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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arc de Triomphe
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hin­un­ter, und auf ih­ren schö­nen
Schul­tern lag der gan­ze Him­mel. Es schi­en, als trü­ge sie ihn. Sie hat­te ih­re Ent­schul­di­gung.
Sie wür­de in dem wei­ßen Boot sit­zen, ihr Haar wür­de in dem Wind flie­gen, und
ich bin ein Idi­ot, daß ich nicht mit­fah­re, dach­te Ra­vic. Aber ich tau­ge noch
nicht für die­se Rol­le. Auch das ein tö­rich­ter Hoch­mut aus ver­ges­se­nen Zei­ten,
ei­ne Don Qui­chot­te­rie; doch was bleibt uns, als das? Blü­hen­de Fei­gen­bäu­me in
den Mond­näch­ten, die Phi­lo­so­phie Se­ne­cas’ und So­kra­tes’, ein Vio­lin­kon­zert
Schu­manns und das frü­he­re Wis­sen als an­de­re um den Ver­lust.
    Er hör­te die Stim­me Jo­ans von un­ten. Dann hör­te er das
dump­fe Don­nern des Mo­tors. Er rich­te­te sich auf. Sie wür­de im Heck sit­zen.
Ir­gend­wo drau­ßen im Meer lag ei­ne In­sel mit ei­nem Klos­ter. Manch­mal kräh­ten
Häh­ne von dort her­über. – Wie rot die Son­ne durch die Au­gen­li­der schi­en! Die
sanf­ten Wie­sen der Kind­heit, rot von den Blu­men er­war­tungs­vol­len Blu­tes. Das
al­te Wie­gen­lied des Mee­res. Die Glo­cken von Vi­ne­ta. Das zau­ber­haf­te Glück des
Nicht­den­kens.
    Er schlief rasch ein.
    Nach­mit­tags hol­te er den Wa­gen aus der Ga­ra­ge. Es war ein
Tal­bot, den Mo­ro­sow in Pa­ris für ihn ge­mie­tet hat­te. Er war mit Jo­an dar­in
ge­kom­men.
    Ra­vic fuhr die Küs­te
ent­lang. Der Tag war sehr klar und fast über­hell. Er fuhr die mitt­le­re Cor­ni­che
nach Niz­za und Mon­te Car­lo und dann nach Ville-Fran­che. Er lieb­te den al­ten,
klei­nen Ha­fen und saß ei­ne Zeit­lang vor ei­nem der Bistros am Kai. Er
schlen­der­te durch die An­la­gen vor dem Ca­si­no in Mon­te Car­lo und über den
Selbst­mör­der­fried­hof hoch über dem Meer; er such­te ein Grab und stand lan­ge
da­vor und lä­chel­te. Er fuhr durch die en­gen Stra­ßen des al­ten Niz­za und über
die Plät­ze mit den Mo­nu­men­ten in der neu­en Stadt; dann fuhr er zu­rück nach
Can­nes und über Can­nes hin­aus bis da­hin, wo die Fel­sen rot wur­den und die
Fi­scherdör­fer bib­li­sche Na­men be­ka­men.
    Er ver­gaß Jo­an. Er ver­gaß sich selbst. Er öff­ne­te sich
ein­fach dem kla­ren Tag, die­sem Drei­klang aus Son­ne, Meer und Land, der ei­ne
Küs­te blü­hen mach­te, wäh­rend die Berg­we­ge dar­über noch voll Schnee la­gen. Über
Frank­reich hing der Re­gen, über Eu­ro­pa braus­te der Sturm – aber die­se schma­le
Küs­te schi­en von all dem nichts zu wis­sen. Sie schi­en ver­ges­sen zu sein; das
Le­ben hat­te noch einen an­de­ren Puls hier; und wäh­rend das Land hin­ter ihr schon
grau vom Ne­bel der Not, der Vor­ah­nung und der Ge­fahr, schi­en hier die Son­ne,
und sie war hei­ter, und in ih­rem Leuch­ten sam­mel­te sich der letz­te Schaum ei­ner
ster­ben­den Welt.
    Ein biß­chen Mot­ten- und Mück­en­tanz um das letz­te Licht –
be­lang­los wie je­der Mück­en­tanz; tö­richt wie die leich­te Mu­sik von den Cafés her
– ei­ne über­flüs­sig ge­wor­de­ne Welt, wie Schmet­ter­lin­ge im Ok­to­ber, den Frost
schon in den klei­nen Som­mer­her­zen, so tanz­te, schwätz­te, flir­te­te, lieb­te,
be­trog und gau­kel­te das noch ein we­nig, be­vor die Sen­sen und die großen Win­de
ka­men.
    Ra­vic wen­de­te den Wa­gen in St. Ra­pha­el. Der klei­ne,
vier­e­cki­ge Ha­fen war voll von Se­geln und Mo­tor­boo­ten. Die Cafés am Kai hat­ten
bun­te Son­nen­schir­me her­aus­ge­stellt. Braun­ge­brann­te Frau­en hock­ten an den
Ti­schen. Wie man das wie­der kann­te, dach­te Ra­vic. Das leich­te zärt­li­che Bild
des Le­bens. Die hei­te­re Ver­su­chung, das Los­las­sen, das Spiel – wie man das
wie­der kann­te, moch­te es auch noch so lan­ge her sein. Man hat­te es auch ein­mal
ge­lebt, das Fal­ter­da­sein, und ge­glaubt, es sei ge­nug. Der Wa­gen schoß aus der
Keh­re her­aus über die Stra­ße, in den glü­hen­den Son­nen­un­ter­gang hin­ein.
    Er kam zum Ho­tel und fand ei­ne Nach­richt von Jo­an. Sie
hat­te an­ge­ru­fen und hin­ter­las­sen, sie käme nicht zum Es­sen zu­rück. Er ging zum
Eden Roc hin­un­ter. Es wa­ren we­ni­ge Leu­te zum Di­ner da. Die meis­ten wa­ren in
Ju­an les Pins und Can­nes. Er setz­te sich

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