. Er be­zwang sich und blieb
sit­zen. Er nahm ei­ne Zi­ga­ret­te aus dem Pack, das ne­ben ihm lag. Ei­ner der
Die­ner gab ihm Feu­er. Es war ein kahl­köp­fi­ger Mann mit ei­nem Bauch, in Uni­form.
»An­de­re Zei­ten heu­te«, sag­te er.
    »Ja«, sag­te Ra­vic. Er kann­te den Mann nicht.
    »War an­ders neun­und­zwan­zig ...«
    »Ja ...«
    Ra­vic wuß­te nicht mehr, ob er 1929 in Can­nes ge­we­sen war
oder ob der Mann nur so da­her­re­de­te. Er sah, daß die Vier her­aus­ge­kom­men war;
oh­ne daß er es ge­se­hen hat­te, und ver­such­te, sich mehr zu kon­zen­trie­ren. Aber
es er­schi­en ihm plötz­lich al­bern, daß er spiel­te mit ein paar Frank, um ei­ni­ge
Ta­ge län­ger blei­ben zu kön­nen. Wo­zu das schon? Wo­zu war er über­haupt
hier­her­ge­kom­men? Es war ei­ne ver­damm­te Schwä­che, wei­ter nichts. Das fraß
lang­sam, laut­los sich ein, und man merk­te es erst, wenn man sich an­span­nen
woll­te und zer­brach. Mo­ro­sow hat­te recht ge­habt. Der bes­te Weg, ei­ne Frau zu
ver­lie­ren, war, ihr ein Le­ben zu zei­gen, das man ihr nur ein paar Ta­ge bie­ten
konn­te. Sie wür­de ver­su­chen, es wie­der­zu­be­kom­men – aber mit je­mand an­de­rem, der
da­zu fä­hig war, es ihr dau­ernd zu ver­schaf­fen. Ich wer­de ihr sa­gen, daß es
auf­hö­ren muß, dach­te er. Ich wer­de mich in Pa­ris von ihr tren­nen, be­vor es zu
spät ist.
    Er über­leg­te, ob er an ei­nem an­de­ren Tisch wei­ter­spie­len
soll­te. Aber er hat­te plötz­lich kei­ne Lust mehr. Man soll­te nicht et­was im
Klei­nen tun, was man ein­mal im Großen ge­tan hat­te. Er sah sich um. Jo­an war
nicht zu se­hen. Er ging in die Bar und trank einen Ko­gnak. Dann ging er zum
Park­platz, um den Wa­gen zu ho­len und ei­ne Stun­de her­um­zu­fah­ren.
    Als er den Wa­gen an­ließ, sah er Jo­an kom­men. Er stieg
aus. Sie kam rasch her­an. »Woll­test du oh­ne mich nach Hau­se fah­ren?« frag­te
sie.
    »Ich woll­te ei­ne Stun­de durch die Ber­ge fah­ren und
zu­rück­kom­men.«
    »Du lügst! Du woll­test nicht wie­der­kom­men! Du woll­test
mich hier­las­sen mit die­sen Idio­ten!«
    »Jo­an«, sag­te Ra­vic. »Du wirst gleich be­haup­ten, daß ich
schuld bin, daß du mit die­sen Idio­ten zu­sam­men bist.«
    »Das bist du auch! Ich bin doch nur aus Är­ger ins Boot ge­gan­gen.
Wes­halb warst du nicht im Ho­tel, als ich zu­rück­kam?«
    »Du warst doch mit dei­nen Idio­ten zum Es­sen ver­ab­re­det.«
Sie stutz­te ei­ne Se­kun­de. »Das ha­be ich nur ge­tan, weil du nicht da warst, als
ich zu­rück­kam.«
    »Gut, Jo­an«, sag­te Ra­vic. »Wir wol­len nicht wei­ter
dar­über re­den. Hast du Spaß ge­habt?«
    »Nein.«
    Sie stand vor ihm, at­mend, er­regt, hef­tig, im blau­en
Dun­kel der wei­chen Nacht; der Mond war in ih­rem Haar, und ih­re Lip­pen wa­ren so
dun­kel­rot in dem blei­chen, küh­nen Ge­sicht, als wä­ren sie fast schwarz. Es war
Fe­bru­ar 1939, und in Pa­ris wür­de das Un­ab­wend­ba­re be­gin­nen, lang­sam, krie­chend,
mit all den klei­nen Lü­gen und De­mü­ti­gun­gen und Zwi­s­ten; er woll­te sie
ver­las­sen, be­vor es kam, und noch wa­ren sie hier, und es wa­ren nicht mehr vie­le
Ta­ge.
    »Wo willst du hin­fah­ren?« frag­te sie.
    »Nir­gend­wo­hin. Nur so her­um.«
    »Ich

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